29. Dezember 2009

Von Barden, Croonern, Rockern und den jungen Wilden - Die besten CDs des Jahres

1.   Antony and the Johnsons   The Crying Light

Die Stimme als Instrument. Antony singt mit Herz und ganzer Seele. Berühren und Entrückend. Es ist schier unmöglich von dieser Stimme nicht überwältigt zu sein.

 

2.  Nick Lowe  The Brentford Trilogy

Eine Wiederveröffentlichung welche die Welt braucht. Zwischen 1994 und 1997 hat der großartige und immer noch unterschätze Nick Lowe drei Alben veröffentlicht welche sowohl thematisch wie auch stilistisch Brüder im Geiste sind. Lowe wandert durch Musikstile als ob er nur schnell sein Hemd wechseln würde. Und die „Hemden“ passen wie maßgeschneidert. Country, Pop, Soul, Folk, Swing & Folk. Der smarte Brite bewegt sich, in einer für Ihn, grenzenlosen Musikwelt. Dazu gibt es Texte, fein geschliffen mit einer Prise Humor wie es nur die Engländer können. Eine Platte für Genießer und Zuhörer. Unbedingt reinhören.

 

3.  Wilco The Album

Das zweitbeste Album von Amerikas interessantester Band klingt wie Neil Youngs zerschossene Jean und wandelt traumtänzerisch zwischen Pop, Folk, Blues & Rock. Ein Fest.

 

4.  Nirvana    Live at Reading 1992

Endlich auf CD und DVD, Nirvanas möglicherweise beste Stunde. Die Band hatte gerade mit „Nevermind“ die Top Ten auf der ganzen Welt geknackt und spielte in Reading / England einen legendären Gig. Druckvoll, präzise, wütend und ohne Fallschirm. Dave Grohl`s Schlagzeugspiel ist schlicht sensationell. 

 

5.  Animal Collective Merriweather Post Pavillon

Elektronische Musik im Auge des Orkans. Die Amerikaner zerren Krafwerks Visionen ins neue Jahrtausend. Innovativ, spannend und berauschend.

 

7.  La Roux

Die 80er Jahre waren nie wirklich gut, da können die Erbsenzähler noch so viele TV-Show Produzenten aus dem Boden stampfen. Das die Musik von LaRoux den 80er Jahren zugeschrieben wird, liegt nur an der Phantasielosigkeit der schreibenden Zunft. Das ist die Tanzmusik des neuen Jahrtausends - ohne einen Blick zurück. Dance Baby, Dance.

 

8. Pet shop boys    Yes

Besser wird Pop nicht mehr. Die Pet Shop Boys werfen mit Melodien um sich für die Robbie Williams sofort sein Rudel Schoßhunde hergeben würde.

 

4.  Pearl Jam  Backspacer

Return to form. Die Alternativhelden stemmen sich gegen die Midlife Krise mit kurzen knackigen Songs welche gleich einem Ping Pong Ball zwischen Rock und Punk herumschießen. Dazu gibt es schöne Balladen und eine druckvolle Produktion.

 

9.  U2  The Unforgettable Fire      (Wiederveröffentlichung)

Auch nicht neu, aber immer noch gut. Denn inzwischen hat es der treueste Fan gemerkt, dass man sich das neue Werk der vier Iren nicht „schönhören“ kann. „The Unforgettable Fire“ hat dies auch nicht nötig. Das Album packt den Hörer beim ersten Durchlauf und lässt diesen nicht mehr los. Auch nicht nach 25 Jahren

 

10.  Jack Johnson en concert

Zyniker lachen über den Umweltpropheten der seine Platten im Solarstudio aufnimmt und auch seine Tourneen mit umweltfreundlichem Strom versorgt. Dabei macht Jack Johnson nur das, was seit Jahrtausenden gepredigt wird – er beginnt bei sich selbst, um eine bessere Welt zu schaffen. Darum, und weil er tolle Songs schreibt sei sein Livealbum aufs allerherzlichste empfohlen.

 

11.  Rolling Stones   Get Yer Ya Ya`Out  Live

Das beste Livealbum der Stones – Remasterd und erweitert. Blues der Beine kriegt. Zeitlos und unverzichtbar.

 

12. Phoenix  Wolfgang Amadeus Mozart

Frankreichs beste Band schiesst Popmusik ins nächste Jahrzehnt. Schlicht sensationell.

 

13.  The Beatles  Remastered Stereo Box Set (16 CDs)

Alle CDs der besten Band aller Zeiten neu überspielt in einer Box.

Pflicht und Unverzichtbar – No Excuses

 

Wasted Time and Money - Die Stinker & Langweiler

 

Bon Jovi  The Circle

Perfekte (glatte) Produktion, Hausfrauenballaden und Hymnen fürs Stadion. Auf den ersten Blick ein Bon Jovi Album wie man es kennt. Auf dem zweiten Blick, die Frage warum eine Band welche das Telefonbuch einsingen könnten und davon Millionen verkaufen könnte, nicht mal ein bisschen was wagt. „The Circle“ klingt wie die letzten 10 Alben der Amerikaner und wie ein Best of von Songs die man nicht kennt. Vor was oder wem hat diese Band Angst, da sie jedes Mal so was von auf Nummer sicher geht.

 

Rammstein  Liebe ist für alle da.

Noch langweiliger als Bon Jovi. Rammstein setzten wieder auf dieselben dümmlichen Riffs und Rhythmen, provokanten Texte, nationalistischen Parolen und all den Quatsch für den die Band berühmt wurde. Inzwischen wurde das Album in Deutschland verboten – was in allen Zeitungen war und den Mist noch mehr verkaufen lies. Ja, Liebe ist für alle da. Nur die Kerle von Rammstein scheinen davon zuwenig abgekriegt zu haben. Anders lässt sich dieser Stumpfsinn nicht erklären. Für die Tonne.

 

Michael Jackson  This Is It  Soundtrack

Es gibt von Michael Jackson eine Reihe guter Best-Of CDs welche hier angeführt und auch bewertet sind (fünf ist die Höchstwertung)

History                        1995   * * * 1/2

Number Ones           2003  * * * *

The Esintiell               2005   * * * * 1/2

The Hits                     2008  * * * * ½

All diese CDs erschienen zu Lebzeiten des Künstlers. Den Soundtrack zum Film braucht kein Mensch – außer den Nachlassverwaltern

 

Xavier Naidoo    Alles kann besser werden

Er meint es ja gut, mit seinen religiösen Texten und dem hinkenden Schlafzimmersoul. Aber das auf drei CDs ist einfach zuviel. Sorry & Schnarch. Und jedermann der mir aufrichtig versichern kann das er die drei CDs in einem Stück durchgehört hat kriegt von mir ein „Jesus is cool“ Kapperl.

 

Andi Bauer

 

Fremde Welten, Ballonreisende Pensionisten

1. AVATAR von James Cameron

AVATAR ist nicht nur der schönste und visuell beeindruckendeste Film des Jahres, sondern auch der Mutigste. Regisseur James Cameron riskierte erneut Geld, Ruf und Karriere um seine Vision eines 3-D Films für Erwachsene kompromisslos auf die Leinwand. Das die Geschichte noch nicht so viel hergibt kann der Regisseur dann mit seinem geplanten zweiten und dritten Teil ausbügeln. Diese kommen mit Sicherheit. Nach 10 Tagen Laufzeit hat AVATAR bereits weltweit 650 Millionen Dollar eingespielt und ist somit schon jetzt auf Rang drei der erfolgreichsten Filme des Jahres – knapp hinter „Ice Age 3“, „Harry Potter“ & „Transformers 2“. Somit braucht es keine prophetische Begabung, um an dieser Stelle zu schreiben das AVATAR nicht nur der beste sondern auch der erfolgreichste Film des Jahres 2009 sein wird. Muss man gesehen haben - ab ins Kino – Husch Husch.

 

1.1       96 HOURS von Pierre Morel

Ein seltenes Wunderwerk eines schnörkellosen und überzeugenden Actionthrillers. Morel hetzt Liam Neeson als ehemaligen CIA Agenten durch ein korruptes Paris auf der Suche nach seiner verschwundenen Tochter. Und nimmt dabei das Publikum kompromisslos in die Geiselhaft. Ein Film wie ein unbarmherziger Strudel von Gerechtigkeit welches alles in sich saugt. Morel`s nächster Film „From Paris With Love“ kommt bereits im Februar - mit John Travolta als coolen CIA Agenten.

 

2. Oben von Pete Docter & Bob Peterson

Die Pixar Produzenten sorgen seit 15 Jahren für Qualität und begeistern mit ihren Filmen jung und alt. Oben bildet keine Ausnahme und segelt mühelos in die Top Ten. Der Film hat keinen schwachen Moment – wie viele Filme können das für sich beanspruchen?

 

3. Hangover von Todd Phillips

Die beste, frechste und klügste Komödie des Jahres – nur für Erwachsene.

 

4. District 9   von Neill Bloomkamp

Der Geheimtipp des Jahres. Peter Jackson produzierte dieses Filmwunder aus Südafrika. Scheinbar beiläufig kommentiert der Science Fiction Film Themen wie Rassismus & Diskriminierung und schafft es diesen neue Facetten abzugewinnen. Regisseur Neil Bloomkamp wird ein ganz großer.

 

5. Der seltsame Fall des Benjamin Button von David Fincher

Fincher hat mit Liebe zum Detail den menschlichsten Film des Jahres gedreht. Die Geschichte des Benjamin Button welcher als Greis zur Welt kommt und Jahr für Jahr jünger wird, stellt auch herkömmliche Werte und Lebensweisen auf den Kopf. Das Glück des Augenblicks bekommt durch diesen Film eine neue Beachtung. Zum weinen schön.

 

6. Der Knochenmann von Wolfgang Murnberger

Dialog aus dem „Knochenmann“. Der Privatschnüffler Brenner zum Gastwirt. „Des is aba ka freindliches Gasthaus“ darauf der Wirt „Des is ka Gasthaus sondern a Wirtshaus“

Ein Film als präziser chirurgischer Einschnitt in die österreichische Seele.

 

7. Rachel Getting Married von Jonathan Demme

Einst war Jonathan Demme der große Star Regisseur Hollywoods und sackte mit Filmen wie das Schweigen der Lämmer und Philadelphia die Oscars scheinbar beiläufig ein. Heute dreht der Mann kleine und feine Filme und keiner geht hin, was sehr schade ist „Rachel getting married“ ist die Geschichte einer Familie welche sic während einer Hochzeit mit verdrängten Wahrheiten auseinandersetzten darf.

 

8. Adventureland von Greg Mottola

Eine kleine feine und kluge Komödie über Vergnügungsparks, die Liebe und die 8oer jahre. Mit Musik von Falco, David Bowie, Inxs & Crowded House. Ein wunderbarer Film.

 

9. Star Trek von J.J. Abrams

Mit dem Zehnten Star Trek Abenteuer Nemesis 2002 war die Luft endgültig draußen. Der Streifen floppte und langweilte das Pulikum. Der „Relaunch“ der Serie vom Mann der Stunde J.J. Abrams wurde zur Rettung in buchstäblicher letzter Minute. Der Film überzeugt stilistisch, inhaltlich, kommerziell und mit einer Riege junger Darsteller der altbekannten Helden. Nur atavistische Puristen – die sich selbst als „wahre“ Trekkis bezeichnen“ lehnten die neue Ausrichtung der Serie ab. Eine zu vernachlässigende Minderheit. 

 

10. Inglorious Basterds  von Quentin Tarantino

Tarantions Weltkrieg-Italo-Western leidet am fehlenden Gesamtkonzept und verschießt dadurch leichtfertig sein Pulver. Der Film ist aber immer noch besser und unterhaltsamer als die meisten Großproduktionen und hat einen Hauptdarsteller der die Leinwand glühen lässt. Christopher Waltz ist als Schauspieler eine Entdeckung welche das Publikum vor Ehrfurcht erstarren lies. Der Oscar darf nur mehr eine Formsache sein.

 

11   2012 von Roland Emerich

Den Oscar als bester Regisseur wird es für Roland Emerich in diesem Leben wohl nicht mehr geben. Das subtile und die feine Klinge sind seine Sache nicht. Emerich schuf immer schon übergroße Spektakel in denen sich der Durchschnittsbürger gegen die Gewalten, Aliens oder Riesenechsen durchzusetzen musste. Dennoch ist „2012“ ein Film den man gesehen haben sollte. Emerichs konsequente und gnadenlose Inszenierung der Apokalypse schmerzt. Gnadenlos orchestriert er den Weltuntergang, das Überleben weniger bleibt ein zu schwacher Trost. Spätestens wenn man erleben muss, dass der Dalai Lama von einer Kilometer hohen Flutwelle weggespült wird bemerkt man das 2012 ein ausgesprochen mutiger Film ist.

 

Ab in die Tonne – Die Rohrkrepierer des Jahres

 

Harry Potter 6 von David Yates

Entweder die Produzenten haben das Buch nicht gelesen oder sie haben es nicht verstanden. Beides führt zu einem missglückten Film. Einen Regisseur scheint es auch nicht gegeben zu haben obwohl David Yates angeführt wird. Und für was die 250 Millionen Dollar Produktionsbudget ausgegeben wurde wird ein ewiges Rätsel bleiben. Die Bauten und Kostüme gab es bereits, die mitwirkenden Schauspieler gehören nicht zur A-Klasse und sind leistbar und die Special Effekte können nicht alles verschlungen haben. Scheinbar werden hier einige Verwandte der Produzenten durchgefüttert. Ein bisschen Hoffnung lebt noch für die letzten beiden Filme der Serie.

 

Public Enemie von Michael Mann

Die 12. Wiederholung von “Heat” ist spannender als dieses sebstverliebte Gangstertragödie

This is it

 

Terminator Salvation von MCG

Natürlich lässt sich mit dem „Terminator“ Franchise noch Geld scheffeln. Aber für gute Filme braucht man auch ein Drehbuch. James Cameron hat lange an seinen Drehbüchern zu den ersten beiden „Terminator“ Filmen gefeilt. Man sieht es dem neuen Film an, dass weder ein vernünftiges Buch noch eine überzeugende Regie stattgefunden. Und Christian Bale schlafwandelt nebst „Public Enemie“ durch eine weitere Gurke des Jahres – mach mal Pause.

 

This Is It

Es ist wahrlich nichts neues, dass mit toten Stars Geld gescheffelt wird, aber was der Jackson Clan und die Plattenfirma nach Michaels Tod aufführen ist eine neue Dimension der Peinlichkeit. Echte Fans blieben zuhause und wer nicht bereit war vor Michael Jacksons Tod Geld für seine CDs auszugeben, der braucht seine Musik jetzt auch nicht. Think about it.

 

 

26. Dezember 2009

Sonntag Morgen..............

"Sunday Morning Coming Down" – ist immer noch das beste Lied um den „Kater“ am Tag danach zu beschreiben. Berühmt wurde das Lied durch den großartigen Johnny Cash, welcher selbst all zu oft den schmalen Grad zwischen Bar und Kirche wanderte und sowohl im Rausch der Religion wie auch in diversen weltlichen Räuschen Zuflucht suchte. Cash vermittelt in seiner Version des Liedes schmerzhaft glaubwürdig, das Aufprallen an der Realität des Lebens beim Aufwachen nach dem großen Rausch.

Well I woke up Sunday morning
with no way to hold my head, that didn't hurt
and the beer I had for breakfast
wasn't bad so I had one more for dessert
then I fumbled through my closet for my clothes
and found my cleanest dirty shirt
it's the one I'm wearin'
and I shaved my face and combed my hair
and stumbled down the stairs to meet the day

Geschrieben hat das Lied ein nicht minder großer Künstler – Kris
Kristofferson – welcher leider immer noch (unverdienterweise) im Schatten von Johnny Cash, Willie Nelson und all der anderen Country Ikonen steht. Viele hatten bereits Hits mit seinen Liedern. Das prominenteste Beispiel ist:
"Me & Bobby McGee". Das Lied wurde ein Riesenhit für Janis Joplin und beinhaltet eine der tiefsinnigsten Zeilen der Musikgeschichte:
"Freedom is just another word for nothing left to loose".
Auch "Sunday Morning Coming Down", aus der Feder des großen Kris kann und sollte nicht als reines Säufer und Katerlied gedeutet werden. Denn Räusche gibt es viele. Eine sechs Tage Arbeitswoche, der samstägliche Putzwahn, oder der Shoppingrausch vom Samstagnachmittag. Der Kater am darauf folgenden Sonntag kommt mit biblischer Gewissheit. Und drückt sich aus, in leeren Flaschen, vollen Einkaufstüten, brummenden Kopf und den Fragen nach dem Sinn.

I'd smoked my brain the night before
or I smoked so much the night before
with cigarettes and songs that I've been pickin'
my mouth was like an ashtray I'd been lickin'
but I lit my first and watched a small kid
cussin' at a can that he was kicking
then I crossed the empty street
and caught the Sunday smell of someone fryin' chicken
and it took me back to somethin'
that I'd lost somehow somewhere along the way


So ist der Sonntag, welcher uns eine Auszeit in der Spirale des Lebens gönnt, auch ein Zeitfenster um aus dem „Rausch“ des Alltags aufzuwachen, sich zurückzulehnen, auszuamten, zu reflektieren und wieder zu Kräften zu kommen. Es ist auch eine Gelegenheit Lebensmuster und den eigenen Lebensweg zu betrachten und auch um Pläne und Ziele für die kommenden Woche zu machen.

In the park I saw a daddy
with a laughing little girl who he was swingin'
and I stopped beside a Sunday school
and listened to the song that they were singin'
then I headed back for home and
somewhere far away a lonely bell was ringin'
and it echoed thru the canyon like
the disappearing dreams of yesterday.

On the Sunday morning sidewalks
wishing Lord that I was stoned
'cause there is something in a Sunday
that makes a body feel alone
and there's nothin' short of dyin'
half as lonesome as the sound
on the sleepin' city side walks
Sunday mornin' comin' down.

Die Ruhe und der Frieden des sonntäglichen Morgens hat auch die
meisten Religionen inspiriert Gottesdienste abzuhalten um den Menschen die Möglichkeit zu geben sich in gewisser Weise ihrer spirituellen Wurzeln zu besinnen – zumindest hoffe ich, dass dies die Intention war und ist. Der Sonntag dient auch Vielen als willkommene Blase in der Zeit unseres hektischen Treibens, um wieder zu sich zu finden – so kitschig dies auch klingen mag. Zumindest ein Tag um zur inneren und äußeren Ruhe zu kommen. Somit betrachte auch ich, den Sonntagvormittag als perfekten Zeitpunkt, die Woche, betreffend Musik und Film, Revue passieren zu lassen und vielleicht auch den einen oder anderen mutigen Ausblick auf kommende Ereignisse zu wagen. Darum. Ab jetzt hier in diesem Theater, äh Blog - jeden Sonntagvormittag die Kolumne:

Sunday Morning Coming Down
Die Musik & Filmwoche - Rück–Rund & Ausblicke

Ich freue mich schon auf Eure Rückmeldungen und Kommentare.
Denn – Musik ist Geschmackssache.

Andi Bauer

18. Dezember 2009

Größenwahn streift Genie

AVATAR von James Cameron    Jetzt im Kino

 

Erfolgsdruck

Jetzt ist der da – der Film auf den (angeblich) die halbe Welt wartet - AVATAR. 12 Jahren nach Titanic, der noch immer der erfolgreichste Film aller Zeiten ist, hat James Cameron seinen neuen Film endlich fertig gestellt. 14 Jahre hat der Regisseur  am Drehbuch gearbeitet, 5 Jahre wurde produziert und gefilmt. Über 300 Millionen Dollar hat die Produktion verschlungen. 20th Century Fox – das produzierende Studio - hat zu dieser unglaublichen Summe noch mal geschätzte 150 Mille für das Marketing nachgeschossen. Das Ding soll ja schließlich auch verkauft werden, und man braucht kein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium um zu erahnen, dass hier einige Herren in den oberen Studio-Etagen momentan gehörig schwitzen. Die Besucherzahlen vom ersten Wochenende – die Filme startet auf der ganzen Welt zeitgleich – werden mit großer Sehnsucht und noch größerer Angst erwartet. Einen Flop kann sich die „Fox“ nicht leisten. Der Film muss in den Kinos Eine Milliarde einspielen um die Kosten abzufedern – von Gewinnen sind wir dann immer noch ein Stück entfernt. Auch für Cameron steht viel auf dem Spiel. Der Regisseur genießt den Ruf ein hochtalentierter und innovativer Filmemacher zu, welcher jedoch regelmäßig und ohne Rücksicht sein Budget und seine Zeitpläne sprengt. Eine Horrorvision für jedes Filmstudio. Bisher waren Camerons Eskapaden vom Glück begleitet. Terminator 2, seinerseits (1991) mit 120 Millionen Dollar der teuerste Film aller Zeiten erwirtschaftete 530 Millionen. Titanic (1997) kostete bereits über 200 Millionen. Die „Fox“ teilte sich damals die Kosten mit den Paramount Studios wobei Paramount kalte Füße kriegte und kurz vor Drehschluss absprang und die Fox mit dem „Brocken“ allein lies. Niemand glaubte damals, dass sich der Film je rechnen wird. 1,8 Milliarden Dollar erwirtschaftete Titanic alleine im Kino. Video, DVD und TV-Rechte ließen weitere Millionen fließen. 11 Oscars taten das Übrige und James Cameron war für ein Jahr der König der Welt. Der Preis dafür war hoch. Wer sollte diesem Mann sagen, dass er in Zukunft sparen soll und sich an ein Budget und Zeitpläne orientieren müsse? Cameron war entfesselt und begann sein ambitioniertestes Projekt. Ein Science Fiction Film welcher eine technische Revolution im Kino auslösen soll. 3-D Kino für Erwachsene. Und Cameron hat mit seinen vollmundigen Ankündigungen  riesige Erwartungen in Zusehern und Kritikern geweckt. Nicht nur Science Fiction Fans werden den Film sehen wollen, sondern auch Kinofans im Allgemeinen und Neider natürlich, welche schon lange darauf warten dass der Regisseur auf die Nase fällt.

 

Der Film

Nach der ersten AVATAR Vorführung wünscht man sich eigentlich nur eines - mehr Zeit. Zeit um die Eindrücke zu verarbeiten um den Film zu verstehen und zu erfassen. Der Zuseher spürt an etwas besonderen, an etwas Großen beizuwohnen. Ich behaupte mal, dass die visuellen Effekte das Größte, Beste und Unglaublichste sind, was ich je auf einer Kinoleinwand sehen durfte. Cameron hat mit seinem Team einen Planeten erschaffen dessen Flora und Fauna in seiner Schönheit und auch kreativen Vielfalt jeden Zuseher fast ohnmächtiges Staunen abringt. Pandora wirkt wie eine wunderschöne Unterwasserwelt, welche sich auf der Oberfläche entfaltet. Es gibt ja immer ein paar lustige „Filmfreunde“, die sich regelmäßig den Kinobesuch (und ein paar Euro) sparen um Filme ein paar Monate später am Fernseher, oder noch schlimmer, am Computer anzusehen. Eine größere Sünde kann ich mir, in Anbetracht deren schieren Schönheit der Bilder bei AVATAR, nicht vorstellen. Diese Pracht muss auf der größtmöglichen Leinwand erlebt werden – Punktum. Leider schafft es die Geschichte nicht ganz mit der visuellen Kraft der Bilder mitzuhalten. Rücksichtlose Geschäftmacher vom Planeten Erde beuten die Bodenschätze auf dem fernen Planeten Pandora aus. Die dort lebenden „Aliens“ – das Volk der Navi - werden zurückgedrängt und vertrieben. Die Menschen bedienen sich einer innovativen Technik der „Seelenwanderung“ um die Navi auszuspionieren. Die Seele des Soldaten Jake (Sam Worthington – viel besser als in Terminator Salvation) wird in den Körper eines Navi (ein so genannter Avatar) transformiert. Jake beginnt die Navi zu unterwandern, um ihr Vertrauen zu gewinnen, entdeckt die Schönheit deren Welt und schlägt sich auf deren Seite. Es ist die Geschichte von „Der mit dem Wolf tanz“ - neu erzählt. Das Volk der Navi ähnelt in vielem den amerikanischen Ureinwohnern. Die Naturverbundenheit, die primitiven Waffen wie Pfeil und Bogen und das Verständnis ihrer Gottheit, welche in allem und jedem ist. Die weißen Eroberer werden durch ignorante und kriegslüsternde Marines dargestellt, welche sich wie schießwütige Cowboys gebärden. Diese Klischees muss man schlucken und sie nehmen dem Film auch die Seriosität eine neue Geschichte erzählen zu wollen - was ja Cameron im Vorfeld groß ankündigte. Auch beginnt Cameron bei sich selbst abzukupfern. Die Actionszenen, im Besonderen der Schlusskampf sind unübersehbare Zitate und wohl auch Referenzen an seinen Aliens Film (1986). Aber die sind Marginalen.

Umso erfreulicher ist es dem Regisseur gelungen die Charaktere überzeugend zu entwickeln. Nach dem halben Film wirken die computeranimierten Navi so echt als ob diese reale Schauspieler aus einem fremden Universum seien. Auch Sigourney Weaver als aufrechte Biologin ist eine starke Bereicherung für den Film und hat großartige Momente. Cameron involviert den Zuseher emotional in die faszinierende Welt der Navi und nimmt sich viel Zeit die Figuren einzuführen ohne dabei zu langweilen. Es vergehen über zwei Stunden bis zum großen Endkampf. Dieser verdeutlicht auf ein Neues, welch großartiger Actionregisseur James Cameron eigentlich ist. Die Kampfszenen sind schlicht sensationell. Cameron braucht keine stylisch schnellen Schnitte oder andere billige Tricks, bei ihm prallen die Welten aufeinander, physisch und intensiv. Der Mann weiß wie man eine Leinwand in Brand setzt.

 

Ab ins Kino

James Cameron ist mit AVATAR ein großer und auch großartiger Film gelungen. Und natürlich ist Cameron größenwahnsinnig und kratzt wie andere seiner Zunft am Status des „Genie“. Sein nahezu unerträglicher Perfektionismus, sein unstillbarer technischer Forschungsdrang und sein Wahn das Größte und Beste zu schaffen hat ein weiteres Mal Grenzen verschoben und geistige wie physische Mauern durchbrochen. Das Ergebnis ist ein beeindruckender Film der zwar leicht unter seinen erzählerischen Möglichkeiten bleibt, aber den Zuseher für 2 ½ Stunden in eine faszinierende Welt holt, aus der man nur ungern wieder auftaucht.

AVATAR ist zweifelsohne eine technische und vor allem visionäre Revolution und der erste anspruchsvolle 3-D Film für Erwachsene. Ein Film der vielleicht nicht das Kino revolutionieren wird – für dieses Urteil ist es zu früh – der aber die Kraft hat Menschen vom Fernsehsessel wieder in die Kinos zu locken. „DEN muss man im Kino gesehen haben“ - werden wir in den kommenden Wochen öfter zu hören kriegen. Und diesen Ausspruch kann ich nur unterstreichen. Denn Filme werden fürs Kino gemacht. AVATAR beweist dies und macht Lust darauf wieder öfter Filme auf der großen Leinwand zu genießen. Welches größere Lob kann man einem Kinofilm machen.

 

Andi Bauer

 

 

 

7. Dezember 2009

Das EGO und der BERG

Ein spektakuläres Filmabenteuer begleitet drei Ausnahmesportler über die längste Abfahrt der Welt. Mount St. Elias ist ein unglaublicher Film, welcher zutiefst begeistert, beeindruckt und Ehrfurcht vor der Natur gebietet. Es handelt sich jedoch auch um einen Film der zwiespältige Gefühle auslöst. Einige Tiroler Extremsportler haben 2007 beschlossen den Titel gebenden Berg in Alaska zu besteigen und mit Ski vom Gipfel (5.500 Meter) bis zum Meer zu fahren. Ein einzigartiges und auch lebensgefährliches Abenteuer. Begleitet wurden die Extremisten von einem Kamerateam welches das ganze Unterfangen festhielt. Die Bilder sind beeindruckend und überwältigend. Die Natur in Ihrer Unberührtheit und Reinheit Tränendrückend. Der Aufstieg und die Abfahrt sind schlicht lebensgefährlich. „Wenns gut geht, bist ein Held, wenns schief geht, bist tot." Dieser Satz des Bergsteigers und Expeditionsleiters Alex Haglich umschreibt den Wahnsinn der ganzen Aktion sehr treffend. Der Film ist auch ein weiteres Dokument des Menschen, welcher immer Neues bezwingen muss. Der Berg fungiert als Droge, Rausch und Sucht für seinen Bezwinger. Unweigerlich tauchen die Fragen nach dem „Später“ auf. Welcher Berg wird nachher erklommen, welcher Extremsport wird im nächsten Jahr gewählt um die Süchte zu befriedigen. Der Film klammert auch (absichtlich?) das soziale Umfeld der Sportler aus. Was sagen die Verwandten, Partner, eventuellen Kinder zu diesem lebensgefährlichen Unterfangen. Dies ist schade, denn so bleibt die Dokumentation einseitig und beleuchtet nur den tapferen Weg der heroischen Sportler ohne einen Blick zurück oder auf die Seite zu riskieren. Die Leistung der Tiroler bleibt unbestritten, die Schönheit der Bilder sucht seines gleichen und doch bleibt der bittere Nachgeschmack hier der Darstellung eines übergroßen Egos beizuwohnen.

Andi Bauer

 

22. November 2009

Noch drei Jahre, dann werden Wir es auch wissen.

Wohin wird unsere Welt steuern? Es gibt ja unterschiedliche Sichtweise auf die kommenden Jahre. Viele Menschen interpretieren den Maja Kalender wörtlich, welcher besagt das am 21.12.2012, die physische Welt, wie wir Sie kennen, untergehen wird. Andere wiederum glauben, dass im Jahr 2013 auf unserer Welt eine spirituelle Erweckung stattfinden wird, welche die Menschheit letztlich zum Guten führen wird. Die zweite Version hört sich eindeutig angenehmer, während natürlich die erste Version mehr Stoff fürs Kino bietet. Der deutsche Filmemacher Roland Emerich hat sich für die Verfilmung des ersten Szenariums entschieden. Emerich zählt in Hollywood zu den großen Regisseuren welche nahezu Narrenfreiheit genießen. Seine Filme erwiesen sich bis heute als höchst profitabel. Emerich arbeitet mit deutscher Gründlichkeit, liefert seine Filme pünktlich ab und hält auch das Budget ein. So was schätzt man in Hollywood, also wurden auch die 200 Millionen Dollar Produktionskosten für 2012 locker gemacht. Emerichs letzte Machwerke Independence Day, Godzilla & The Day After Tomorrow waren bereits beispiellose Zerstörungsorgien. Aber all diese Filme entpuppen sich jetzt als einfache Fingerübung angesichts der entfesselten Gewalten, welche der Kinoseher in 2012 zu sehen kriegt. Emerich, soviel sei verraten, schickt diesmal die ganze Welt über den Jordan. Vom Weißen Haus über den Vatikan bis in das Himalaja Gebirge ergießt sich die Apokalypse. Es erschüttert mit welcher Endgültigkeit Emerich den Untergang der Menschheit inszeniert. Spätestens wenn eine kilometerhohe Flutwelle den Dalai Lama persönlich hinwegfegt wird klar dass der Regisseur jenseits der „politischen korrektnes“ agiert und so genannte Gute wie Böse mit in den Abgrund reißt. Natürlich agieren auch in 2012 zwischen all den Gewalten aufrechte Helden aller Nationen und Rassen welche versuchen zu retten was zu retten ist. Aber dieser kleine Trost reicht bei weitem nicht aus. 2012 ist der gnadenloseste, mutigste und somit auch bisher beste Film des Schwaben.

 

Andi Bauer

 

 

 

4. November 2009

Sweet Gospel Music

Prefab Sprout     Let’s Change The World With Music

 

Popmusik über – “The Glory Of Music”. Das neue Album von den schottischen Popromantikern Prefab Sprout ist ein Konzeptwerk über die Schönheit von Musik und thematisiert auch die heilende & spirituelle Kraft der Musik. Wundervoll. Die Lieder wurden bereits in den Jahren 1992 & 93 aufgenommen, damals jedoch von der Plattenfirma abgelehnt – zu religiös und unverkäuflich hieß es seitens Sony-Music. Der Komponist und Sänger Paddy Mc Aloon hat jetzt die alten Bänder gesichtet, überarbeitet und veröffentlicht. Paddy McAloon ist der Kopf von Prefab Sprout und gilt unter britischen Musikern als einer der Talentiertesten und mit Abstand als der romantischste und auch mysteriöseste. McAloon glaubt unverrückbar an die Kraft der Liebe und das Gute im Menschen und er glaubt mit Musik die Welt verändern zu können wir er das bereits im Titel des Albums verkündet. „Lasst uns die Welt mit Musik verändern“ ruft uns der unverbesserliche Idealist zu. Die Lieder zu diesem Vorhaben heißen I Love Music, Music Is A Princess & Meet The New Mozart sprühen vor Liebe und Begeisterung und entzücken & betäuben den Hörer mit lieblichen und verführerischen Melodien. Dazu singt McAaloon mit Engelszungen, zärtlich, sanft und mit einer tiefen Vertrautheit in der Stimme. Let’s Change The World With Music wirkt wie Popmusik aus fremden Welten und Zeiten, träumerisch, idealistisch und fast fremdartig. Und doch steht die Musik mit einer sanften Dringlichkeit im Hier und Jetzt. Es kann die Popmusik der Stunde sein, wenn man bereit ist hinzuhören.

Einzig die Produktion klingt ein wenig antiquiert, die dominierenden Synthezeiser erinnern an den Sound der frühen 90er. Aber das sind Marginalen angesichts Liedern wie Sweet Gospel Music welche den Hörer für immer in die Arme nehmen und diesen in fremde und bessere Welten führen.   

 

My poor heart was heavy,

my poor heart was stone.

Then I heard them - they were angels,

and they were singing: 'you're not alone.'

'There is a peace

you've never known.'

Sweet gospel music

carry this boy, away from danger

 

Das singt Paddy McAloon in Sweet Gospel Music und er meint es auch so. Menschen wie Ihn, gibt es nicht mehr viele.

 

Andi Bauer

 

 

25. Oktober 2009

10.000 Euro vernünftig angelegt.



Was könnte mit 10.000 Euro so alles machen. Zum Beispiel einen Film. Einige Studenten in den USA haben einen Film mit diesem Budget gedreht. Paranormal Aktivities ist ein Film über spirituelle Erscheinungen, sprich über den Kontakt mit Verstorbenen – mit sogeannten Geistwesen. Eine Low Budget Version von The 6th. Sense. Warum dies eine Meldung wert ist mag sich so mancher fragen. Der Film ist nach 5 Wochen Laufzeit inzwischen auf Platz 1 der US Kinocharts und hat bereits 60 Millionen Dollar eingespielt und das mit verhältnismäßig wenig Kopien und ein bisschen Internetwerbung. Den Rest erledigte die Mundpropaganda. Gestartet ist der Film in 12 Kinos und wurde jede Woche aufgrund der ernormen Nachfrage auf weitere Kinos ausgedehnt und läuft jetzt in der 5. Woche in 1900 Kinos. Saw 6 ist diese Woche in über 3000 Kinos gestartet und erreichte nur Platz 2.
Ein Wunder das für Österreich nicht vorstellbar ist. In unserem Land wird ja aus Prinzip kein Film ohne Förderungen gedreht und Förderungen gibt es nur mit den richtigen politischen Verbindungen. Kein Wunder das unseres Kreativen ins Ausland flüchten. Aber wer weiß, bei uns gibt noch ein paar Kreative und vielleicht fassen diese jetzt den Mut mit wenig Geld ihre filmischen Visionen umzusetzen. Auch Peter Jackson hat vor den Herr der Ringe Filme kleinere Brötchen gebacken. Man beachte nur seinen Debütfilm Bad Taste.

Andi Bauer

24. September 2009

Quentin Tarantino - Ein verkanntes Genie?

Quentin Tarantino wird in der Filmwelt als Genie gefeiert – ein Irrtum wie ich meine. Der Beleg dafür läuft in unseren Kinos und heißt Inglourious Basterds. Ein geschwätziger Kriegsfilm welcher sich als Spaghettiwestern verkleidet hat. Bereits die Eingangsszene ist eine geschickte Kopie von Sergio Leones The Good, The Bad and the Ugly. Mit dieser Zitatenschau geht es dann weiter, welche vom Aldrichs Dreckigen Dutzend bis zu B-Western aus den 50er Jahren und deutschen Filmen aus den 30er Jahren reicht.                                   Der Film hat sensationell gut geschliffene und auch pointierte Dialoge, hervorragende Schauspieler und einzelnen Szenen welche begeistern und berauschen. Leider gelingt es Tarantino nicht das Ganze zu einem homogenen Ganzen zusammenzufügen. Hier ist das Ergebnis viel weniger als die Summe der einzelnen Teile. Ein weiterer Schwachpunkt des Streifens ist, das er nichts zu sagen hat – es gibt keine Botschaft und keinen Sinn – außer vielleicht Rache. Das ist nichts neues, kein Film des Regisseurs hat eine Botschaft. Man redet auch nicht über den Sinn eines Tarantino Films sondern über einzelnen Szenen und Dialoge und das seit seinem Erstling Reservoir Dogs. Der Film hat auch keine Aussage und alle Kenner rezitieren stolz den berühmten „Madonna Dialog“. Das alles wäre kein große Sache, wenn Tarantino nicht diesmal beschlossen hätte sein brutales Zitatenkino einem brisanten historischen Thema überzustülpen. Und um das vorwegzunehmen, das Problem liegt nicht in der frechen Geschichtsumschreibung. Es liegt am Comic-Haften Umgang mit der Geschichte. Brad Pitt und seine „Basterds“ marschieren als Gauklertruppe durch das besetzte Frankreich und haben einfach nur Spaß daran Wehrmachtssoldaten zu töten. Dasselbe gilt eigentlich für alle Anderen Figuren. Für Tarantino war der 2. Weltkrieg offenbar ein Witz über den wir alle gleich noch mal lachen können. Das über das hinaus eine Generation in den Kinos ihren Spaß hat welche noch keinen Krieg erlebt hat – was natürlich gut ist – könnte zu interessanten historischen Schlüssen führen – War ja alles nur Spaß. Das Tarantino in seinen bisherigen Filmen frech und auch geschickt aus dem Fundus der Filmgeschichte zitiert hat ist eine Sache. Aus der Historie zu zitieren eine ganz Andere. Ohne Zweifel hat Inglourios Basterds großartige Szenen und herausragende Dialoge. Christoph Waltz spielt schlicht sensationell und hätte sich den Oscar wahrlich verdient. Aber all dies lässt den unangenehmen Nachgeschmack nach dem Genuss des Werkes nicht verschwinden. Tarantino sollte sich ernsthaft überlegen ob er der Welt mehr mitzuteilen hat als geschliffene Dialoge und Comics-Hafte Gewalt. Ansonsten könnte sein filmisches Werk schneller Bedeutungslos werden als dem talentierten Regisseur dies lieb ist. Denn in der nahen Zukunft könnte es leicht möglich sein das seine Werke nur mehr als Spiegel für eine Zeit des Zynismus wahrgenommen werden.

 

Andi Bauer

 

 

Fair Trade? Nicht mit den Warner Studios

Es gilt ja mittlerweile als uncool Produkte zu kaufen welche auf dem Prinzip der Ausbeutung entwickelt werden. So gesehen müsste man ab jetzt Filme der Warner Studios boykottieren. Warner immer noch das größte Filmstudio der Welt verweigerte nämlich den Tolkien Erben Tantiemen Zahlungen für die Verfilmung des Buches „Der Herr der Ringe“ Die Begründung ist auch recht spannend. Die Filme hätten noch keinen Profit gemacht heißt es seitens Warner. Nachzulesen hier: http://www.imdb.com/title/tt0120737/news#ni0903690 Eine erstaunliche Rechnung. Die Filme haben insgesamt ca. 300 Millionen US Dollar gekostet und alleine in der Kinoauswertung 3 Milliarden Dollar eingespielt. Die Hälfte dieser Summe geht direkt an die Warner Studios – der Rest bleibt den Kinos. Dann kommen ca. noch mal so viele Dollars von DVD und TV Auswertung dazu. Wenn es den Warner Bossen nicht gelingt aus den „Herr der Ringe“ Filme Profit zu generieren kann man den Herren nur raten schleunigst den Beruf wechseln – denn sie sitzen offensichtlich am falschen Schreibtisch. Denn mit welchen Filmen wird dann bei Warner bitte schön ein Gewinn geschrieben wenn es mit diesen Filmen möglich ist? Es scheint sich um ein höchst defizitäres Unternehmen zu handeln, vielleicht kann man mit einem Spendenaufruf helfen.

Das man sich inzwischen mit den Tolkien Erben außergerichtlich geeinigt hat macht die Geschichte auch nicht weniger peinlich und weniger grauslich.

 

Andi Bauer

12. September 2009

Michael Jackson kommt nun auch nicht zum Michael Jackson Tribut

Einen schweren Schock hat die Ankündigung in der Presse ausgelöst, dass nun Michael Jackson auch nicht zum Michael Jackson Tribute in Wien/Schönbrunn kommen wird. Dies teilte sein Management mit. Nach den Absagen von Mary J. Blige – muss an einer Modeshow teilnehmen – und Chris Brown – hat seine Freundin verprügelt und kann daher nicht wie geplant „Heal the world“ singen – ist die Veranstaltung stark in die Kritik geraten und wurde in Folge dessen endgültig abgesagt. Zu Unrecht, wie Wir meinen. Dabei wollte Veranstalter Georg Kindel nach eigenen Aussagen nächste Woche noch die „echten“ und ganz großen Stars präsentieren. Kindel, der sich seit Monaten uneigennützig und selbstlos für dieses Tribute einsetzte, ist mit der Veranstaltung ein großes Risiko eingegangen. Allein die Tatsache Karten um 500 Euro zu verkaufen ohne zu wissen welche Stars kommen werden ist für den Veranstalter äußerst riskant. Man stelle sich vor die kolportierten Stars wie Madonna, U2, Lionel Richie & Whitney Houston hätten alle zugesagt – der damit verbundene Aufwand wäre für den Veranstalter schwer finanzierbar. Die müssen ja auch betreut werden und so. Und dass die Stadt Wien nur 600.000 Euro zuschießen wollte, ist auch ein bisschen knauserig – hat ja das Donauinselfest schon viel mehr gekostet und das war nicht mal für einen guten Zweck. Natürlich abgesehen von der Parteiwerbung – aber dafür haben wir auch Verständnis.

Kindel hat ganz Recht, wenn er meint, dass die Medien an der jetzigen Misere schuld seien. Die schrieben einfach, dass U2 und all die Anderen Stars vielleicht kommen werden. Die Medien hätten hier ruhig mit den Ankündigungen ein bisschen warten können. Idealerweise bis alle Karten verkauft sind oder sonst bis nach der Veranstaltung. Dann könnte man zumindest mit einer relativen Sicherheit sagen wer aufgetreten ist. Mitinitiator Jermaine Jackson - hauptberuflich Bruder von Michael - wiederum macht deutlich, dass er nichts „Negatives“ über den Event lesen oder hören will. Da hat der gute Mann auch Recht. Es gibt auch nichts Negatives zu berichten – jeder tat eh was er konnte. Und überhaupt, wer würde es wagen die Motive des guten Mannes und Veranstalter Georg Kindel zu hinterfragen.

Im Gegenteil. Hier gilt es rasch zu helfen um diesen wichtigen Event doch noch über die Bühne zu bringen. Mein Vorschlag dazu ist es, das Tribute auf jeden Fall abzuhalten, und die Lücken mit Austro-Popstars zu füllen. Die sind nicht ganz so teuer, haben Zeit und freuen sich auch mal in Schönbrunn singen zu dürfen. Es wäre auch eine hervorragende Gelegenheit einige Hits von Michael Jackson ins österreichische oder gar ins wienerische zu übertragen. Hier, das mögliuche Line up.

 

Hansi Hinterseer                        “Gemmas an”

                                  (Wanna be starting something)

Rainhard Fendrich                     “Klana Strizzi”

                                                   (Smooth criminal)

Wolfgang Ambros                      “A Horror”   (Thriller)

E.A.V.                                          “Wir kriegn net gnuag”  

                                           (Don`t stop till you get enough)

DJ Ötzi                                        “Mir is Schlecht” (Bad)

Alfons Haider & Gary Kezler   “Man in the mirror”

STS                                              „Des ghört mir“  

                                                            (The girl is mine)

Falco                                            „Heal the world“

(Das geht schon irgendwie mit der heutigen Technik)

 

Pause & großes Finale

 

Alle Austro Popstars zusammen  „Mir san Allen wurscht“

                                                        (They don`t care about us)

                                                      „Früher war alles besser“ 

                                                               (Remember the Time)

 

Zugabe

                       

Michael Häupl & Renate Brauner    „Mir san Mir“ 

                                                         (We are the world)

 

Feuerwerk und Mozartkugeln für Alle

 

Sehr geehrter Herr Kindel. Ich stelle meine Idee natürlich kostenlos zur Verfügung – ist ja für eine gute Sache und das Tribute könnte dann doch noch stattfinden. Ich ersuche nur um die Überweisung des üblichen Betrages von Euro 10.000,- für meinen Verwaltungsaufwand. Freundschaft.

 

Andi Bauer

 

 

29. August 2009

Beim Leben meiner Schwester

"Beim Leben meiner Schwester" verspricht in der Vorschau ein Film darüber zu sein, dass die Tochter von Cameron Diaz an Leukämie erkrankt ist (Kate) - und nur die zum Zwecke der Heilung dieser Tochter erzeugte weitere Tochter /Anna) ihr Leben retten kann. Diese von Abigail Breslin gespielte Tochter jedoch verklagt ihre Eltern im Alter von 11 Jahren auf ihr Recht selbst über ihren Körper entscheiden zu dürfen und ihrer todkranken Schwester Kate eben nicht die dringend benötigte Niere zu spenden...

 

Der Film selbst erzählt aus den verschiedenen Sichtweisen der Beteiligten, wie sich die Krankheit eines Familienmitglieds auf das Leben des einzelnen und die gesamte Familie auswirkt. Die Mutter, die ihre Karriere aufgibt um das Leben ihrer Tochter um jeden Preis zu retten. Der Vater, der sich in die Arbeit stürzt und diese Bürde ganz der Mutter überlässt. Der ältere Sohn, der nie beachtet wurde. Die jüngste Tochter, die ihr ganzes Leben lang als Universalspenderin für ihre Schwester herhalten musste. Und natürlich die kranke Tochter Kate selbst.

 

Nun könnte man meinen einen von Depression durchzogenen Film zu sehen. Doch eigentlich ist genau das Gegenteil der Fall. Auf geschickte Art und Weise, gepaart mit zahlreichen Rückblicken, ist dieser Film ein Plädoyer für das Leben. Und zwar für das Leben im Hier und Jetzt.

 

Trotz der alles überschattenden Krankheit und den sich dadurch ergebenden vielen Problemen ist dieser Film eben nicht durch durchwegs negativ, sondern überwiegend positiv. Es werden auch die aufkommenden ethischen Fragen diskutiert und die gegensätzlichen Standpunkte der "Parteien" gut, solide und vor allem nachvollziehbar erklärt.

 

Hervorzuheben ist, dass die kranke "Kate" so hervorragend geschminkt und gespielt wurde, dass man meint sie sei tatsächlich todkrank. Dies soll jedoch nicht davon ablenken, dass sämtliche Schauspieler ihre Rollen großartig und sehr überzeugend gespielt haben.

 

Der Film fällt in das Genre des Dramas - und natürlich fließen bei so manchen (auch glücklichen) Szenen Tränen im ganzen Kinosaal. Doch lehrt uns der Film, zu "leben" und dankbar zu sein.

Deshalb empfehle ich jeden die salzigen Tränen beim sehen dieses Films in Kauf zu nehmen um danach vielleicht ein klein wenig besser "das Salz in der Suppe des eigenen Lebens" zu erkennen.

 

Mit salzigen Grüßen...

 

Mario Grabner

 

 

 

11. August 2009

Heiß & Kalt

Public Enemies  von Michael Mann   derzeit im Kino

 

Michael Mann hat 1995 mit Heat seinen bislang besten Film gedreht. Heat ist ein dichtes, spannendes Actiondrama welches bei seinen Figuren in die Tiefe geht. Einer der besten Cop-thriller überhaupt. Sein neuer Film Public Enemies ist, wenn man so will, ein Remake von Heat. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Film auf wahren Begebenheiten basiert während Heat reine Fiktion ist. Erstaunlicherweise bleibt Heat nicht nur der bessere Film, er wirkt auch realistischer und wahrhaftiger. Die Geschichte von John Dillinger welche in Public Enemies erzählt wird ist durchwegs interessant und beinhaltet auch genug Stoff für einen Film. Publik Enemies spielt in den 30er Jahren des 20 Jahrhunderts, orientiert sich aber all zu stark sowohl im Rhythmus wie auch mit seinen Figuren an Heat. Nicht nur das Mann sich selbst zitiert und bei seinen eigenen Filmen klaut – er macht es nicht mal richtig. Johnny Depp spielt John Dillinger einen – so sagt es zumindest die Legende – sympathischen Bankräuber welcher in den 30er Jahren zum Staatsfeind Nr.1 wurde und zur Zielscheibe für das neu gegründete FBI. Der Film schafft es leider nicht für Dillinger und seine Geschichte zu begeistern. Die Raubzüge wirken routiniert und sind spannungsarm, Dillingers Beziehung zu seiner großen Liebe Billie ist flach und unglaubwürdig und die angeblich starke Loyalität unter den Gangmitgliedern wird nur angedeutet und ist nie spürbar. Johnny Depp bleibt als John Dillinger distanziert und schafft es nicht das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Noch schlimmer präsentiert sich die Gegenseite. Die FBI Agenten bleiben Gesichts und konturenlos. Angeführt von einem unsympathischen Melvin Purvis dargestellt von einem unmotivierten Christian Bale auf Autopilot.  Bale grummelt sich stoisch und emotionslos durch seine Rolle. Mit keiner Bewegung oder Mimik vermittelt der Charakter das Gefühl Dillinger fassen zu wollen. Keine Spur von einer Leidenschaft wie sie Al Pacino in Heat zeigte, und diesen Vergleich muss sich Michael Mann gefallen lassen wenn er schon ungeniert sich selbst zitiert.

So stolpern die FBI Agenten immer wieder scheinbar zufällig in Dillingers Bande und verpassen diese auch, sei es aus Schlamperei oder Inkompetenz. Christian Bale galt noch vor einigen als Hoffnungsträger – heute gönnt man ihm nur noch eine Pause und ein paar „kleine“ Filme. Regisseur Mann schafft es auch nicht seine durchwegs kompetente Darstellerriege in Szene zu setzen. Die Figuren verschwimmen in einem grauen Meer aus Mänteln, Hüten und Nebel und werden dabei von einer fahrig wackeligen Kamera verfolgt. Das einzige was beim Zuseher positiv hängen bleibt ist die hervorragende Ausstattung. Autos, Kostüme, Bauten und Einrichtungen schaffen es den Geist der 30 Jahre lebendig zu werden. Schön, aber nicht genug um einen Film als gelungen zu bezeichnen.

Das wirklich traurige an Public Enemies ist nicht etwa die verschenkte Gelegenheit sondern die schleichende Gewissheit das Regisseur Michael Mann sein kreatives Pulver inzwischen verschossen. So war sein letzter Ausrutscher Miami Vice (2006) noch verzeihliches Bubenkino mit viel Style, schönen Menschen, glatter Oberfläche, jedoch ohne Substanz. Bei Public Enemies scheint das Ende der kreativen Fahnenstange für Michael Mann jedoch endgültig erreicht zu sein. Das ist das wirkliche Drama.

 

Andi Bauer

 

 

6. August 2009

Everlasting Everything


Wilco sind derzeit die beste Band aus den USA. Seit ihrem Debütalbum 1994 hat sich die Band entwickelt, an ihren Songs geschraubt, den Sound variiert und jetzt stehen Sie plötzlich im Mittelpunkt, als Musiker welche offensichtlich alle Versprechen einlöst, auch jene die nie gegeben wurden. Das neue Album ist von einer kompakten Größe, durchdringenden Schönheit und beinhaltet eine nachhaltige Magie welche unweigerlich in den Bann zieht. Ich habe mich nach über 20 Durchläufen immer noch nicht satt gehört und freue mich, während gerade im Hintergrund deeper down von der Platte läuft bereits auf die nächste Gelegenheit in diese außergewöhnliche Musik einzutauchen. Wie in einen klaren Bergsee an einem heißen Augusttag, wo die Kombination aus frischem Wasser und strahlender Sonne die Kraft hat alle Sorgen schmelzen und vergehen zu lassen.

Das erste Lied hat den rührenden Titel Wilco ( the Song) und kommt daher, also ob ein gelaunter Neil Young versucht einen Song vom White Album der Beatles zu spielen. Im Refrain singen die Kerle „Wilco loves you“ und man glaubt ihnen sofort. Nach dem witzigen aber musikalisch noch holprigen Einstieg umschlingt der nächste Titel gleich wie die lang verloren geglaubte Lieblingsdecke an einem kalten Wintermorgen. Deeper down startet mit einer warmen akustischen Gitarre serviert bereits nach Sekunden den betörenden Refrain. Jeff Tweedy singt „deeeeper down“ und Neil Cline`s Slidegitarre nimmt den Song auf und trägt ihn in ein fernes Feenreich und den unvorsichtigen Hörer nimmt er gleich mit – für immer möglicherweise. Nach so vielen Tausenden Gitarren in der Rockmusik ist es erstaunlich das es noch Gitarristen gibt die mit einer Frische begeistern können also ob dieses Instrument gestern entdeckt wurde. One wing verweilt noch eine Weile im Feenreich während Bull Black nova aus den Träumen reist und mit verzerrt elektronischen Klängen auf den Boden zurückholt. Danach kommt der Hit der nie einer werden wir weil die Ignoranten in den Formatradiostationen schon lange für Schönheit taub sind und ihre endlose „Pink - Reamon - Lady Gaga - Schleife spielen als ob es nichts anderes gäbe. Wir wissen es natürlich besser. You an I ist ein Duett mit der großartigen Feist und einen besseren Titel für den Heimweg um drei Uhr morgens wird es heuer nicht mehr geben. Zur Einstimmung gibt’s einen Clip von einem Auftritt bei der Letterman Show.

Dann folgt noch das zärtlich zerschossene Country disappeared, das von Streichern umwebte Solitaire, das trotzig, kraftvoll hoffnungsvolle I´llfight. Sonny feeling stolpert wie ein verlorener Countryrocker durch die Platte und den Abschluß bildet das elegische Everlasting Everything. Und immer dabei Neil Clines entrücktes Gitarrenspiel. Und das ist sie aus – die neue CD von Amerikas bester Band – und man beginnt das Teil sofort wieder von Anfang zu hören. What else – würde George Clooney sagen.

Andi Bauer

1. August 2009

BRUCE

Live im Wiener Ernst Happelstadion – 5. Juli 2009

 

Sein späterer Manager Jon Landau nannte ihn  „The Future of Rock n´Roll“. Andere nennen ihn nur Bruce Springsteen und bestaunten seine kraftvollen Rocksongs, später kam die E-Street Band in Nennungen verlässlich dazu. In den 80er Jahren – wo die ganze Welt kollektiv zum Fan mutierte – nannte man den Mann schlicht und treffend den „Boss“.

Und heute, wenn er auf Tour ist und die Stadien füllt – heute nennen wir in einfach - Bruce. Wie einen guten alten Freund der auf Kurzbesuch ist. Denn seine Lieder sind inzwischen auch gute Freunde geworden. Unkapputtmachende Klassikern hat der alte Hund geschrieben. Am 5. Juli kam Bruce wieder mal nach Wien um seine Lieder zu singen und zu spielen und natürlich hatte er seine Kumpels von der E-streetband dabei. Das wenig bekannte Jacksoncage vom River Album macht den Anfang – und alle sangen mit. Mit dem darauf folgenden Badlands brachen bereits alle Dämme. Trotz verwaschenen Sound gab es kein Halten mehr. Mando Diao und all die anderen Rocker würden kollektiv Teile ihrer Gliedmassen opfern um nur EINMAL so einen Song zu schreiben. Bruce hat nicht einen, sondern dutzende solcher Lieder und er schmeißt sie verschwenderisch unters Volk und sich mit dazu. Immer wieder zieht es ihn zu den Massen. Er taucht in die Menge, lässt seine Gitarre von unzähligen Händen spielen und freut sich wie ein kleiner Bub über die euphorischen Reaktionen seiner Fans. Nach Badlands rollt Cover me über die Massen, dann folgen drei neue Titel von Working on a dream mit einem dazwischen liegenden aufgekratztem Darlington county. Ein zorniges Seeds kommentiert die Finanzkrise, Johny 99 setzt noch mehr Wut drauf. Dann, Darkness on the edge of town, Tränen, Verzweiflung, Hoffnung und Freude. Growing up vom allerersten Album wird lautstark auf den Tafeln des Publikums gefordert. Bruce sammelt die Tafeln ein und fackelt die Nummer mit Inbrunst ab. Der Kerl ist - genauso wie das Lied - seit 1972 nicht mehr gealtert. Es folgt ein gut abgehangenes Rendevous, 4th of july und because the night – das Stadion tobt. Das auf Platte schwächelnde  Sunny day mutiert zur Mitsinghymne gefolgt vom Promised land – hat auch schon 31 Jahre auf dem buckel und klingt dennoch taufrisch.

Sometimes I feel so weak I just want to explode
Explode and tear this whole town apart
Take a knife and cut this pain from my heart

Alle singen mit - Heiliger Zorn. The River spielt Bruce (fast) allein. Gitarre, Harmonika & Gänsehaut. Und so folgt Klassiker auf Klassiker. Die E- streeet band begleitet kompakt wie gewohnt und der kleine Neils Lofgren erweist sich erneut als musikalischer Direktor. Gibt es ein Seiteninstrument was der Mann nicht spielen kann? Im Grand finale werden natürlich die ewigen Gassenhauer abgefackelt. Born to run, Cadillac Ranch & Tenth Avenue Freeze. Dazwischen schreit Bruce ins inzwischen erschöpfte Publikum: We can`t Stop now“ und legt noch nach. Dancing in the dark und twist and shout aber dann ist es wirklich aus. Bruce kann sogar darauf verzichten seinen besten Song nicht zu spielen. Thunder Road glänzt durch Abwesenheit und niemand ist ihm niemand böse. Dafür spielt er meinen persönlichen Favoriten. „Bobby Jean“ - DAS Lied über Freundschaft und Abschied.

  And I'm just calling one last time not to change your mind
But just to say I miss you baby, good luck goodbye, Bobby Jean”

Und wieder geweint - Wer kann diesem Mann live das Wasser reichen?

„Nobody in this universe“

 

Andi Bauer

 

20. Juli 2009

Entzaubert

Harry Potter und der Halbblutprinz

 

Es sei an dieser Stelle noch mal ausdrücklich erwähnt. Joanne K. Rowlings Harry Potter Bücher sind wunderbar, haben Kinder zum lesen inspiriert und sowohl jung wie alt begeistert. Und wenn die Filme bewirken, dass dadurch Menschen wieder mehr zu den Bücher greifen kann man sich darüber nur freuen. Ob die aktuelle Hary Potter Verfilmung Menschen zum lesen anregt darf jedoch aufrecht bezweifelt werden. Natürlich ist es unmöglich ein 500 Seiten starkes Buch seitengerecht auf die Leinwand zu bringen. Es wäre jedoch wünschenswert das sich die Produzenten auf Aspekte des Buches konzentriert hätten welche die Tiefe der Charaktere mehr ausleuchtet und auch die Geschichte als solches weitererzählt. Rowlings Bücher sind eben eine Serie und mit jedem Band wurden die Figuren vertieft und die Motive der einzelnen klarer herausgearbeitet. Im sechsten Band „Der Halbblutprinz“ erfahren wir erhellendes über Nevilles Geschichte (essentiell für das siebte Buch), umfangreiches über Voldemorts Vergangenheit, über seine Eltern und seine Wandlung zum Bösen (unverzichtbar) und über Harry`s persönlichen Rückzug und schwellender Streit mit seinen Freunden. All dies ignoriert der Film, stattdessen wird effektvoll eine Brücke zerstört (kommt nicht im Buch vor) und der Zuseher mit kindischen Witzen und Teenager Klamauk belästigt. Man hat den Eindruck das Frau Rowling schon lange keinen Einfluss auf die Entwicklung der Filme mehr hat und die Macher nicht mal das siebte Buch gelesen haben. Die jetzt ignorierten Handlungsstränge werden bei der Verfilmung des siebten Bandes bitter fehlen.

Hollywood hat einfach übersehen das die Harry Potter Buchreihe mit ihren Lesern gereift ist und die Bücher mit jedem Band erwachsener wurden. Anscheinend versucht man mit dem neuen Film immer noch den Allerjüngsten zu gefallen – ein fataler Fehler. Die Potterbücher sind schon lange keine Kinderbücher mehr und es wäre wünschenswert die Filme auch für denkende Erwachsene zu konzipieren. So ist der Halbblutprinz eine leidlich spannende Fantasiegeschichte welche es allen recht machen will und dadurch zwischen den Stühlen hängen bleibt. Regisseur David Yates darf man keinen Vorwurf machen. Der Brite ist nur das Feigenblatt für die Produzenten aus Hollywood welche die Fäden im Hintergrund ziehen und darauf achten ihre erfolgreiche Serie weiterhin in gewinnbringende Häfen zu steuern. Das Rekordergebnis am Startwochenende - weltweites Einspiel von 400 Millionen Dollar in den ersten 5 Tagen – wird die Herren bezüglich ihren fragwürdigen inhaltlichen Entscheidungen vermutlich weiter bestärken. Leider.

 

Andi Bauer