8. März 2010

Burma, Delfine und andere Irrtümer nach der Oscarverleihung

Heute lesen Sie meine „Sunday Morning Coming Down“ Kolumne ausnahmsweise am Montag. Ich will ja schließlich auch meinen Senf zu den Oscars dazugeben (sowie gefühlte 500 Millionen andere Blogger).
Nun, die erste Überraschung findet nur in Österreich statt. Obwohl von den heimischen Medien bereits als fix angenommen, wurde der Film „Das weiße Band“ nicht mit dem Auslandsoscar ausgezeichnet. Der Preis ging nach Argentinien. Ja, wie das denn? Machen Sie in diesem unbedeutenden Zwergenstaat in Südamerika überhaupt Filme? Daher mein Rat an die Academy: Bitte in Zukunft Rücksprache mit den österreichischen Meinungsmachern halten, damit so ein Fehler nicht mehr passieren kann. Selbst im Morgenjournal auf Ö1 wurde von einer großen Enttäuschung gesprochen da „nur“ Christoph Waltz“ den Oscar für die beste Nebenrolle abbekam. Schmach und Schande. Was jedoch in Österreich noch nicht so recht gelandet ist, sind die Fakten. „Das weiße Band“ ging als deutscher Beitrag ins Rennen und der Umstand dass Haneke in Wiener Neustadt zur Schule ging, verblasst unter der Tatsache, dass der gute Mann bereits seit 20 Jahren im Ausland seine Filme macht weil er in der Heimat keine Arbeit findet.
Nach dem Ausrutschen unserer Skihelden müssen wir auch noch diese Schmach ertragen.
Ansonsten, keine großen Überraschungen. Jeff Bridges und Sandra Bullock wurden als Hauptdarsteller geehrt. Bei Bridges zu recht, bei Bullock ein Zugeständnis an ihre Karriere und ihre Rolle in der wahren „American Dream“ Geschichte des Football Helden Michael Oher. Filme wie „The Blind Side“ braucht wahrscheinlich die von der Rezession gebeutelte USA. Geht in Ordnung.
Das gilt auch für den Regie Oscar an Kathryn Bigelow. Vor einem Jahr hatte keiner mehr die Dame auf der Rechnung. Ihr einziger Hit „Gefährliche Brandung“ lag weit zurück (1991) und ihr Irakdrama „The Hurt Locker“ war noch ohne Kinoverleih in den USA und wurde nur auf einigen internationalen Festivals gezeigt. Der Film floppte auch im Spätsommer an den Kassen. Der Grund dafür war der halbherzige Vertrieb und ein nicht vorhandenes Marketing. Inzwischen entwickelte sich der Streifen zum Kritikerliebling, gewann Preise und räumte überraschenderweise sechs Oscars ab. Der Preis für den besten Film ist trotzdem nicht nachvollziehbar und gebührt eigentlich AVATAR. Diese Auszeichnung kann nur im Lichte des für Amerika inzwischen sehr unangenehmen Irakkriegs gesehen werden. Der Film bezieht keine Stellung, hat keine Heldenfiguren, sondern erzählt nur auf sehr realistische Weise die Geschichte eines Bombenentschärfungs-Teams im Irak. Der Job ist nicht angenehm aber jemand muss ihn tun. So wie die US Armee im Irak festsitzt und nicht mehr weiß wie sie da noch halbwegs als „Sieger“ mit einem blauen Auge rauskommen soll. Der Film und dessen jetzige Auszeichnung zeigt wie schwer sich die USA mittlerweile mit diesem Krieg tut. Bigelow widmete den Preis auch den „Männern in Uniform“ welche für uns ihr Leben riskieren. Helden sehen anders aus und im Irak gibt es die schon lange nicht mehr.
„The Hurt Locker“ als besten Film des Jahres auszuzeichnen wird der Academy noch lange nachhängen, da der Streifen dafür doch zu dünn ist und letztlich auch zu wenig zu sagen hat. Da ist sogar AVATAR, dem man zu Recht ein schwaches Drehbuch vorwirft, letztlich aussagekräftiger.
Daß die Oscars sehr politisch sind, zeigte auch die Auszeichnung für den besten Dokumentarfilm. Nachdem Al Gore für seine Märchenstunde „eine unbequeme Wahrheit“ schon Oscar und Friedensnobelpreis mit nach Hause genommen hat wird ein weiterer Tierfilm von der Mafia der politisch Korrekten gekürt. „The Cove“ dokumentiert das bestialische Abschlachten von Delfinen in Japan. Zugegeben erschütternd und tragisch. Aber warum wurde der hervorragende Dokumentarfilm „Burma VJ“ übergangen. Die Aufnahmen über das Wüten des Regimes in Burma wurden unter Lebensgefahr gedreht. Auch die berührende Doku „Which Way Home“ über mexikanische Kinder und Jugendliche, welche jahrelang verzweifelt auf der Suche nach ihren Eltern sind wurde von der Academy ignoriert. Wenn es um Tiere geht haben unterdrückte und geknechtete Menschen keine Chance. Verdrehte Werte in einer verwirrten Welt, welche auch bei der Oscarverleihung zum Ausdruck kamen. So politisch die Acadamy agiert, so fragwürdig entwickelt sich die Bedeutung der Oscars als Filmpreis. So ist es völlig unverständlich das „The Lovely Bones“ von Peter Jackson – einer der besten Filme des letzten Jahres - nicht nominiert wurde. Auch Woody Allens letzter Film „Whatever works“ hätte zumindest eine Nominierung fürs beste Drehbuch verdient. So pendelte die Oscar Nacht ein weiteres Mal zwischen Opportunismus und einer Anbiederung an den Zeitgeist. Mit Filmkunst hat das nur mehr wenig zu tun.

Andi Bauer

3 Kommentare:

Goon hat gesagt…

Also, zum Thema der Dokumentarfilme moechte ich nur sagen dass die eigentlich Frage nicht "Was ist das wichtigste Thema" sein sollte, sondern "Welcher ist der beste Film".

Ich habe nur einen der nominierten Dokumentarfilme gesehen, aber die Waehler der Academy muessen nachweisen koennen alle Filme gesehen zu haben.

Welcher hat dir am besten gefallen?

Robin hat gesagt…

Ich hätte dem AVATAR auch mehr Oscars gegönnt, aber der kommerzielle Erfolg zeichnet den Film ohnehin aus.
Genial ist auch der Oscar-Gewinner in der Kategorie bester animierter Kurzfilm: Logorama. Gibts auf YouTube zu sehen.

ritarenata hat gesagt…

also den diesjährigen besten film will ich nicht sehen. krieg, uniforme, bomben. neee, danke.

aber alias lebowski will ich sehen, unbedingt.