18. Juni 2011

Sunday Morning Coming Down - „Welche Musik hören Sie gerne“?

Eine (scheinbar) harmlose Frage welche dramatisches auslösen kann. Ich stelle diese Frage gerne wenn ich Menschen kennenlerne. Da ich mich für Musik, wie auch für Andere interessiere eine durchaus legitime Frage, die leider oft zu unkreativen Antworten führt. 9 von 10 Angesprochene antworten auf diese ausgesprochen spannende Frage mit: „ALLES“. „Alles“, die Menschen hören „Alles“. Jede Art von Musik – Sensationell, ein Wunder. Natürlich deprimierte mich diese dumme und ideenlose Antwort jedes Mal. Meine Entgegnungen darauf hörten sich in etwa so an: „Alles ist nix“ oder ähnlich zynische Kommentare. Was sonst soll man auf „Alles“ antworten.

Seit einigen Wochen jedoch habe ich meine Strategie diesbezüglich geändert. Mit I-Pod und CDs ausgerüstet gehe ich - von nun an vorbereitet - in das Gespräch und frage immer noch unschuldig mein Gegenüber nach seinen musikalischen Vorlieben. Lautet die Antwort „ALLES“ entlockt mir dies ein freundliches Lächeln, gefolgt von geschäftiger Aktivität. „Das freut mich aber“ entgegne ich, „Darf ich dir ein Lied vorspielen“. Das unschuldige „Ja“ kommt immer, bereitet den „Alleshörer“ jedoch nicht darauf vor was jetzt kommt.

Ein lärmendes Double-Bass-Schlagzeug hämmert bedrohlich gegen das Herz, zerfetzend kreischende Gitarren lassen die Ohren bluten und eine zwischen Grunzen & am Spieß schreiende Stimme, läßt alle Sinne schwinden und beschwört die unvermeidliche Apokalypse herauf. „Dantes Inferno“, adäquat in Töne gegossen, überrollt den unvorbereiteten Hörer.

Der „Alleshörer“ kriegt ein Lied aus der Abteilung „Schwermetall“ zu hören – gut abgehangen zwischen Speed, Trash & Death. Meine derzeitigen Favoriten sind Metallica mit „Seek and destroy“ und Slayer mit „Angel of Death“. (Weitere Musiktipps für dieses interessante Experiment werden von mir gerne entgegengenommen).

Die Reaktionen des „Alleshörers“ sind immer gleich. Rollende Augen welche gefährlich am Hinauskugeln sind, verzweifeltes Röcheln und eine runtergeklappte Kinnlade. Nach dieser kleinen Demonstration musikalischer Vielfalt stellt sich meist heraus, daß mit ALLES eigentlich Musik gemeint war, welche der Ö3-Dudelkasten jeden Tag so absondert. Also ein Promille dessen, was es an Musik auf dieser schönen Welt zu entdecken gibt. Das erstaunliche an dieser 30 Sekunden Speedmetall-Exkursion - länger schafft es kein Ö3-Hörer – ist jedoch, daß sich anschließend hochinteressantes Gespräch über Musik, Stile & Geschmäcker ergeben. Und das der ALLES-Hörer sehr wohl seine Favoriten hat, aber oft zu schüchtern ist, diese zu benennen. Was ist schon dabei, wenn man Britpop oder Country mag. Viel Schlimmer ist nicht mal zu wissen was man gern hat und scheinbar „Alles“ zu hören glaubt. Seien Sie gewarnt. Sollten Ihnen jemand in den nächsten Tagen die Frage nach Ihrem Musikgeschmack stellen, überlegen Sie sich die Antwort gut.

Andi Bauer

11. Juni 2011

good@wise Filmtipp: X-Men First Class

X-Men: First Class von Matthew Vauhgn     seit 9.6. im Kino  


Leider hinterlassen die "X-Men" heute bei Filmen Fans ein unangenehmes Gefühl. Das liegt an der schwankenden Qualität der Verfilmungen. Teil 1 & 2 (2000 & 2003) sind großartig und revolutionierten die Qualität von Comicverfilmungen. Ermüdet von oberflächigen Batman & Robin Keilereien erlebten die Zuseher zur Jahrtausendwende bei den „X-Men“ Figuren mit Tiefgang, glaubwürdige Geschichten, Humor, Action und überzeugende Effekte. Dies ist Regisseur Bryan Singer (Die üblichen Verdächtigen) zu verdanken, der keine Kompromisse zuließ und mit den ersten beiden Filmen anspruchsvolle Comic-Unterhaltung für Erwachsene schuf. Teil 3 (2006) inszeniert von dem Schnösel Brett Ratner (Rush Hour 1-3) konnte nur mehr abfallen. Der nachfolgende Spin-off Wolverine von 2009 war zu unentschlossen und zu seicht um Wellen zu schlagen. Regisseur Gavin Hood aus Südafrika wurde hier bei seinem ersten Hollywoodfilm offensichtlich von den Produzenten zu stark beeinflußt.

Die Wende kommt wieder mit dem neuen Film, bei dem der talentierte Brite Matthew Vaughn am Regiestuhl Platz nahm. Vaughn drehte bisher drei Filme die unterschiedlicher nicht sein könnten. Layer Cake mit Daniel Craig ist ein harter zynischer Gangsterthriller, Stardust mit Michelle Pfeiffer ein mystisches Fantasieabenteuer und Kick As mit Nicholas Cage eine überdrehte Comicverfilmung. Mit dem aktuellen X-Men Film: First Class erzählt Vauhgn die Anfänge der Mutanten. Er taucht in die Freundschaft von Professor X und Magneto ein, welche später zu Feinden werden sollten und führt behutsam andere bereits liebgewonnene Figuren in die Welt der Mutanten ein. Für Freunde der ersten beiden Teile ist der neue Film ein Leckerbissen. Die bereits bekannten Mutanten erleben durch ihre Vorgeschichte eine charakterliche Schärfe und neues Leben ohne das bereits bekannte zu ignorieren. Vaughn geht noch einen mutigen Schritt weiter und verbindet die Kubakrise von 1962 mit dem ersten Einsatz der X-Men. Diese Verschmelzung von realer Geschichte und fiktiver Comicwelt ist ein genialer Schachzug, welcher die inneren und äußeren Kämpfe der Figuren nur realistischer erscheinen läßt.

Letztlich ist die Geschichte der X-Men auch die Geschichte der Menschheit und deren Umgang mit lästigen und nicht der Norm entsprechenden Minderheiten. So beginnt die Geschichte von Magneto in einem Nazi-KZ in Polen und endet mit einem weiteren Vertrauensbruch der Menschen gegenüber den Mutanten. Der Schmerz & Hass des Metallbändigers auf die Menschheit wird durch den Film nachvollziehbar und greifbar. Es sei am Ende noch erwähnt, daß der Film mit einem hervorragenden aufspielenden Kevin Bacon auch einen exzellenten Bösewicht zu bieten hat. X-Men: First Class ist ein gelungener Unterhaltungsfilm der vom Besucher nicht verlangt das Hirn an der Kasse abzugeben. Ab ins Kino – die Mutanten auf der großen Leinwand erwarten Ihren Besuch.

Andi Bauer

8. Juni 2011

good@wise Filmtipp: Source Code

Source Code von Duncan Jones   seit 3.6. im Kino



Ein Mann erwacht in einem Zug, gegenüber sitzt eine schöne Frau die in vertraut anspricht. Er kann sich an nichts erinnern und bemerkt nach kurzer Zeit, daß sein Geist offensichtlich im Körper eines anderen steckt. Nach 8 Minuten explodiert der Zug und der Mann wacht in einer seltsamen Kapsel auf. In dieser erfährt er von einem neuen Experiment, welches die Möglichkeit bietet in fremde Erinnerungen einzutauchen – für 8 Minuten. Auf die quälenden Fragen des Soldaten gibt es nur ausweichende Antworten, daß es sich um Quantenphysik handle (ein Fest für Physiker) und die Zeit dränge – denn Im Zug befindet sich ein Attentäter. Es gilt diesen ausfindig zu machen um ein weiteres Attentat zu verhindern. Immer wieder taucht der Mann in den Zug ein, erlebt dieselben Momente wieder und beginnt langsam an der Aufgabe zu verzweifeln.

Der Film ist eine böseartig verzerrte Thrillervariante der köstlichen Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Während sich jedoch der Bill Murray Film auf den Witz der wiederkehrenden Situationen konzentriert und auf eine logische Aufklärung zusteuert, ist „Source Code“ vielschichtiger und perfider. Gleich dem Schälen einer Zwiebel legt Regisseur Duncan Jones Schicht für Schicht frei und führt den Zuseher in Abgründe. Jones wirft die ewigen und aktuellen Fragen auf, was das Leben eines einzelnen wert ist, wenn es gilt Tausende zu schützen und läßt die Wissenschaft in fragwürdigen Grenzbereichen agieren.

Mitten im Experiment steckt Jake Gyllenhaal als Soldat der immer wieder die 8 Minuten durchlebt und die beste Leistung seiner Karriere abliefert. Jeffrey Wright brilliert als ölig glatter und arroganter Wissenschaftler und Vera Farmiga versucht als Verbindungsoffizier Goodwin den „Patienten“ zu steuern, was ihr mehr emotionale Schrammen verursacht als ihr lieb ist. Duncan Jones (der Sohn von David Bowie) ist ein außergewöhnlich talentierter Regisseur der mit seinem zweiten Film für Furore sorgt. „Source Code“ ist Unterhaltung auf höchstem Niveau mit tollen Schauspielern und einer Geschichte die nachbrennt. Und nix für nervöse Gemüter – „Source Code“ ist sauspannend.

Andi Bauer

5. Juni 2011

Ein Sommer im Kino

Sunday Morning Coming Down – die Kolumne


Seit nun mehr 20 Jahren gehen die meisten Menschen Im Sommer ins Kino. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe. Einerseits die Erfindung der Klimaanlage und anderseits Steven Spielberg. Die Erste sorgt für Erfrischung, der Zweite kreierte 1975 mit seinem dritten Spielfilm „Der Weisse Hai“ den ersten überragenden Sommerhit der Filmgeschichte. Bis zu diesem Jahr vermied Hollywood den Sommer und plazierte die großen Produktionen rund um die Feiertage (Weihnachten / Thanksgiving). „Der weiße Hai“ startete im Juni und spielte damals allein in den USA sensationelle 260 Millionen Dollar ein. Umgerechnet auf den derzeitigen Preis einer Kinokarte wären das heute über eine Milliarde Umsatz an den Kinokassen und mehr verkaufte Tickets als AVATAR.

Der Erfolg des „großen Weißen“ änderte die Verleihpolitik der großen Studios. Hollywood kürte den Sommer zur Kinosaison und begann sogleich leichtfüßiges Popcornkino für die Massen in die Sommermonaten zu schaufeln. Heute sind die Starttermine der potentiellen Hits für die Sommersaison schon zwei Jahre zuvor festgelegt. Die Starttermine werden mit ähnlich strategischen Aufwand vorbereitet, als gelte es ein Land zu erobern. „Fast and the furious 5“ startete heuer Ende April und läutete offiziell die Sommersaison ein. „Thor“ folgte am 5. Mai, „Fluch der Kabirik 4“ am 13.5. und „Hangover 2“ am 1.6. Die großen Filme werden mit Sicherheitsabstand programmiert. Actionfilme starten gleichzeitig mit Komödien um Alternativen für romantische Naturen zu schaffen. Familienfime werden präzise plaziert. Kein anderes Studio möchte mit Disney / Pixar konkurrieren. So startet „Kung Fu Panda 2“ exakt 4 „Wochen vor „Cars 2“ von den Pixarstudios. Erfolgreiche Hits im Sommer zu landen ist für die Studios Pflicht und Prestige. Der Starttermin der Filme wird zur Wissenschaft. So hat die Entscheidung der Paramount Studios „Transformers 3“ zwei Tage vorzuverlegen und die Roboter bereits am Mittwoch, dem 29.6. auf die Menschheit loszulassen, für heftige Diskussionen gesorgt. Wird dies das den Umsatz des ersten Wochenendes ungünstig beeinflussen? Fragen die Kinobesucher in „good old europe“ nicht wirklich tangieren sind bei den Amis Tagesthemen.

Mittlerweile haben auch alle wichtigen Genres ihren saisonalen Platz gefunden. Derzeit verteilen sich die Starttermine für Filme in den USA wie folgt.

Mai bis August: Aufwendige megateure Unterhaltungsfilme um die Popcorn krachen zu lassen. Zusätzlich starten im Mai immer romantische Hochzeitskomödien (im Mai wird geheiratet). Auch 2 – 3 aufwendige Animationsfilme gibt es verläßlich jeden Sommer.

September / Oktober: Literaturverfilmungen, Krimis, Anspruchsvolle Stoffe, Kandidaten für eine Oscarnominierung & Horrorfilme (Halloween).

November / Dezember: Fantasiefilme, Familienthemen, Animation & Romantik

Jänner / Februar: Was vom Tage übrigblieb - B-Actionkracher, Horror & kleinere Produktionen welche von den Studios hin und verschoben werden, weil Sie in der Sommersaison untergehen würden.

Februar bis April: Thriller, Komödien, Romantik (Valentinstag) & leichte Actionkost.

Was bleibt am Ende bleibt sind die Filme. Denn Strategie hin, Marketing her, die Filme müssen den Erwartungen des Publikums gerecht werden. Daran ändern auch der klügste Starttermin und das beste Marketing nichts. „Fluch der Karibik 4“ startete mit enormen Aufwand am lukrativen Memorial-Day / Weekend, Ende Mai und enttäuschte dennoch an der Kasse, wie auch die Kritiker.

Und für all Jene, denen diese eher nutzlosen Informationen nicht die gänzliche Lust aufs Kino genommen haben, hier im Schnelldurchlauf – die Hollywood-Blockbuster des heurigen Mai.

The Fast and the Furious

Bereits der 5. Teil der Serie und von den anderen 4 nicht wesentlich zu unterscheiden. Vin Diesel kann immer noch nicht schauspielern und Logik hat auch noch keine Einkehr in die Filmreihe gefunden – fehlt auch nicht. Leidlich Dwane Johnson reißt den Film aus der unteren Mittelmäßigkeit. Für Menschen die ohne Formel 1 nicht leben können und Buben die sich weigern erwachsen zu werden (möglicherweise der Großteil der männlichen Bevölkerung – anders läßt sich auch der immense Erfolg des Film nicht erklären

Thor

In diesem Blog bereits erwähnt. Großartige Comicverfilmung mit einem Hauch von Shakespeare. Bester Popcorn-Film im Mai.

Fluch der Karibik 4

Johnny Depp torkelt wieder durch die Südsee, begleitet von einer unmotivierten Penelope Cruz, einem unglaubwürdigen Bösewicht und einem unterrepräsentierten Geoffrey Rush. Die Geschichte ist ein schlechter Witz, Regisseur Rob Marshall (Chicago, die Geisha) immer noch ein Langweiler ohne Gefühl für Timing und der Showdown ein Jammer. Einzig die ersten 30 Minuten mit einer tollen Jagd durch London schaffen so was wie Piratenflair.

Hangover 2

Eher Durchhänger - Die bisherige Enttäuschung des Jahres. Die Geschichte von Teil 1 wird mit denselben Witzchen wieder erzählt nur ein bißchen derber. Mehr ist den drei Drehbuchautoren nicht eingefallen? Such a shame.

Dafür verspricht das neue Abenteuer der "X-Men" Großes. Startet bei uns am Freitag. Bald mehr davon - in diesem Theater.

Andi Bauer