31. Januar 2010

Sunday Morning Coming Down - Die Musik & Filmkolumne am Sonntag

Kleine „Ösis“ ganz groß

Oder warum der Jubel Österreichs über die Golden Globes Erfolge von Christoph Waltz und Michael Haneke einer kritischen Prüfung Bedarf.

Ich liebe unser Land und vor allem die Österreicher. Die grantigen Wiener, die hochmütigen Salzburger, die sturen Tiroler, entfremdeten Vorarlberger, die entspannten Oberösterreicher, die vergessenen Burgenländer, die ländlichen Niederösterreicher, die geselligen Steirer und die lustigen Kärntner. Wir sind schon ein tolles Volk und auch recht gemütlich, wenn nicht gerade ein Deutscher in Kitzbühel das Skirennen gewinnt.

Aber das alles ist nicht so schlimm, denn Wir sind „Oscar“. Bald und immer noch. Vor zwei Jahren hat „Der Fälscher“ die goldene Statue heimgebracht – das wirkt immer noch positiv aufs Gemüt – und für heuer stehen Michael Haneke und Christoph Waltz in den Startlöchern. Der Jubel und Trubel in den heimischen Medien war groß als beide mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurden. Waltz für seine schauspielerische Leistung in Inglourious Basterds und Haneke für seine Regiearbeit Das weiße Band. Die Preise wurden zu Recht an die beiden Österreicher vergeben. Waltz spielt brillant in Tarantinos WK2/Spaghettiwestern-Bastard und Haneke ist derzeit Österreichs bester Regisseur – ohne Zweifel. Unberechtigt ist jedoch der mediale Wirbel in den heimischen Blättern, ohne die Spur einer kritischen Selbstreflexion. So wurde schon Die Fälscher zu zwei Drittel durch deutsche Gelder finanziert und wird bis heute, hierzulande als alleiniger österreichischer Erfolg gefeiert. Noch trauriger zeigt sich die Situation bei der Karriere von Christoph Waltz. Der Vollblutschauspieler musste vor 20 Jahren nach Deutschland auswandern, da es in der Heimat schlicht keine Rollenangebote für ihn gab. Das sich die „Ösis“ jetzt den Erfolg von Waltz um die Schultern hängen ist umso peinlicher. Jemand könnte ja die Frage stellen, was die österreichische Filmwirtschaft konkret zu dessen jetzigem Erfolg beigetragen hat. Es ist schon richtig putzig, dass der ORF den alten Schauspiellehrer von Waltz ausgegraben hat und dieser im Interview von der großen Begabung seines ehemaligen Schülers faselt. Christoph Waltz hatte offensichtlich keine Zeit für die heimischen Kameras. Bei Haneke verhält es sich nicht anders. Der Regisseur lebt schon seit Ewigkeiten in Frankreich und arbeitet mit deutschen und französischen Geldern um seine Filme zu verwirklichen. Seine Filme sind europäisch und das einzige was auf Österreich zurückführt, ist Hanekes Herkunft – und das ist noch keine Leistung. Es wiederholt sich, was sich bei Schwarzenegger und Falco schon abspielte. Wer es im Ausland schafft wird (wieder) zuhause geliebt.

Waltz und Haneke ertragen die derzeitige Vereinahmung der österreichischen Szene tapfer und geduldig. Peinlich ist es trotzdem. Es ist ja nicht so, dass es in Österreich keine Filmrollen oder kein Budget gäbe. Dieses ist nur in den Händen der Kulturmafia und die wenigen Schauspieler die am Tropf hängen, dürfen dann in all den kleinen Ösi-Filmen spielen und begegnen sich ständig einander. Nennen Sie einen Düringer-Film in dem Alfred Dorfer nicht mitspielt und umgekehrt. Haneke und Waltz waren offensichtlich nie ein Teil dieser Verhaberung, und so blieb nur der Weg ins Ausland. Dass gerade diese österreichische Kulturszene den jetzigen Erfolg der Beiden für sich beansprucht ist natürlich blanker Zynismus, gehört jedoch zur österreichischen Folklore. Pragmatismus und Opportunismus, das hat schon Helmut Qualtinger im großartigen „Herrn Karl“ festgestellt, sind hierzulande legitime Werkzeuge für die Bewältigung der Widrigkeiten des Lebens. Das die beiden Preisträger diese Umstände milde lächeln ertragen ist möglicherweise auf eine weitere österreichische Tugend zurückzuführen. Durchtauchen und Aussitzen – alles geht wieder vorbei.

Andi Bauer

28. Januar 2010

Über die Kunst CDs anzuhören

Es gibt ja angeblich noch Menschen die CDs kaufen. Für diese verschwindende Minderheit stellt sich regelmäßig die Frage, nach dem korrektem WIE. Wie höre ich mir meine neue CD am besten an. Der großartige Gil Scott-Heron (Rapper, Musiker, Innovator, Revoluzzer & Buchautor) hat ein neues Album veröffentlicht und mit diesem eine Anleitung Musik „richtig“ zu hören mitgeliefert:

 

There is a proper procedure for taking advantage of any investment.

Music, for example. Buying a CD is an investment.

To get the maximum you must

 

LISTEN TO IT FOR THE FIRST TIME UNDER OPTIMUM CONDITIONS

 

Not in your car or on a portable player through a headset.

Take it home.

Get rid of all dstractions, (even her or him).

Turn off your cell phone.

Turn off everything that rings or beeps or rattle or whistles.

Make yourself comfortable.

Play your CD.

LISTEN all the way through.

Think about what you got.

Think about who would appreciate this investment.

Decide if there is someone to share this with.

Turn it on again.

Enjoy yourself

 

Gil Scott-Heron

 

Hört sich viel versprechend aber auch schwierig an. Ist aber sicher einen Versuch wert.

Viel Freude mit der Musik – welche auch immer bei Euch läuft - wünscht

 

Andi Bauer

 

27. Januar 2010

CD des Monats zu gewinnen

Liebe Film & Musikfreunde

An dieser Stelle eine Mitteilung in eigener Sache. Ich möchte mich bei allen Blog-Lesern für die rege Teilnahme an „meiner“ Musik & Filmwelt bedanken. Im Besonderen geht der Dank an jene, welche bereits begonnen haben meinen Blog mit „missionarischem“ Eifer weiter zu empfehlen. Die soll nicht unbelohnt bleiben. Ab jetzt gibt es für jede Empfehlung die Möglichkeit die CD des Monats zu gewinnen. Die Teilnahme an der Verlosung ist einfach. Schreibt ein kurzes E-Mail an andibauer@goodatwise.com mit dem Betreff „Verlosung“ und der E-Mail Adresse des neu gewonnenen Blog-Lesers. Name wäre schön, ist aber nicht Pflicht. Manche bleiben gerne anonym. Der neue Blog-Leser wird in meinen Verteiler aufgenommen und kriegt dann regelmäßig per E-mail Nachrichten über aktuelle Blog-Einträge. Alle Mails welche bis 1. Februar 2010 an mich gehen nehmen an der Verlosung zur CD des Monats teil.

Diese ist im Monat Jänner: The XX.

Der Links - und Rechtsweg ist ausgeschlossen – ab durch die Mitte.

Für weitere Fragen, einfach schreiben

Andi Bauer

24. Januar 2010

Wodka, Reisschnaps und blauhäutige Aliens

Was sich schon seit Wochen abzeichnet ist jetzt geschehen. AVATAR ist seit diesem Wochenende der erfolgreichste Film aller Zeiten und hat den 13 Jahre alten Rekord von TITANIC eingestellt und das nach nur sechs Wochen Laufzeit. Was wird erst geschehen, wenn der Film noch Oscars gewinnt. In den FOX Studios wird fieberhaft gegrübelt, wie man die Dollars an der Steuer vorbeischwindelt, und mit Regisseur James Cameron verfahren soll. Wer will diesem Mann in Zukunft noch irgendeinen Wunsch abschlagen oder ein noch so astronomisches Budget nicht bewilligen. Der Mann hat jetzt grenzenlose Narrenfreiheit beim filmemachen. Ich werde an dieser Stelle nicht nach den Ursachen für diesen immens Erfolg forschen, sondern auf einige erstaunliche Begleitumstände für den Erfolg des Films hinweisen. Es waren nicht die traditionellen Kinohochburgen welche zu diesem Erfolg führten. Obwohl der Film ausgezeichnet in den USA, GB, Deutschland und Japan läuft bricht AVATAR gerade in den Ländern Rekorde, welche nicht auf der „Roadmap“ der großen Filmstudios stehen.

Ein paar Zahlen (in Millionen US Dollar). 90 in Russland, im Vergleich viermal soviel was der letzte Harry Potter dort umsetze. Trotz des Umstandes das der Film dort verboten wurde, 75 in China. 115 im traditionellen Hollywoodfeindlichen Frankreich. 14 im kleinen Dänemark und 70 Mille in Australien. AVATAR krempelt die globale Kinolandschaft um, und schafft neue Märkte und ein neues Kinobewusstsein. Das Vorurteil, dass in Russland und China eh nur schwarz gebrannte DVDs konsumiert werden, ist mit diesen Zahlen vorläufig vom Tisch.

Andi Bauer

Sunday Morning Coming Down - Die Kolummne am Sonntag


(Photos von Mario Grabner)

Hilft das Ausschütteln von Katzen gegen Liebeskummer?

Gestern, gab die deutsche Band Element of Crime ein wunderbares, herzerwärmendes und berührendes Konzert im Innsbrucker Hafen.


Musikalisch pendelt die Band geschickt zwischen Karnevalsmusik, kauzig teutonischem Folkpop und besoffenen französischen Chansons. Das neue Album hat sogar einen in Whiskey getränkten Schuss Country. Beim Konzert servierte Sänger & Texter Sven Regener nonchalant und spitzbübisch seine Weisheiten, über die Liebe und das Leben, spielt dabei lässig seine Gitarre und Trompete und ruderte bisweilen mit den Armen wie ein betrunkener Matrose. Köstlich & Klug der Mann. Die Band agierte dabei zurückhaltend, entspannt und souverän. Viel bedeutender ist jedoch Regeners Bemühen seit 25 Jahren, das Phänomen der Liebe und insbesondere des Liebeskummers in Worte zu fassen und gemeinsam mit seinen Mitmusikern in Melodien zu zwängen. Ein – und das wissen wir alle – natürlich unmögliches Unterfangen, welches jedoch bei Element of Crime zu teils beachtlichen Ergebnissen führte. Die Band beherrscht das Thema und hat einfach die besten und auch klügsten Liebeslieder im deutschsprachigen Raum. Das Meisterstück von E.O.C. zu diesem großen Thema ist, und daran gibt es keinen Zweifel, Weißes Papier vom gleichnamigen Album aus dem Jahre 1993. Denn bei diesem Lied gelang das Unmögliche. Weißes Papier beschreibt die unstillbare Sehnsucht nach einem geliebten Menschen, begleitet von der Gewissheit, dass es für immer vorbei ist und man den Anderen trotz verzweifelter Versuche doch nicht vergessen kann. Dieses Gefühl haben Element Of Crime eingefangen, in ein Lied gegossen, verpackt und für ewig verschweißt. Ein ähnliches Kunststück als ob jemand in der Lage wäre Wolken, Sonnenstrahlen oder die Tränen Gottes einzufangen.

Ich nehm deine Katze und schüttel sie aus
Bis alles herausfallt
Was sie jemals aus meiner Hand fraß

Spater klopf ich noch den Teppich aus
Und find ich ein Haar von mir darin
Dann steck ich es einfach ein
Nichts soll dir böse Erinnerung sein
Verraten, was ich dir gewesen bin
Sag nicht, daß das gar nicht nötig war
Denn schmerzhaft wird es erst hinterher
Wenn wieder hochkommt, was früher mal war
Dann lieber so rein und so dumm sein
wie weißes Papier

Regener singt die Zeilen wie ein gebrochener Mensch, der um sein letztes Bisschen Würde ringt und versucht, sich mit größter Mühe, die positiven Begleitumstände vor Auge zu führen. Wobei wir alle wissen – die Mär vom Positiv denken und dem Glück im Unglück funktioniert bei gebrochenen Herzen nicht. Am Ende setzt dann noch die Trompete ein, traurig und einsam als ob sie nicht zum Lied gehört.


Nicht mal das Meer darf ich wiedersehen
Wo der Wind deine Haare vermisst
Wo jede Welle ein Seufzer
Und jedes Sandkorn ein Blick von dir ist
Am liebsten wär ich Astronaut
Und flöge auf Sterne, wo gar nichts vertraut
Und versaut ist durch eine Berührung von dir
Ich werd nie mehr so rein und so dumm sein
wie weißes Papier

Schöner war Weinen nie.

Auch gestern wurde das Lied gespielt und in einem Atemzug wurden Herzen gebrochen und geheilt. Trotz, der so oft tieftraurigen Lieder, waren beim Konzert nur glückliche Gesichter zu entdecken. Vielleicht war es das Glück von Menschen, welche sich in diesem Augenblick verstanden fühlten. Bis zum endgültigen großen Glück gilt jedoch weiterhin: Durchhalten, Element of Crime hören und die Katze schütteln und schütteln und schütteln……

Andi Bauer





17. Januar 2010

Sunday Morning Coming Down - Die Kolumne am Sonntag

BACK IN BLACK

 

Back in Black - ein toller Titel für eine Kolumne. Natürlich von AC/DC geborgt, von Ihrem Comeback Album, welches nach dem tragischen Tod ihres Sängers Bon Scott 1980 erschien. Back in Black passt jedoch auch zu den endlosen Versuchen der Musikindustrie Kapital aus bereits verstorbenen Künstlern zu schlagen. Die Leichenfledderei um Michael Jackson lassen wir mal außen vor, die sprengt jeden Rahmen. 2010 - wieder mal - aktuell in den Regalen: Best of CDs und diverse Sammelboxen zum 75er von Bruder Elvis. Wobei, der ganze Trommelwirbel der Plattenfirma nichts hilft. Die aktuellen Elvis Produkte rauschen beim Konsumenten unbeachtet vorbei. Nichts gegen die Musik des „King of Rock N`Roll“. Aber nach gefühlten 100 unterschiedlichen Best Of CDs kann man getrost feststellen: Wer gestern Titel wie Heartbreak Hotel, Suspicious Mind oder Hound Dog nicht im Regal stehen hatte,  der braucht diese heute auch nicht mehr – Think about it. Bei Elvis hat es die Musikindustrie einen Tick zu weit getrieben. Jedes Jahr ein neues Jubiläum mit neuen Best Of CDs, mit denselben alten Liedern – Gut aber „Gähn“. Das hat sich der King nicht verdient. Umso schlimmer wird die Angelegenheit durch den Umstand,  dass Elvis zum Zeitpunkt seines Todes (1977) sein kreatives Pulver schon lange verschossen hatte. Sein letztes gutes Album lag bereits sieben Jahre zurück (From Elvis in Memphis), die Hits waren bereits dünn gesät und die peinlichen Auftritte in Las Vegas taten ein Übriges um die lebende Legende zu zerstören. Dass heute - 30 Jahre später - vieles verklärt wird, liegt in der Natur der Sache, täuscht jedoch nicht über den Umstand hinweg, dass das Gesamtwerk von Elvis Presley eine dringende Evaluierung aus einer sicheren Distanz benötigt. Dies gilt übrigens auch für das Werk von Johnny Cash, wobei seine Geschichte fasst diametral zu Elvis  verläuft. Das Frühwerk der Country-Ikone pendelt zwischen Banalität und Genialität. In den 60er Jahren  bescherte Er der Menschheit sensationelle Livealben von Auftritten in Gefängnissen. In den 70er und 80er Jahren produzierte der Mann nahezu unerträglichen Country-Kitsch. Es war die Zeit von 1994 bis 2003, in welcher der alte Hund das spektakulärste Comeback seit Lazarus hinlegte. Unter der Produzentenregie des smarten und geschmacksicheren Rick Rubin produzierte Cash fünf Alben welche sich wie Monolithen in die jüngere Musikgeschichte setzten. Die fünf American Recordings Alben sind makellos, zeitlos und Unverzichtbar. Cash schaffte es mit Mischungen aus eigenen Liedern, Traditionellem und Coverversionen bekannter Popsongs, sowohl Jung & Alt, wie auch Käufer und Kritiker zu begeistern. Die Interpretationen der Lieder zwischen düsteren Country und zerschossenen Folk sind umwerfend und atmosphärisch zwingend. Nur wenige konnten sich der Aura des Johnny Cash und dieser Musik entziehen. Der todkranke Mann sang mit einer Stimme, welche Berge versetzten konnte über die letzten großen Themen: Gott, das Leben, die Liebe, die Sünde und der Tod. Und er wusste wovon er in seinen Liedern erzählte. Sein Blick zurück war weder verklärend noch pathetisch, und beseelt von Dankbarkeit. Sein Ausblick voller Hoffnung und Wahrhaftigkeit. Johnny Cash war in dieser Phase seiner langen Karriere cool und integer und die Fans freuten sich auf neue Alben des „Man in Black“. Sein Tod 2003 kam vielleicht nicht zu früh – Cash war bereits viele Jahr schwer krank – wurde jedoch von der sicheren Erkenntnis begleitet, dass seine künstlerische Auferstehung zu spät kam. Mehr Alben, gleich seinem Spätwerk hätte man sich gewünscht. Unter diesen Umständen wird die Meldung, dass im Februar ein (allerletztes?) Album von Johnny Cash erscheint mit Wohlwollen und Begeisterung aufgenommen. Aufgenommen kurz vor seinem Tod und natürlich mit Rick Rubin am Mischpult. Man hört unter Anderem von Neuinterpretationen von Sheryl Crows  „Redemtion“, Kris Kristoffersons „For the good Times“ und Bob Dylans „Satisfied Mind“, aus dessen missverstandener Gospelphase. Wir freuen uns darauf. Denn, es ist allgemein bekanntNo Cash – No Hope. In diesem Sinne gibt es viel Hoffnung für 2010.

Andi Bauer

 

 

 

11. Januar 2010

OBEN - Von Pensionisten und Pfadfindern die auf Reisen gehen

Seit 14 Jahren produziert die Firma Pixar anspruchsvolle Animationsfilme. OBEN bildet hier keine Ausnahme. Viele Filmfreunde glauben immer noch, dass die die Werke der Firma Pixar für Kinder gemacht sind. Das Gegenteil ist der Fall, die Filme richten sich eigentlich an Erwachsene und sind außerdem kindgerecht. Es ist schon lange nicht mehr peinlich einen Pixarfilm als Erwachsener zu sehen und diesen auch zu mögen. Während sich die meisten Firmen in Ihren Animationsfilmen auf niedliche und sprechende Tiere in den Hauptrollen verlassen, gehen die Kreativen von Pixar immer den riskanten Weg mit neuen und mutigen Ideen. Wer würde sonst auf die Idee kommen die Hauptrolle eines Abenteuerfilms mit einen 78jährigen Pensionisten zu besetzten. Der Prolog von OBEN erzählt in wenigen Minuten und mit eindringlichen Bildern die Geschichte eines Lebens. Das Leben von Carl und Ellie, welche sich als Kinder begegnen, sich verlieben, heiraten und erfahren müssen dass sie kinderlos bleiben müssen. Eine brilliante und tiefgehende Einleitung zur Geschichte, welche gänzlich ohne Worte auskommt. Nach dem Tode seiner geliebten Frau entschließt sich der inzwischen ergraute Carl den großen Lebenstraum von Ellie zu verwirklichen. Eine Reise nach Südamerika. Zu diesem Zweck baut er sein Haus in einen Heißluftballon um, zeigt allen eine lange Nase, und hebt buchstäblich ab. Einzig den ehrgeizigen Pfadfinder Russell hat Carl übersehen.

Dieser wird zu einem unfreiwilligen Reisebegleiter und entwickelt sich zur größten Herausforderung für den grantigen Rentner. Der Film erzählt nicht nur das Abenteuer von der Erfüllung eines Lebenstraums, sondern behandelt auch die Begegnung der Generationen. Mit Sensibilität werden der missmutige Rentner und der übermutige Pfadfinder aufeinander losgelassen. Die nachvollziehbare Wandlung beider wird ohne Kitsch und Pathos erzählt. Ein wunderbarer Film über das Reisen, Leben, Lieben und Lernen. Jetzt auf DVD erhältlich.



Andi Bauer

10. Januar 2010

Sunday Morning Coming Down - Computerspielfilm

Gedanken zum Film Gamer von Mark Neveldine & Brian Taylor

(Trailer findet ihr hier)

Angenommen, Sie spielen einen „Ego-Shooter“ auf Ihrer Konsole – ach so, Sie spielen keine Computerspiele – dann können Sie den ersten Absatz getrost überspringen. Für alle Anderen. Sie spielen eine realistischen „Ego-Shooter“ schalten alle Feinde aus und kämpfen sich bis zum Endgegner vor, welcher sich als Memme herausstellt und von einem einbeinigen Pazifisten besiegt werden könnte. Ungefähr so fühlt man sich nach dem Film Gamer.

Ein attraktiver Charakter kämpft sich durch eine provokant, interessante Geschichte und wird dabei von einer halsbrecherisch aggressiven Regie regelrecht durch den Film geblasen, um am Ende dann vom Drehbuch verraten zu werden. Diese Luschen von Regisseuren wollten cool sein und schafften es nicht, ihren anfänglichen Mut konsequent ins Ziel zu bringen und verschenken damit eine tolle Geschichte. Aber genug des Ärgers, das Thema von Gamer ist zwar nicht neu aber immer noch wichtig.

In einer nicht so fernen Zukunft wird die Bevölkerung durch moderne Gladiatorenkämpfe mit realen Menschen via TV ruhig gestellt. Funktioniert ja seit den Römern recht gut. Im Film wurde das Thema bereits 1988 mit Arnold Schwarzenegger in Runnig Man erfolgreich abgefackelt, wie auch zuvor in Rollerball (1975). Es folgten weitere Filme zum Thema und gipfelten in Death Race mit Jason Statham (2008). Gamer nimmt das Grundthema „Verblödung der Massen“ auf und führt es in eine nicht all zu ferne und erschütternde Zukunft. „Second Life“ – das Steuern eines zweiten, digitalen Ichs in einer virtuellen Welt hat sich weiterentwickelt. Nun können Menschen andere Menschen fernsteuern, welche willenlos allen Befehlen gehorchen.

Die „Spieler“ können mittels Gehirnmanipulation mit realen Menschen „spielen“ und schicken somit zum Tode verurteilte Sträflinge in den Ring um sich gegenseitig abzuschlachten. Und Milliarden sehen begeistert zu. Wenn einer der Gefangenen 30 Runden überlebt winkt die Freiheit. Kable (Gerard Butler) steht bereits in der 27. Runde und scheint unbesiegbar, das darf natürlich nicht sein und die Show Produzenten mischen sich ein.

Gamer zeigt eine Welt welche in einer Zeit der Internetsucht und der immer extremer werdenden Reality Shows nicht mehr so fern scheint. Der Film versorgt den Zuseher mit schmerzhaften, extremen Bilder und Schnitten welchen das menschliche Auge nicht mehr folgen kann. Die Actionszenen wirken nicht zufällig wie ein Computerspiel mit Verzerrungen, Rauschen, Verwacklungen und verrückten Schnitten und Kameraeinstellungen. Es ist nur konsequent, dass die Regisseure durch ihren Stil eine völlig entfremdete Welt schaffen welche den Zuseher nur mehr anekelt - Wir sind am besten Weg dorthin. Gamer ist visionäres Actionkino welches vom Zuseher viel abverlangt und die Grenzen der Realität schmerzvoll dehnt. Könnte ein großer Film sein wenn die Kerle das Ende nicht verschenkt hätten – Aber das sagte ich bereits. Das Thema der Vergnügungssucht, des Voyeurismus und der Abhängigkeit von den neuen elektronischen Medien bleibt jedoch brandaktuell. Und was hat das mit uns zu tun? Eigentlich nicht viel. Denn wir haben ja bereits zwei Internetfreie Tage in der Woche für uns eingeführt und auch gelernt nicht ständig unsere e-mails abzurufen. Wir schalten das Handy aus, und heben nicht jedes Mal ab wenn jemand anruft. Ständig erreichbar sein zu müssen, haben wir gegen lange Spaziergänge ohne Handy ausgetauscht. Von Dieter Bohlen haben wir noch nie was gehört und Reality Shows im TV noch nie gesehen. Puh, noch mal Glück gehabt. Aber die „Anderen“ – die wird es leider voll erwischen.

Andi Bauer

9. Januar 2010

"Hier zieht mein Volk, ich muß ihm nach, ich bin sein Führer"

Dieser 200 Jahre alte Spruch des französischen Spötters Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord scheint angesichts der Feigheit unserer Politiker auch mal unpopuläre, wenn auch notwendige Entscheidungen zu treffen, aktueller denn je. In Österreich scheint das Volk aus der Leserbriefseite der Kronen Zeitung zu sprechen und Fayman und Co. haben sogleich den Süden in den Osten verlegt und ziehen brav hinterher. What a Shame.

Andi Bauer (heute ein bisschen politisch)

7. Januar 2010

Das letzte Wort zur Postweihnachtsdepression..


…..hat natürlich unsere liebste deutsche Band - Element of Crime

Der weiße Hai (aus dem neuen Album: Immer da wo du nicht bist)

Die Leute, die du liebst sind alle auf Mallorca
und singen dort das Lied vom Schädelweh.
Tritt nicht auf das Laub, darunter wohnt das Grauen
und das Gelbe daneben ist der Schnee.


Freu dich nicht zu früh auf den Sommer
Weihnachten ist gerade erst vorbei
Im Treppenhaus riecht es noch nach Glühwein
Und im Fernsehen läuft der weiße Hai

Hart verdient das Brot, härter die Erkenntnis
und am härtesten ein ganzer Tag mit dir.
Ruf mich einfach an, wenn du Inventur machst
und Hilfe brauchst von einem, wie mir.


Und dazu spielt die Band einen entspannten Countrygroove der sich irgenwie an einem französischen Chanson reibt. So soll es sein – so darf es sein.

Die Band spielt übrigens im Jänner Konzerte - in Wien, Linz & Innsbruck.

Für Liebende, liebeskranke und hoffnungslose Romantiker – die Kür & die Pflicht.

Andi Bauer

5. Januar 2010

Kalt wie Eis und Schwarz wie eine mondlose Nacht



THE XX

Auch so genannte Experten – wie der Autor dieser Zeilen – übersehen oft schwergewichtiges. So folgt an dieser Stelle ein reumütiger Nachtrag zu den besten Platten des Jahres 2009. THE XX.- ein beachtliches Debütalbum.. Um die 20 Jahre alt sind die 4 Mitglieder der Londoner Band und machen Musik welche wie aus der Zeit gefallen scheint, und doch den Zeitgeist oder zumindest den Wunsch der „Entschleunigung“ gerecht wird. Wenn Weniger wirklich Mehr ist – dann geht nicht mehr „Weniger“. Die vorliegenende Sammlung an Liedern ist mehr als „Mehr“. Minimalistische Instrumentierung trifft auf kühl distanzierten Gesang. Man fühlt sich angenehm, schaurig erinnert an die schwarzen musikalischen Löcher welche die großen Joy Divison produzierten und natürlich an die einzigartigen Young marble Giants und an die frühen Echo & the Bunnyman. Und doch ist THE XX ein eigenständiges in sich schlüssiges Debüt das es verdient gehört zu werden. Was sage ich verdient – jeder Musikfreund hat die verdammte Pflicht hier mal reinzuhören. In Chritalized trifft eine nervöse Gitarre auf einen sich immer wieder verlierenden Basslauf. Dazu singen Romy Craft und Oliver Sim und spielen sich die Worte gegenseitig zu, als ob Sie Ping Pong am Mond spielen würden – jenseits der Schwerkraft. In Shelter singt Romy bedrückend gespenstisch: „Maybe I have said something, that was wrong – Can I make it better with the lights turn on“. Dazu eine Gitarre – kalt wie Eis und ein bedrohlich unruhiger Basslauf. Das Licht geht aber nicht an – es bleibt dunkel und kalt.

Andi Bauer

4. Januar 2010

James Cameron kann sich nur noch selbst schlagen

Nach 15 Tagen Laufzeit hat AVATAR eine Milliarde Dollar weltweit in die Kinos gespült. Dies ist nicht nur ein neuer Weltrekord sondern straft alle Skeptiker – inklusive den Autor dieser Zeilen – für deren Kleingeistigkeit. „Ein Science Fiction Film und die Liebesgeschichte blauhäutiger Aliens reicht nicht für den großen Erfolg“ - so und ähnlich war es überall zu lesen, angesichts der ersten Vorführungen von AVATAR und der Produktionskosten von 500 Millionen Dollar. Jetzt schweigen alle vormaligen Kritiker und fangen an zu rechnen. Kann es AVATAR gelingen den ewigen Rekordhalter vom Thron zu stoßen. TITANIC – auch von Regisseur James Cameron – ist immer noch auf Platz Eins der erfolgreichsten Filme aller Zeiten – mit 1,8 Milliarden Dollar weltweiten Kinoeinnahmen. Auf Platz Zwei folgt „Der Herr der Ringe – die Rückkehr des Königs“ (1.120 Milliarden) und knapp dahinter liegt der zweite Teil der „Fluch der Karibik“ - Reihe (1,066 Milliarden). Das AVATAR den zweiten Platz hinter Titanic erreicht ist nur mehr eine Frage von Tagen. Ob es jedoch reicht Titanic vom Stockerl zu stoßen, wird letztlich auch an den Oscar Nominierungen für AVATAR liegen. Eine große Anzahl an Nominierungen und selbstverständlich Siege in den wichtigen Kategorien wird wahrscheinlich für genug Treibstoff sorgen um noch mehr Menschen ins Kino zu locken und die 1,8 Milliarden von Titanic zu übertreffen. Hinsichtlich dessen, werden die nächsten Wochen noch sehr spannend. Anderseits kann sich James Cameron nur mehr selbst schlagen. Es bleibt zu hoffen, dass der Mann angesichts des Erfolges nicht völlig durchdreht und uns weiterhin mit aufregenden Filmen beglückt.

 

Andi Bauer

 

 

3. Januar 2010

Kino ist Mehr

Die Filmbranche in den USA jubelt. Zum ersten Mal wurde die magische Umsatzgrenze von 10 Milliarden US Dollars geknackt. Diese Summe gaben die Amis für Kinotickets im Jahr 2009 aus. Ein Betrag der natürlich in gewissen Relationen betrachtet werden sollte. Die meisten Kinobesucher verzeichnen immer noch die 30er und 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Die Tickets waren viel billiger (30-50 Cent), es gab noch keine Fernseher und der zweite Weltkrieg und die Wirtschaftskrise taten ein Übriges die Menschen in die Kinos zu locken. Auch sollte das heurige Kinojahr im Licht der Wirtschaftskrise betrachtet werden. Krisen wirken sich meist „positiv“ auf die Unterhaltungsindustrie aus. Die Menschen gehen ins Kino um sich einerseits ablenken zu lassen und, weil unter Umständen das Geld für kostspieligere Vergnügungen nicht vorhanden ist. Dennoch, die harte Wahrheit für die Kinos liegt nicht in der Dollarmenge, sondern in der Anzahl der gekauften Tickets. Und die liegen 2009 erstmals wieder auf dem Level vor 10 Jahren – also die Zeit vor dem großen DVD Boom und der Möglichkeit sich Filme im Internet anzusehen oder runterzuladen. 1998 wurden in den USA Eine Milliarde & 465 Millionen Kinokarten verkauft. 2009 waren es 1.474.000.000 Tickets, also nahezu dieselbe Anzahl an Besuchern. Das ist insofern erstaunlich, weil ja ständig gejammert wird, dass die bösen Raubkopierer und sogar die DVD-Käufer dem Kino das Wasser abgraben. Zweifellos kosten die Raubkopierer der Filmindustrie Milliarden, aber es gibt scheinbar immer noch genug Menschen welche bereit sind, sich Filme im Kino anzusehen. Das Kino wurde ja schon mehrmals zu Grabe getragen und beerdigt, um dann jedes Mal, umso glorreicher wieder aufzuerstehen. In den 50er Jahren, als jeder Haushalt einen Fernsehgerät hatte gegen die Besucherzahlen dramatisch zurück. Damals reagierten die Filmemacher mit Qualität. Der so genannte Autorenfilm wurde geboren. Italienische, Französische, britische und auch amerikanische Filmemacher erlebten eine neue Blütezeit, und die Menschen strömten ins Kino um Filme von Regisseuren wie Scorsese, Fellini & Truffaut zu sehen. In den 80er Jahren wurde das Kino erneut als „tot“ erklärt - durch das aufkommen der Videotheken. Im Gegenzug schufen Steven Spielberg und George Lucas das „Popcorn Kino“ und begeisterten mit ihrer leichten und doch treffsicheren Unterhaltung Millionen. Und jetzt - wird seit 10 Jahren gejammert, dass das böse Internet und die kulturlosen DVD-Käufer das Kino erneut zerstören. Über die Möglichkeit, dass sich Menschen Filme im Internet ansehen und über diese so begeistert, dieselben auch im Kino anzusehen wird überhaupt nicht diskutiert.

 Das gilt im Besonderen für Filme welche den Ruf genießen die große Leinwand zu „brauchen“, um die volle Wirkung für den Besucher zu entfalten. AVATAR ist so ein Film. AVATAR ist ein „Eventfilm“, welcher auch den Ruf hat, das man diesen im Kino sehen MUSS. Der durchschnittliche Kinogeher sieht den Kinobesuch meist als Teil des Freizeitprogramms. Filme werden nicht bewusst im Vorfeld ausgesucht, es wird oftmalig erst an der Kinokasse entschieden, was angesehen wird. Nicht so bei AVATAR, dies ist scheinbar ein Film der bereits im Vorfeld gewählt wird und der Kinobesuch auch geplant wird. Ein Film auf den sich alle einigen können. Jung & Alt, Arbeiter & Karrierefrau und Filmfreak & Kunstfreund. In unserer schnelllebigen Zeit ist es normal, dass Filme nach einer Woche in den Kinos 50% ihrer Besucherzahlen verlieren und nach 4 – 6 Wochen aus den Kinosälen verschwinden. AVATAR hält seit 3 Wochen konstant die Zahlen und hat am dritten Wochenende in den USA 70 Millionen Dollar eingespielt. Das ist nahezu dieselbe Anzahl an Besuchern wie am stark beworbenen Startwochenende. Das ist nicht nur ein Rekord, sondern auch ein Beleg, dass Filme noch die Kraft und Attraktivität haben die Menschen ins Kino zu locken und zu begeistern. AVATAR ist übrigens auch im Iran, in China und in Saudi Arabien seit drei Wochen der beliebteste Film und lässt auch dort die Rekorde purzeln. Ob es jetzt ein Eventfilm wie AVATAR ist, oder ein interessanter Autorenfilm – Kino ist einfach Mehr. Also ab ins Kino – „Husch Husch“.

Andi Bauer