Kleine „Ösis“ ganz groß
Oder warum der Jubel Österreichs über die Golden Globes Erfolge
Ich liebe unser Land und vor allem die Österreicher. Die grantigen Wiener, die hochmütigen Salzburger, die sturen Tiroler, entfremdeten Vorarlberger, die entspannten Oberösterreicher, die vergessenen Burgenländer, die ländlichen Niederösterreicher, die geselligen Steirer und die lustigen Kärntner. Wir sind schon ein tolles Volk und auch recht gemütlich, wenn nicht gerade ein Deutscher in Kitzbühel das Skirennen gewinnt.
Aber das alles ist nicht so schlimm, denn Wir sind „Oscar“. Bald und immer noch. Vor zwei Jahren hat „Der Fälscher“ die goldene Statue heimgebracht – das wirkt immer noch positiv aufs Gemüt – und für heuer stehen Michael Haneke und Christoph Waltz in den Startlöchern. Der Jubel und Trubel in den heimischen Medien war groß als beide mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurden. Waltz für seine schauspielerische Leistung in Inglourious Basterds und Haneke für seine Regiearbeit Das weiße Band. Die Preise wurden zu Recht an die beiden Österreicher vergeben. Waltz spielt brillant in Tarantinos WK2/Spaghettiwestern-Bastard und Haneke ist derzeit Österreichs bester Regisseur – ohne Zweifel. Unberechtigt ist jedoch der mediale Wirbel in den heimischen Blättern, ohne die Spur einer kritischen Selbstreflexion. So wurde schon Die Fälscher zu zwei Drittel durch deutsche Gelder finanziert und wird bis heute, hierzulande als alleiniger österreichischer Erfolg gefeiert. Noch trauriger zeigt sich die Situation bei der Karriere von Christoph Waltz. Der Vollblutschauspieler musste vor 20 Jahren nach Deutschland auswandern, da es in der Heimat schlicht keine Rollenangebote für ihn gab. Das sich die „Ösis“ jetzt den Erfolg von Waltz um die Schultern hängen ist umso peinlicher. Jemand könnte ja die Frage stellen, was die österreichische Filmwirtschaft konkret zu dessen jetzigem Erfolg beigetragen hat. Es ist schon richtig putzig, dass der ORF den alten Schauspiellehrer von Waltz ausgegraben hat und dieser im Interview von der großen Begabung seines ehemaligen Schülers faselt. Christoph Waltz hatte offensichtlich keine Zeit für die heimischen Kameras. Bei Haneke verhält es sich nicht anders. Der Regisseur lebt schon seit Ewigkeiten in Frankreich und arbeitet mit deutschen und französischen Geldern um seine Filme zu verwirklichen. Seine Filme sind europäisch und das einzige was auf Österreich zurückführt, ist Hanekes Herkunft – und das ist noch keine Leistung. Es wiederholt sich, was sich bei Schwarzenegger und Falco schon abspielte. Wer es im Ausland schafft wird (wieder) zuhause geliebt.
Waltz und Haneke ertragen die derzeitige Vereinahmung der österreichischen Szene tapfer und geduldig. Peinlich ist es trotzdem. Es ist ja nicht so, dass es in Österreich keine Filmrollen oder kein Budget gäbe. Dieses ist nur in den Händen der Kulturmafia und die wenigen Schauspieler die am Tropf hängen, dürfen dann in all den kleinen Ösi-Filmen spielen und begegnen sich ständig einander. Nennen Sie einen Düringer-Film in dem Alfred Dorfer nicht mitspielt und umgekehrt. Haneke und Waltz waren offensichtlich nie ein Teil dieser Verhaberung, und so blieb nur der Weg ins Ausland. Dass gerade diese österreichische Kulturszene den jetzigen Erfolg der Beiden für sich beansprucht ist natürlich blanker Zynismus, gehört jedoch zur österreichischen Folklore. Pragmatismus und Opportunismus, das hat schon Helmut Qualtinger im großartigen „Herrn Karl“ festgestellt, sind hierzulande legitime Werkzeuge für die Bewältigung der Widrigkeiten des Lebens. Das die beiden Preisträger diese Umstände milde lächeln ertragen ist möglicherweise auf eine weitere österreichische Tugend zurückzuführen. Durchtauchen und Aussitzen – alles geht wieder vorbei.
Andi Bauer
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