21. Februar 2010

Sunday morning coming down - die Kolumne am Sonntag

I knit - so I don't kill people
Ein toller Spruch. War kürzlich auf dem T-Shirt einer jungen Dame zu lesen und hat mich ungemein beruhigt. Die Dame strickt leidenschaftlich gern und dieses Hobby hindert Sie offensichtlich daran Menschen zu töten. Tröstlich und Hoffnungsvoll für uns alle. Dieser Spruch lässt sich natürlich für jedes mit Enthusiasmus betriebenes Hobby anwenden. Musikverrückte, Filmfreaks, Bastler & Heimwerker und all die anderen Verrückten welche Hobbys gleich einer Religion betreiben. Diese oft von unverständlicher Begeisterung getriebenen Freaks werden in unserer Gesellschaft eher belächelt, wenig ernst genommen und großmütig geduldet – sofern „die Gesellschaft“ nicht gerade das selbe Hobby betreibt. Vor 20 Jahren waren die Jogger verrückte Sportfreaks, vor 10 Jahren MUSSTE jeder laufen, da einige Schlauberger ein paar Bücher darüber geschrieben haben und das Laufen damit zum offiziellen Trend erklärt wurde. Wenn es alle machen dann ist es kein freakiges Hobby mehr – dann ist es ein Trend. Sicherlich sind auch die Grenzen fließen zwischen begeisterter Ausübung des Hobbys und entrücktem Wahnsinn. Aber was wäre unsere Welt ohne ein paar Verrückte die herauszufinden versuchen welche Liveversionen von „Like a Rolling Stone“ Bob Dylans Intention und Seele am nächsten kommt. Oder die DVDs von italienischen Filmen aus den 60er Jahren sammeln, weil nur das die wahre Filmkunst war und immer sein wird. Der geistreiche Autor und Musikfan Nick Hornby hat sich auch in den meisten seiner Bücher mit extensiv gelebten Hobbys, Freaks und Fans beschäftigt. In Fever Pitch beschreibt Hornby das Leben eines fanatischen Fußballfans. Sein bester Roman High Fidelity zeichnet treffend das Beziehungschaos eines arroganten Musik Nerds, der seine Zeit damit verbringt seine tausenden Platten nicht alphabetisch sondern chronologisch (der Zeitpunkt des Plattenkaufs) zu ordnen. In seinem aktuellen und sehr lesenswerten Buch Juliet Naked beschreibt Horny das Leben eines Fans. Duncan verehrt den (fiktiven) Musiker Tucker Crowe welcher sich nach seiner letzten Platte (1986) spurlos aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat. Duncan sammelt ALLES von seinem Idol, betreibt einen Blog und analysiert mit Gleichgesinnten auf der ganzen Welt die Lieder; Konzerte und alles betreffend dem verschwundenen Musiker. Als Duncan ein verschollenes Demoband von der Plattenfirma zugesandt bekommt hört es sich die Lieder mehrmals an, welches in ihm eine interessante Erkenntnis auslöst.
“One Thing about Great Art: It made you love people more, forgive them their petty Transgression. It worked in the way that religion was supposed to.” (von Juliet Naked by Nick Hornby)
Das Hobby als (effektiverer?) Religionsersatz, als Weg zu unserem Ursprung, zu unserem wahren Ich? Sollte das exzessive Ausleben eines Hobby, Menschen so positiv beschäftigen, dass es sie daran hindert, Anderen zu schaden? Oder sollte gute Kunst sogar in der Lage sein uns zu bessern Menschen zu machen und die Größe zu entwickeln andere mehr zu lieben. Vielleicht unterschätzen wir sie: Die Filmfreaks, Musiknerds, Hand und Heimwerker und all die Anderen, die von irgendwelchen Hobbys besessen sind. Ich weiß es auch nicht, aber ich hab jetzt keine Zeit mehr darüber zu schreiben. Ich muss meine Johnny Cash CDs abstauben und neu ordnen – chronologisch – versteht sich.
Andi Bauer

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

wow Andi!! hat mir voll gut gefallen!!! vielen Dank dafür!! lg Sarah

ritarenata hat gesagt…

ich töte auch niemand, und wenn doch , dann mit meiner stricknadeln.
;-)