Gedanken zum Film Gamer von Mark Neveldine & Brian Taylor
Angenommen, Sie spielen einen „Ego-Shooter“ auf Ihrer Konsole – ach so, Sie spielen keine Computerspiele – dann können Sie den ersten Absatz getrost überspringen. Für alle Anderen. Sie spielen eine realistischen „Ego-Shooter“ schalten alle Feinde aus und kämpfen sich bis zum Endgegner vor, welcher sich als Memme herausstellt und von einem einbeinigen Pazifisten besiegt werden könnte. Ungefähr so fühlt man sich nach dem Film Gamer.
Ein attraktiver Charakter kämpft sich durch eine provokant, interessante Geschichte und wird dabei von einer halsbrecherisch aggressiven Regie regelrecht durch den Film geblasen, um am Ende dann vom Drehbuch verraten zu werden. Diese Luschen von Regisseuren wollten cool sein und schafften es nicht, ihren anfänglichen Mut konsequent ins Ziel zu bringen und verschenken damit eine tolle Geschichte. Aber genug des Ärgers, das Thema von Gamer ist zwar nicht neu aber immer noch wichtig.
In einer nicht so fernen Zukunft wird die Bevölkerung durch moderne Gladiatorenkämpfe mit realen Menschen via TV ruhig gestellt. Funktioniert ja seit den Römern recht gut. Im Film wurde das Thema bereits 1988 mit Arnold Schwarzenegger in Runnig Man erfolgreich abgefackelt, wie auch zuvor in Rollerball (1975). Es folgten weitere Filme zum Thema und gipfelten in Death Race mit Jason Statham (2008). Gamer nimmt das Grundthema „Verblödung der Massen“ auf und führt es in eine nicht all zu ferne und erschütternde Zukunft. „Second Life“ – das Steuern eines zweiten, digitalen Ichs in einer virtuellen Welt hat sich weiterentwickelt. Nun können Menschen andere Menschen fernsteuern, welche willenlos allen Befehlen gehorchen.
Die „Spieler“ können mittels Gehirnmanipulation mit realen Menschen „spielen“ und schicken somit zum Tode verurteilte Sträflinge in den Ring um sich gegenseitig abzuschlachten. Und Milliarden sehen begeistert zu. Wenn einer der Gefangenen 30 Runden überlebt winkt die Freiheit. Kable (Gerard Butler) steht bereits in der 27. Runde und scheint unbesiegbar, das darf natürlich nicht sein und die Show Produzenten mischen sich ein.
Gamer zeigt eine Welt welche in einer Zeit der Internetsucht und der immer extremer werdenden Reality Shows nicht mehr so fern scheint. Der Film versorgt den Zuseher mit schmerzhaften, extremen Bilder und Schnitten welchen das menschliche Auge nicht mehr folgen kann. Die Actionszenen wirken nicht zufällig wie ein Computerspiel mit Verzerrungen, Rauschen, Verwacklungen und verrückten Schnitten und Kameraeinstellungen. Es ist nur konsequent, dass die Regisseure durch ihren Stil eine völlig entfremdete Welt schaffen welche den Zuseher nur mehr anekelt - Wir sind am besten Weg dorthin. Gamer ist visionäres Actionkino welches vom Zuseher viel abverlangt und die Grenzen der Realität schmerzvoll dehnt. Könnte ein großer Film sein wenn die Kerle das Ende nicht verschenkt hätten – Aber das sagte ich bereits. Das Thema der Vergnügungssucht, des Voyeurismus und der Abhängigkeit von den neuen elektronischen Medien bleibt jedoch brandaktuell. Und was hat das mit uns zu tun? Eigentlich nicht viel. Denn wir haben ja bereits zwei Internetfreie Tage in der Woche für uns eingeführt und auch gelernt nicht ständig unsere e-mails abzurufen. Wir schalten das Handy aus, und heben nicht jedes Mal ab wenn jemand anruft. Ständig erreichbar sein zu müssen, haben wir gegen lange Spaziergänge ohne Handy ausgetauscht. Von Dieter Bohlen haben wir noch nie was gehört und Reality Shows im TV noch nie gesehen. Puh, noch mal Glück gehabt. Aber die „Anderen“ – die wird es leider voll erwischen.
Andi Bauer
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