21. März 2010

Beautiful Loser

Alex Chilton ist letzten Mittwoch an Herzversagen in New Orleans gestorben – er wurde 59 Jahre alt. Dieser Umstand wird von einer weiteren traurigen Gewissheit begleitet, dass die meisten Leser dieser Zeilen mit dem Namen nichts anfangen können. Das ist keine Schande werter Leser, wurde doch der Musiker sowohl von den Medien wie auch Plattenkäufern Zeit seines Lebens und Wirkens ignoriert. Nur wenige, wie auch der Autor dieser Zeilen, hören seit vielen Jahren mit ungebrochener Leidenschaft die genialen Popwunderwerke des Alex Chilton.
Bereits mit 16 Jahren wurde Chilton Sänger der Soulgruppe „The Box Tops“ und kann ohne Bedenken als einer der Gründerväter des „Blue Eyed Soul“ (Weiße singen schwarze Soulmusik) bezeichnet werden. Der junge Sänger wühlte sich erfolgreich durch perlende Soulsongs. Aber es sollte seine Band Big Star werden welche das Genie des Mannes zur Geltung brachte. Nur drei Platten hielt die Formation zusammen und zerbrach an den üblichen Gründen wie Erfolglosigkeit, Inkompetenz der Plattenfirma, Ignoranz der Öffentlichkeit und daraus folgenden kreativen Differenzen. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Band in Folge chronischer Erfolglosigkeit beginnt zu streiten, kreative Prozesse zu hinterfragen und oft daran zerbricht. Für Spätgeborene welche die Platten von Big Star heute entdecken – und die Zahl dieser wächst stetig – ist es völlig unverständlich das die Band in den 70er Jahren nicht einen ähnlichen kommerziellen Statut erlangte wie die Eagles oder Fleetwood Mac. Popsongs allererster Güte und von betörender Schönheit erwarten den Hörer auf #1 Record,Radio City & Third. Ein schöneres Lied über die Magie der Jugend, kurz bevor das „Erwachsenwerden“ an die Tür klopft, als Thirteen werden Sie in diesem Universum nicht finden.

http://www.youtube.com/watch?v=EbZLWijskKc

Big Star gelang es die kompositorische Genialität der Beatles, mit einer Idee von Heavy Metal zu vermengen. Heute nennt man so was in Ermangelung besserer Begriffe „Power Pop“. Fans von R.E.M., den Foo Fighters und Wilco sollten unbedingt beginnen Big Star zu entdecken, sie werden viele Ideen ihrer Idole in den Alben der Band wieder finden. Big Star waren auch einer der Initialgeber für die Untergrund und Alternativbewegung in den 80er Jahren und ähnlich wie Velvet Underground Jahre davor, Auslöser dafür, dass viele junge Menschen eine Gitarre kauften, eine Band gründeten und in den Probekeller übersiedelten. Es mag ein Trost für Chilton gewesen sein, das er insbesondere in den letzten Jahren mehr Anerkennung für sein Werk erntete. Viele erfolgreiche Bands nennen Big Star als wichtigen Einfluss, Journalisten entdeckten die Lieder und Alben der Band und Universal kaufte den Katalog und veröffentlichte letzten Herbst die drei Studio Alben in einer hervorragenden Qualität. Die Profis von Rhino würdigten die Band mit einem exzellenten 4-CD Box Set. Umso tragischer mutet es an, dass die Band beim SXSW Festival http://www.sxsw.com/music in Austin/Texas dieses Wochenende auftreten sollte. Das jetzt spontan, befreundete Musiker in die Bresche sprangen um den Auftritt zu retten und Chilton zu würdigen ist zwar rührend aber zu spät. Alex Chilton war ein musikalisches Genie und schrieb einige der besten Popsongs des vergangenen Jahrhunderts. Die einzige Würdigung seines Talentes ist es seine Musik zu kaufen und diese zu hören. Sie werden es nicht bereuen.

Andi Bauer

Wichtigste Alben:
#1Record 1972
Radio City 1974
Third 1975
Keep an Eye on the Sky
(Box-Set) 2009

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