9. August 2012

Alien - Lost in Confusion

good@wise Filmkritik

Prometheus  von Ridley Scott  ab 10.8. im Kino

Mit Alien (1979) hat Ridley Scott möglicherweise den besten Science-Fiction-Horror Streifen der bisherigen Filmgeschichte geschaffen. Das Spiel mit menschlichen Urängsten, ein innovatives und neuartiges Monster und eine erfrischende weibliche Heldin bildeten die Eckpfeiler für den Kultfilm. Auch hat die Geschichte Ecken und Kanten und der Film bietet eine großartige Bildsprache. Es ist nur verständlich das sein neuer Film Prometheus seitens der Marketingabteilung der Fox-Studios als Alien-Vorgeschichte plaziert wurde. Scott selbst agierte auf Anfrage ausweichend und mystisch. Keine Vorgeschichte, eventuell eine Parallelhandlung – alles ist möglich - der Zuseher soll selbst entscheiden. Eine Zurückhaltung welche möglicherweise in der Unsicherheit liegt, das der Film mit seinem großen Vorgänger verglichen wird - Zurecht.

Ridley Scott hat großartige Filme gedreht wie Gladiator, Black Hawk Down, Blade Runner und Alien. Er hat jedoch auch einige Stinker zu verantworten wie White Squall, Robin Hood, Königreich der Himmel und Die Akte Jane. Prometheus liegt ziemlich genau dazwischen. Ein gut gemachter Film der den Zuseher nicht wirklich zufriedenstellt.

Prometheus spielt im „Alien-Universum“, hat jedoch mit der Geschichte wenig zu tun. Die wenigen Querverweise zum Originalfilm sind wenig erhellend und letztlich unbefriedigend. Hier wäre ein interessanterer Ansatz für die Geschichte möglich gewesen. Wie, die Ursprünge der Alien-Rasse zu erforschen. Verschenkt.

Scott konzentriert sich auf philosophische Aspekte, geht mit seiner Geschichte auf Sinnsuche und verrennt sich dabei. Den Fragen nach dem  Sinn des Lebens und dem Ursprung der Menschheit werden nachgegangen.  Diese werden weder zufriedenstellend (wie auch) noch provokant (wäre zumindest ein Möglichkeit) beantwortet. Dazwischen irren Schauspieler wir Noomi Rapace, Idris Elba und Charlize Theron durch den Film, die scheinbar nicht ihren Platz finden und letztlich auch vom Drehbuch verraten werden. Einzig Michael Fassbender zeigt als Androide einige gute Momente. Die wenigen Horrorszenen  sind technisch gut umgesetzt, aber nicht innovativ und wirken in dem langatmigen und auch streckenweise langweiligen Film deplaziert. Alleine die ewig lange Untersuchung der „Höhlen“, strapaziert die Geduld des Zusehers.

Was Prometheus jedoch zu bieten hat, sind hervorragende Schauwerte. Die Bilder sind überwältigend, wie auch die Effekte. Der ehemalige Werbefilmer zeigt hier was er kann. Es reicht jedoch nicht wenn beeindruckende Bilder durch eine nichtssagende Geschichte zusammengehalten werden.

Nach den schönen Bildern bleibt dem Zuseher am Ende des Films das große Nichts – auch eine philosophische Aussage.

Andi Bauer

25. Juli 2012

Die Fledermaus lahmt

The Dark Knight Rises  von Christopher Nolan

Als die Beatles ihr letztes Album „Let it Be“ veröffentlichten war die Enttäuschung groß. Die Band war bereits zerbrochen und die Musiker in alle Winde verweht. Das Album - ein schwachen Schatten der Hochblüte - die mit „Rubber Soul“ begann und über „Revolver“ bis zum „White Album“ und „Abby Road“ führte. Enttäuschung ist immer die Folge falscher oder zu hoher Erwartungen. Letztlich hebt sie die eigene Täuschung auf.

So gesehen ist auch „The Dark Knight Rises“ eine Enttäuschung. Nach dem nahezu perfekten „Bat Begins“ von 2005 und dem fulminanten „The Dark Knight“ von 2008,  lagen die Erwartungen für das dritte Batman-Abenteuer von Regisseur Christopher Nolan in unnatürlich hohen Sphären. Nolan hat sich auch als der Regisseur für das neue Jahrtausend empfohlen, dem es wie keinem Anderen gelang, Arthouse-Kinostoffe für die breite Masse aufzubereiten. „Memento“, „Insomania“, „The Prestige“ und „Inception“ überzeugten Kritiker wie Kinofans. „The Dark Knight Rises“ sollte der Höhepunkt seines bisherigen Schaffens werden. Eine Comicverfilmung für Erwachsene mit psychologischer Tiefe der Figuren und dennoch genug Actionzucker fürs breite Volk.
Die Marketingkampagne tat ihr übriges. Sei einem Jahr tönt es aus allen Äthern:  „Die Legend Ends“. Bevor die Dreharbeiten abgeschlossen waren, wurde bereits Bane als Batmans finaler und übermächtiger Gegner für Medien und Fans in Stellung gebracht. Grausam, mit übermenschlichen Kräften und überdurchschnittlicher Intelligenz, der Batman in jeder Hinsicht überlegen ist, hieß es seitens der Marktschreier. Auf den Postern sah man Bane davonstapfen, hinter ihm eine zerbrochene Batmanmaske liegend. Fans befürchteten das Schlimmste, manche sogar den Heldentod Batmans. Kein Film wurde in diesem Jahr stärker gepusht und sehnsüchtiger erwartet.

Bane hat auch in den ersten Filmszenen - welche an einen James Bond Vorspann erinnern - ein sehr starken Start. Jedoch einen um so schwächeren Abgang. Seine Figur überzeugt weder als intelligenter Gegner, noch als Führer seiner Armee aus Freizeitterroristen. Zu oberflächig sind seine Motive, wie auch zu plump seine Aktionen. Auch die zweite neue Hauptfigur - „Catwoman“ - bleibt dem Zuseher eher fremd und scheint nicht so recht in die Geschichte zu passen. Selenas Motive sind rätselhaft, ihre Winkelzüge dennoch vorhersehbar. Nolan hätte gut daran getan, sich mehr auf diese neuen Hauptfiguren zu konzentrieren. Anstatt dessen führte der Regisseur weitere – oft überflüssige - Nebenfiguren ein. Damit verkompliziert und bremst er  die Geschichte. Neue Helden, neue Polizisten, neue böse Aktionäre der Waynestifung, neue skrupellose Finanzhaie und (wiedermal) korrupte Senatoren. Der Film beginnt spätestens im Mittelteil zu zerfasern. Der Zuseher verliert den Überblick über die Handlungsstärnge und kennt sich nicht mehr aus. Denn es gibt auch noch die Stammmannschaft wie den treuen Butler Alfred, Commissioner Gordon und Wanye-Fundation-Vostand Lucious Fox. Die brauchen auch ihren Platz in der Geschichte. Reichlich viel Gedränge an den vorderen Schauspielerrängen. In dem Chaos versucht Nolan noch zusätzlich mit Seitenhieben auf die Wirtschaftskrise und Anspielungen auf den „War of Terror“ gesellschaftspolitisch seinen Senf abzugeben. Hier hätte der zu lange und auch phasenweise zu langatmige Film ruhig eine Straffung vertragen können, mit Konzentration auf die Figuren und dem Verzicht auf so manche Nebenrolle. So ist Matthew Modine als Foley völlig überflüssig und der plötzlich wieder aufgetauchte Scarecrow als Richter nur ärgerlich.

Auf der Strecke bleibt Batman. Dieser muß sich im Film mindestens zweimal    „wieder selbst finden“, verliert dabei fast alles, gewinnt so manches und verkommt trotzdem mehr zu einem Nebendarsteller. Das Ende versöhnt zum Teil, läßt jedoch hoffen das Nolan seine Ankündigung wahr macht und keinen weiteren Batman-Film mehr dreht. Man mag es nicht glauben, aber offensichtlich hat der Regisseur bereits mit seinem zweiten Batman-Film, das meiste seines Pulvers verschossen. Vielleicht lag dieses mal zuviel Macht in den Händen des Wunderknaben. Hat er doch das Drehbuch gemeinsam mit seinem Bruder geschrieben und sonst auch alles selbst gemacht. „The Dark Knight Rises“ ist leider nur ein müder Schatten der ersten beiden – zweifellos immer noch großartigen - Streifen der nun vollendeten Trilogie.

Ähnlich wie Bruce Wayne, der am Anfang auch humpelnd am Stock geht, lahmt diese Fledermaus. Unterm Strich ist „The Dark Knight Rises“ ein durchwegs passabler Film, der seine guten Momente hat und auch unterhält. Nolan hat sein Handwerk nicht verlernt. Die Luftaufnahme von Gotham City als, die von Bane in der statt verteilten Bomben hochgehen, ist von beeindruckender und auch grausamer Schönheit. Ja, auch die "The Dark Knight Rises" hat seine großen Momente.
Nur, das ist zuwenig – nach dem was uns versprochen wurde.
So enden keine Legenden.  

Andi Bauer

29. April 2012

"WE HAVE A HULK"

 - und die beste Comicverfilmung seit es Kino gibt

good@wise Filmtipp:  MARVEL`S - THE AVENGERS

Die beste aller bisherigen Comic-Verfilmungen. Ein Satz den man wohlüberlegt und mit Bedacht niederschreiben sollte, wenn man einen aktuellen Kinofilm rezensiert. Bei den „Avengers“ fließt dieser Satz genüßlich und ohne einen Hauch von Zweifeln aus meinen Fingern. Ein Film der mich flehen läßt, daß die Produzenten keinen zweiten Teil machen – da dieser nur scheitern kann. Freilich, ein naives und sinnloses Flehen. Scheibtruhen voller Geld werden die Disney-Studios davon karren und somit ist eine Fortsetzung die unvermeidlich. Die „Avengers“ werden auf der ganzen Welt Millionen Filmfans in die Kinos locken und diese werden den Film mehrmals schauen. Zweifellos haben wir es schon jetzt mit dem Hit des Jahres zu tun.

Seit 12 Jahren schon, gestalten renommierte Regisseure wie Bryan Singer, Sam Raimi und Christopher Nolan das einst belächelte Genre der Comicverfilmungen um. Charakterliche Tiefe der Figuren, qualitative Unterhaltung und Ernsthaftigkeit gepaart mit klugem Humor bereichert seitdem das Genre ungemein. Die Filme wurden erwachsener und dennoch nicht minder unterhaltsam. Die „Avengers“ kulminieren diese Entwicklung und bringen den Comic-Film zu einem ungeahnten Höhepunkt. Anspruchsvolle Unterhaltung, beeindruckende 3D -  und Special-Effekte die nie zum Selbstzweck gereichen, greifbare kantige Figuren und ein furioser Spannungsbogen. Dazu Actionszenen in unglaublichen Dimensionen. So hoch die Erwartungen in den Film waren sie wurden nicht nur übertroffen sondern pulverisiert. Man fühlt sich klein und unwürdig, den Film im Vorfeld mit Zweifeln bedacht zu haben.

Der talentierte Josh Whedon schrieb das Drehbuch und führte Regie. Ein kleines Wunder daß Disney ihm dieses Mega-Projekt anvertraute. Whedon kreierte vor 10 Jahren fürs Fernsehen die hervorragende Science-Fiction Serie „Firefly“, welcher niemand sehen wollte. Auch sein Kinofilm „Serenity“ floppte 2005 kläglich. Sieben Jahre später vereint der Mann die  Superhelden des „Marvel-Universums“ und läßt diese am Anfang so richtig blöd aussehen. Turmhohe Egos prallen aneinander, sinnlose Kämpfe unter den Helden zermürben den Zuseher und die Geschichte entwickelt sich scheinbar zäh und schwerfällig. Fliegende Flugzeugträger erinnern unangenehm an Zerstörungsorgien wie „Transformers“ und auch die Ausleuchtung der einzelnen Charaktere und deren Schwächen wirkt bremsend und sogar verwirrend.

Ein Trick.

Niemand ahnt, daß der Regisseur mit der ersten Hälfte des Filmes seinen Bogen ganz langsam spannt um ein überwältigendes Finale auf den Zuseher abzufeuern. Genau an der Stelle, als der Film scheinbar an Fahrt verliert und die Geschichte in zu viele Nebenschauplätze zu zerfasern droht, nimmt Whedon alle Fäden auf und führt seine Helden in ein furioses Actionfinale welches – und soviel sei hier verraten – in dieser Wucht, Dynamik und Präzision noch nie im Kino zu sehen war. Es ist pure Magie wie sprühender Wortwitz, trockener Humor, atemberaubende Action und Spannung mühelos ineinanderfließen und der Zuseher von einer Überraschung in  die nächste geschleudert wird. Und zu sehen wie Hulk einen Gott vermöbelt ist auch kein alltägliches Spektakel, um nur eine von den vielen witzigen und erstaunlichen Szenen zu erwähnen, welche in die Popkultur einziehen werden.

Wobei nichts an den „Avengers“ alltäglich ist. Die Geschichte des Kinos wurde wieder mal neu geschrieben.

Andi Bauer


11. Dezember 2011

Let it Be - das Ende von „Wetten Dass“

Sunday Morning Coming Down - die Kolumne am Sonntag

Das war’s mit der größten Samstagabend-Show im deutschen Sprachraum. Die ZDF-Macher werden keinen Nachfolger für Thomas Gottschalk finden – und das ist gut so.

Die Kandidaten, die es könnten, sind klug „Nein“ zu sagen. Und diejenigen die sich aufdrängen, sind nicht gut genug die Sendung weiterzuführen. Das sich aus Österreich die üblichen Verdächtigen – Alfons Haider, Peter Rapp, Christian Clerici – für die Moderation anbiedern ist auch nichts Neues aus dem Land der Zwerge und der gehört zur Folklore. Mit der heimischen Melange aus Minderwertigkeitskomplexen, Weinerlichkeit und Größenwahn empfehlen sich unsere Hobbymoderatoren via Hauspostille „TV-Media“ für die vakante Aufgabe. „Wenn man mich fragen würde, dann könnte ich schon, aber die fragen wahrscheinlich nicht“ tönt es seitens des lieben Alfons schon fast verzweifelt. Wenn die Tage länger werden, werfen selbst Zwerge einen großen Schatten. Denn Deutschen wird es wurscht sein und es ich auch nicht anzunehmen daß die ZDF Macher unser Provinzielles TV-Blättchen studieren.

„Wetten Dass“ wird auslaufen und Gottschalk hat zum richtigen Zeitpunk seinen Rücktritt eingeleitet. So zynisch das jetzt klingen mag. Der tragische Unfall war für Gottschalk die perfekte Gelegenheit sein „Wetten Dass“ - Korsett abzulegen. Seit Jahren kämpft der Mann gegen sinkende Quoten und wirkte zunehmender lustlos und launisch. Oft schlecht vorbereitet quasselte er die Gäste in Grund und Boden, mit denselben oberflächigen Fragen an die immer wieder kehrenden gleichen Promis. Nach jeder Sendung mußte sich der Moderator dann auch den immer gleichen Journalistenfragen stellen. „Sie hatten gestern 500.000 Zuseher weniger als letztes Mal – welche Konsequenzen ziehen Sie“. Gottschalk wurde – was derzeit vergessen scheint – in den letzten Jahren laufend von der Kritik gebeutelt und die Sendung als überholt tituliert.

Und jetzt – nach dem Unfall – wird der eitle Geck von allen Seiten hofiert und angebettelt doch noch zu bleiben. Einen besseren Zeitpunkt für einen glänzenden Abgang gab es für Gottschalk nie. Das weiß dieser auch hat die Gelegenheit genützt. Das Gottschalk schon seit über 10 Jahren als Moderator unmöglich ist, gerät somit in Vergessenheit. Gleich eines siegreichen römischen Feldherrn kriegte der Mann einen letzten Triumphzug durch die deutschsprachigen Wohnzimmer.

Vergessen sind auch die vielen Momente des Fremdschämens, die der Moderator den Zusehern bescherte. Sei es das Gottschalk seinen männlichen Gästen keinen guten Witz gönnte und den weiblichen ungeniert in den Ausschnitt kroch. Gottschalk hat seine Sendung schon lange nicht mehr ernst genommen. Der Wahl-Kalifornier jettete unwillig alle paar Monate nach Deutschland, absolvierte die Sendung gleich einem lästigen Veteranentreffen und tauchte wieder unter. Die schlampige Vorbereitung des überbezahlten Moderators ist Legende. Filmtitel wurden falsch ausgesprochen, Zitate verwechselt, Gäste durch Ignoranz und Unwissenheit beleidigt. Oft kannte Gottschalk nicht mal die aktuellen CDs seiner Gäste. Peinlich für den ZDF und die teuren Auftritte der Superstars. Diese waren oft sichtlich irritiert waren - über den häufig neben sich stehenden Moderator.

Die Sendung selbst hat sich erstaunlicherweise lange gehalten. Die Zeiten der gemeinsamen Samstagabend Familienshow ist lange vorbei. Heute sitzen die Kids vor dem Kasten um sich über die Kandidaten bei diversen Castingshows lustig zu machen. Die Eltern hocken daneben und regen sich über Dieter Bohlens Arroganz und die heutige Jugend - im Allgemeinen - auf.

Dabei wird gechattet, gesimst und gegoogelt. Jeder weiß alles und trotzdem bleibt nichts. „Wetten Dass“ hat keine Chance in einer Zeit wo die Sensation von morgen heute schon alt wirkt. Es war eine schöne Zeit, es gab tolle Wetten und die Sendung hat ihren Platz in der TV-Geschichte. Ein Besserer und vor allem ein würdevollerer Grund aufzuhören, kommt nicht mehr. Laßt es gut sein.

Andi Bauer

20. November 2011

Schmarotzer und Könige - Das Vermächtnis von Queen

Sunday Morning Coming Down - die Kolumne am Sonntag

2011 hat zwei wichtige Jahrestage betreffend der Rockband Queen. Vor 40 Jahren gründeten Freddie Mercury, Brian May, John Deacon und Roger Taylor die Rockband QUEEN. Vor vor 20 Jahren – am 24.11.2001 – verstarb Sänger Freddie Mercury. Die Feiern, welche seit seinem Tod von seiner Plattenfirma EMI inoffiziell ausgerufen wurden, werden auch heuer kein Ende finden. Die Platten der Band verkaufen sich seit 20 Jahren immer noch wie "geschnitten Brot". Keine Sorge. Es wird an dieser Stelle nicht wieder darüber lamentiert, wie viel Geld die Musikindustrie macht - mit der Ausbeutung der toten Stars. Die Schande welche das Erbe von QUEEN umgibt, ist viel größer und trägt zwei Namen: Brian May oder Roger Taylor. Der Gitarrist und Schlagzeuger des einstigen Schlachtschiffes kennen keinen Genierer, wenn es um die Verwertung von Material geht, welches zu Lebzeiten von Merury aus guten Grund nicht das Licht der Welt erblickte. Jeder noch so unhörbare Soundfetzen wurde in den letzten 20 Jahren aus den Archiven gehoben und in irgendeiner Form veröffentlicht. Nahezu jedes wurde irgendeine „Neue“ Best-of, Greatest Hits, Singles, Live oder Raritäten – CD veröffentlicht. Dazwischen nahmen die Zwei Leichenfledderer das furchtbar, peinliche Album "The Cosmos Rocks" unter dem Namen QUEEN auf und tourten mit Paul Rodgers um die Welt. Ein Resteverwertung wie Sie keine Obdachlosenküche der Welt wagen würde.

Dazu kamen die Medien, TV-Shows und der übliche Jahrmarkt um die Band. C-Promis outeten sich via Medien als Fans, ohne in der Lage zu sein drei Lieder der Band zu nennen. Jeder war plötzlich QUEEN-Fan und hievte die Band in den Olymp gleich zwischen Beatles und Led Zeppelin. Schmarotzer die vom Ruhm anderer zehren. Das hat QUEEN und vor allem Freddie nicht verdient. Einzig Bassist John Deacon ist abgetaucht und ignoriert schweigend das unwürdige Schauspiel.

Es ist Faktum, daß QUEEN nie diese großartige Band war, wie es heute dargestellt wird. QUEEN war eine gute Rockband mit Hang zu Pomp und Größenwahn. Es gab einige grandiose Songs, viele tolle Singles und mindestens genauso viele peinliche Titel. Einige Alben waren durchwegs passabel. Andere – besonders die in den 80er Jahren – schrecklich und unhörbar. Wer hört sich den heute noch den „Flash Gordon - Soundtrack“ oder „Hot Space“ an? Auch Lieder wie „I want it All“ oder „Radio Gaga“ eignen sich eher fürs Fremdschämen als für den Trophäenschrank der Rockklassiker. Raritäten kann es keine geben, da die Band die Alben auch mit den schwächeren Titeln vollstopfte – da blieb halt nix im Archiv. Dies ist auch der Grund, warum die Alben von QUEEN nie konstant stark waren – es gab zuviel schwaches Füllmaterial. Als einsame Ausnahme glänzt immer noch „Night of the Opera“. Der kreative Zenit der Band. Ein Platte die auch der Nicht-Fan vom Anfang bis zum Ende durchhören kann.

Der Rest der Welt schimpft sich Fan, verzichtet auf die Alben und hört die Greatest-Hits CDs. Das ist alles drauf, was man so vom Radio kennt. Freddie Mercury bezeichnete in einem seiner letzten Interviews die Lieder seiner Band als Papiertaschentücher, welche man nach einmaligem Gebrauch wegwirft. Und daß von dem Mann der den Jahrhundertsong „Bohemian Rhapsody“ geschrieben hat. Dennoch hatte Freddie die richtige Einschätzung über die Band, die er liebte und für die er lebte. QUEEN waren nie so wichtig und gut wie die heutigen Medienmacher uns einreden wollen. Dennoch, Mercury nahm seinen Job todernst und gab sein Bestes und dessen ungeachtet nahm er die Band und das Werk nicht allzu ernst.

Diese erfrischende Ehrlichkeit des verstorbenen Frontmanns, macht ihn sympathisch und hilft auch ein erfreuliches und realistisches Bild von dieser tollen Band zu bewahren. Freddie wußte, daß seine Zirkustruppe zwar in der Lage ist die Fans zu unterhalten, Musikgeschichte jedoch von anderen geschrieben wird. "So what" – es kümmerte Ihn nicht. Mercury ging trotzdem bis zum Ende mit unglaublichem Elan an die Sache und schrieb – den nahen Tode vor Augen – eines seiner besten Stücke. „The Show must go On“. Das Freddie damit seine Maxime - das Leben mit Freude zu leben - meinte und nicht das peinliche weiterwursteln seiner Kollegen – dessen bin ich mir sicher.

Die letzte Tournee (1986) von QUEEN ist hervorragend dokumentiert mit der DVD „Live in Wembley“. Zu den Zugaben betritt Freddie die Bühne. Adidas-Schuhe, Jogginghose und nackter Oberkörper. Dazu trägt er eine Hermelinrobe mit einer Königskrone und schmettert wie ein machttrunkener Kaiser „We are the Champions“ in die jubelnde Menge. Wer traut sich das heute noch. Eben – nur ER durfte das und konnte das. Und damit sollten wir es auch belassen. „Long lives the Queen“

Andi Bauer

The Hate & Coldplay

Es ist leicht Coldplay zu hassen.
• Die Band ist megaerfolgreich (Über 50 Millionen verkaufter CDs in den letzten 10 Jahren)

• Die Musik ist Pop mit einen latenten Hang zum Süßlichen

• Das Zeug läuft ständig irgendwo im Radio

• Die Band ist nett

• Die Mehrheit der Fans sind Mädchen

• Der attraktive Sänger Chris Martin hat eine Hollywood-Schönheit zur Frau, eine (angeblich) glückliche Familie, praktiziert Yoga und ißt Joghurt statt Fleisch.

Noch leichter diese Band zu hassen fällt nur noch Musikjournalisten - meist frustrierte Möchtegernmusiker mit Bäuchlein und Halbglatze. Diese suchen nur nach Innovation und vergleichen besserwisserisch neue Werke mit „Ihren“ alten Helden. Keine Chance für Coldplay gute Kritiken zu ernten. Was lächerlich ist. Es muß auch noch Platz zwischen den Genies von Radiohead und Wilco geben, deren Platten uneingeschränkt von den Kritikern in den Himmel gelobt werden.

Zugegeben, auch mein Fitneß-Programm hat noch nicht voll gegriffen und meine Frisur entwickelt sich zunehmend zu einem breiten Mittelscheitel – aber Coldplay hasse ich deshalb nicht.

Diese Kerle rackern sich ab, schreiben wunderschöne Lieder und schrauben seit Jahren mit Fleiß und Eifer an der perfekten Popplatte – die Ihnen auch noch gelingen wird. Der Erfolg kam auch nicht über Nacht, wie fälschlicherweise behauptet wird. Das Debütalbum vom Jahre 2000 verkaufte inzwischen 8 Millionen Einheiten. Den Großteil davon jedoch erst Jahre nach dem Erscheinen. Mit dem zweiten Album „a rush…“ (2002) war die Band zwar in England eine große Nummer, im Rest Welt jedoch noch eine Unbekannte. In Österreich verschlief die Plattenfirma damals sogar die CD und kam mit den Nachlieferungen gar nicht nach. Die Band machte die Ochsentour und spielte unzählige Konzerte in den USA. Dies führte zum Durchbruch mit dem dritten Album „X & Y“(2005), welches auf Nummer 1 in den Staaten schoß. Der Nachfolger „Viva la Vida“ (2008), glänzte durch mutige Arrangement und eine innovative Produktion welche nicht auf die sichere Seite der Radiocharts blickte. Die Streicherarrangements fungierten nicht als Wattebausch im Hintergrund, sondern schossen quer und zerfledderten die Melodien. Auch andere Sound Spielereien wagten viel und gewannen den Liedern der Briten neue spannende Seiten ab. Viel zu verdanken hatte die Band dem Sound-Wizzard Brian Eno, der als Produzent agierte und vieles auf den Kopf stellte. Beim aktuellen Album „Mylo Xyloto“ agierte Eno nur als Berater. „Mylo“ enttäuscht daher ein bißchen, jedoch auf hohen Niveau. Angesichts dem abenteuerlichen „Viva la Vida“ hätte sich der Hörer ein weiterspinnen dieses Kurses gewünscht. „Mylo“ beschert den Fans und Hörern immer noch großartige und anspruchsvolle Popmusik mit Mitsingfaktor und Wohlfühlgarantie. „Hurts like heaven“ ist unschlagbar, „Ever tear is a waterfall“ beschwört die Beatles und läßt das aktuelle Schaffen von Sir Paul McCartney blaß aussehen und „Don`t let it break your heart“ ist eine großartige hymnische Nummer - U2 ohne Bono. „Mylo Yyolo“ ist eines der besten Pop-Alben des Jahres, das viertbeste Album von Coldplay und ein weiterer Schritt der vier Briten, ihren Status als große Band dieses neuen Jahrhunderts zu zementieren.

Andi Bauer

6. November 2011

Sunday morning coming down - Warum darf Pink Floyd (und der Progrock) nicht sterben

Unter dem Slogan „Why Pink Floyd“ hat der britische Plattenriese EMI die alten Platten der überbewerteten Langweiler Pink Floyd entstaubt, klangtechnisch aufgebrezzelt und (wiedermal) auf den Markt geworfen. Soviel Wirtschaftskrise kann es offensichtlich gar nicht geben, um Musikhörer davon abzuhalten unnötigen alten Schmus zu kaufen. Das „Why“ seitens der Plattenfirma läßt sich auch leicht beantworten. EMI steht kurz vor dem Verkauf. Da macht sich die Braut noch mal hübsch und zeigt was Sie zu bieten hat.
Der komplette Pink Floyd Katalog liegt bei der EMI und verkauft sich seit Jahren brav und regelmäßig. Warum eigentlich? - fragt sich der Skeptiker? Seit Jahrzehnten wurde eine Legende gebildet und aufgebaut, die den Menschen einredet, das Pink Floyd zum guten Ton gehören und man deren Platten haben muß. Man muß den Quark ja nicht anhören, es reicht wenn die Dinger prominent im Regal stehen  – sollte sich überraschender Besuch ankündigen. Man will ja mitreden und als Musikkenner mit erlesenem Geschmack dazugehören.

Wenn man die aufgeblasene Legende aber ignoriert und sich nur mit dem Substanz des Produktes beschäftigt entpuppt sich die verbleibende Suppe als erschreckend dünn. Da hätten wir mal den großartigen Erstling bei dem Syd Barrett noch am Ruder saß. Dieser balancierte die Musik gekonnt zwischen Rock, Pop, Psychedelic und Wahnsinn. Dazu gab es brillante Singles wie „See Emily play“ & „Arnold Lanyne“. Das durchwachsene zweite Album zeigte erste Schwächen. Zunehmend klinkte sich Barrett von der hiesigen Realität aus und wechselte in andere Sphären. Beim dritten Album übernahm bereits der Egomane Roger Waters das Zepter und die Ergebnisse wurden mit jedem Album mediokerer. Das Live-Album „Ummagumma“ hatte noch Spannendes zu bieten, „Meddle“ mit dem Titeltrack und „One of this days“ noch Songideen – dann wurde es dunkel. Es kam das perfekt produzierte „Darkside on the Moon“ mit den Monsterhits - das bis heute jeder haben muß, jedoch nur circa jeder zehnte Käufer mehr als einmal hört. Natürlich ist „The great Gig in the Sky“ ein Klangerlebnis aber allein das tumbe „Money“ als antikapitalistische Kritik ist peinlich und „Time“ ist immer noch überwertet - wie das gesamte Album. „Dark Side“ stellte den Sound über den Song. Ein lautes Kunstwerk, das nichts zu sagen hat. Das Nachfolgewerk „Wish you where Here“ bringt den Titelsong als rührenden Lagerfeuerhit und birgt den besten Moment der Band nach Barretts Abgang. „Shine on your crazy Diamond“ ist ganz großes Kino, mit einem zutiefst rührenden Text über den verlorenen Freund. Das war’s dann. „Animal“ hatte nix zu bieten außer ein fliegendes Schwein als Werbegag und das Doppel-Album „The Wall“ ist immer noch ein peinlicher Witz, der viel zu lange dauert. Der einzig große Song – „Comfortably Numb“ – ist ganz am Ende versteckt und kann den verfahrenen Karren nicht mehr aus dem Morast ziehen. Dann zerbröselte die Gruppe. Band-Diktator Roger Waters machte mit Mietmusikern weiter und sang gegen Diktatoren und Krieg an, während er jahrelang gegen den Rest der Band Krieg führte und prozessierte. Scheinbar sah niemand die Ironie und die Scheinheiligkeit in der Geschichte. Derweil wurden die Band und das Werk gefeiert und die Legende konsequent geschmiedet. Erzfeind David Gilmour machte mit Schlagzeuger Nick Mason und Keyboarder Richard Wright unter dem Namen „Pink Floyd“ weiter. Die Rumpfband veröffentliche 1997 und 1994 zwei fürchterliche Alben und spielte in nahezu in jedem Stadium der Welt vor Millionen gläubigen Jünger die alten Hits mit Laser-Klimbim.

Und Heute? Richard Wright ist tot, Nick Mason gibt Interviews und David Gilmour macht Soloplatten und will von Pink Floyd nichts mehr wissen. Einzig Roger Waters ist immer noch beleidigt, wettert gegen den Kapitalismus und zieht mit seiner „Wall Show“ um den Globus. Dort treffen sich 60jährige Bänker, Ex-Hippies und Fondmanager in den Fußballstadien und grölen gemeinsam „We dont need no education“. Auch eine Botschaft.

Andi Bauer