30. April 2009

Gesinnungsterror beim Lifeball

Niki Lauda ist wieder mal Schuld. Letztes Jahr hat er es gewagt den Lifeball zu kritisierten. Er fände es seltsam und heuchlerisch wenn einerseits lautstark gegen Aids getrommelt und gesammelt wird und anderseits beim Ball aufreizende Sexualität zur Schau gestellt wird und sich die Gäste dann ungeschützt im Wiener Rathauspark vergnügen. Mehr hat`s nicht gebraucht. How dare You. Wie kann er es wagen. Lauda`s Sager wird medial bereits als „patschert“ hingestellt. Warum eigentlich? Auch diese Meinung ist zu respektieren.

Es ist schon erstaunlich dass niemand bisher einen Zusammenhang zwischen ausschweifender Sexualität und der Ausbreitung von Aids erkannt hat. Da muss ein ehemaliger Formel-1 Weltmeister darauf hinweisen. Oder weiß es vielleicht eh jeder und traut sich niemand was zu sagen? Der Lifeball scheint ja sakrosankt, gefördert von der Stadt Wien wird wild die so genannte freie Liebe gefeiert – für die gute Sache natürlich. Gerne – wer`s braucht, nur Kritik wollen wir die Herren Veranstalter bitte keine hören. Der ATV-Reporter Dominic Heinzl wurde für heuer vom Life-Organisator Gery Keszler ausgeladen. Weil er es wagte das Lauda-Interview im Fernsehen auszustrahlen. Ein bisschen wehleidig ist er schon der liebe Gery und die allseits geforderte Toleranz dürfte auch eher eine einseitige Sache zu sein. „Let love Flow“ ist übrigens das heurige Motto und auch das scheint - wie die Toleranz - eher für die Anderen zu gelten.

Andi Bauer

www.goodatwise.com

28. April 2009

Gisbert zu Knyphausen

Manchmal glaube ich, dass ich zu langsam bin
für all' die Dinge, die um mich herum geschehen.
Doch all' die Menschen, die ich wirklich, wirklich gerne mag,
sie sind genauso außer Atem wie ich.

Und manchmal glaube ich, dass ich zu müde bin.
Aus meinem Sessel komm ich nie mehr wieder hoch,
doch wenn es klingelt, bin ich rasend schnell am Telefon,
es kann doch sein, dass mich irgendwer braucht.

Und manchmal glaube ich, dass ich zu leise bin.
Dann schrei' ich lauthals meine Lieder in den Wind.
Doch viel, viel lauter noch sind die, die nix zu sagen haben.
Und wenn das stimmt, dann halt' ich lieber mein Maul.

Den ganzen Unsinn werd' ich nie verstehen.
Da hilft nur Einatmen und Vorwärtsgehen.
Es ist ganz einfach, es ist ganz einfach:
Das Leben lebt, es ist ein wunderschöner Sommertag.
Ein Sommertag, ein Sommertag, ein Sommertag.

Aus Sommertag von Gisbert zu Knyphausen

Ja, so ist es. Gisbert zu Knyhausen (der Mensch heißt wirklich so) hat die beste deutsche Platte seit 16 Jahren aufgenommen. Die Platte ist ein kleines feines Wunderwerk das (fast) keiner kennt und seit einem Jahr als Geheimtipp die Runde macht. Geht auch nicht anders - diese Lieder haben keinen Platz im Formatradio. Zu klug, zu leise, zu ernst, zu witzig zu wenig durchschnittlich. Aber wer braucht schon das Radio. CD kaufen, reinhören und glücklich werden. Oder gleich zu einem Konzert. Seit einem Jahr tingelt der Mann mit seiner Band durch Pubs, Keller und Kaffeehäuser und hinterlässt dabei eine unübersehbare Spur von glücklich benebelten Musikfreunden. Termine gibt’s unter: http://www.myspace.com/gisbertzuknyphausen  Selten ist es einem Musiker gelungen die Gefühle, Ängste und Hoffnungen seiner Zeit so treffend in Liedern auszudrücken. Gisberts Lieder erzählen vom hoffen und zweifeln, von sinnlosen Besäufnissen und langen Gesprächen bis zum Morgengrauen, vom Verdrängen und von Bindungsängsten und natürlich von der Liebe, Freundschaft und den sonnigen Seiten im Leben. Die Lieder spielt der Mann mit dem lässigem Chuzpe eines Bänkelsänger in der Fußgängerzone. Man sieht ihn stehen, mit offenen Gitarrenkoffer und einem Affen der zum Takt die Schellen scheppert. Und man hört gebannt diesen Melodien zwischen Volksfest und Wohnzimmer, zwischen den Byrds und Reinhard Mey. Vielleicht wird er noch mal richtig groß und berühmt - der gute Gisbert. Einerseits wünscht man es Ihm – aber anderseits will man ihn für sich alleine behalten - bei einem kleinen netten Konzert im Kaffeehaus ums Eck. Und da muss er dann sein schönstes Lied spielen: „Es ist so schwer sich zu entscheiden“ - mindestens zweimal. Ja, so ist es.

Andi Bauer

 

 

 

17. April 2009

Östliche Wälder

Gran Torino von Clint Eastwood

Clint Eastwood hat seit 17 Jahren einen einzigartigen Lauf. 14 Filme hat der Mann inszeniert und dabei keinen einzigen Ausfall abgeliefert. Eastwoods Filme rangieren von gut (selten) bis großartig (meistens). Der neue Streifen ist wieder mal großartig. Eastwood hat Regie geführt und spielt seit langem wieder mal die Hauptrolle. Diese heißt Walt Kowalski und ist ein verbitterter Kriegsveteran welcher sich nach dem Tod seiner Frau noch mehr zurückzieht und von seiner Familie und Umwelt abkapselt. Kowalski versucht gar nicht seinen Rassismus und seine Abscheu gegenüber seiner Mitmenschen zu verbergen. Er beleidigt den zuständigen Priester, beschimpft seine asiatischen Nachbarn und schmeißt nach einem Streit seinen erwachsenen Sohn raus. Eastwood beschönigt nichts und zeigt die andere Seite Amerikas. Ältere Mitbürger die ihn Kriegen kämpften und sich in der immer schneller drehenden Welt nicht mehr zurechtfinden. Durch einen Zufall lernt Kowalski seine asiatischen Nachbarn kennen. Gerade mit den so verhassten Asiaten entwickelt sich eine sanfte Beziehung welche ohen Kitsch und Pathos erzählt wird. Kowalski beginnt nach anfänglicher Skepsis den Teenager der Familie unter seine Fittiche zu nehmen und wird dadurch in einen Bandenkrieg hineingezogen welcher am Ende eskaliert.

Der Film zeigt keine unrealistische Wandlung eines Saulus zum Paulus. Fast ungewollt lernt Kowalski die Welt seiner Nachbarn kennen und nimmt Anteil ohne dabei zum vermeintlichen besseren Menschen zu mutieren. Es ist berührend zu erleben wie der Regisseur Eastwood mit einfachsten Mitteln eine kraftvolle Geschichte erzählt über Menschen die versuchen ihren Platz in der Welt zu behalten und über andere die versuchen diesen Platz zu finden. Alt & Jung, Ost & West - in Gran Torino treffen sich diese unterschiedlichen Welten.

Und ganz am Ende fährt der heimliche Hautdarsteller und Namensgeber in einer letzten Einstellung am Meer entlang. Und es sind diese abschließenden wunderschönen Bilder welche dem Zuseher nur bestätigen einen wirklich großen Film gesehen zu haben.

Eastwood hat erneut einen wunderbaren, berührenden und tröstlichen Film abgeliefert und arbeitet inzwischen schon an seinem nächsten Werk – eine Biographie über Nelson Mandela.

Andi Bauer

Die Regiearbeiten von Clint Eastwood in den letzen 17 Jahren

Erbarmungslos 1992

Perfect World (mit Kevin Costner) 1993

Die Brücken am Fluss (mit Meryl Streep) 1995

Absolute Power (mit Gene Hackman) 1997

Mitternacht im Garten von Gut und Böse 1997

Ein perfektes Verbrechen 1999

Space Cowboys 2000

Blood Work 2002

Mystic River 2003

Million Dollar Baby 2004

Flags of our Fathers 2006

Letters from Iwo Jima 2006

Changeling 2008

Gran Torino 2008