Nachdem ich die ersten drei Staffeln Dr. House genossen habe, bleiben eigene Erkenntnisse über das Genie so mancher US-Serien.
Die Amis machen die mit Abstand besten TV-Serien der Welt. Es liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Kerle in jedem Zimmer einen Fernseher laufen haben und am meisten vor dem Schirm sitzen, liegen, essen, laufen oder sich sonst wie bewegen. Der Konkurrenzkampf der unterschiedlichen TV-Stationen sorgt sicher auch für Schübe von Kreativität. Unser lieber ORF hat hier vergleichsweise nichts zu befürchten. Der kriegt die Defizite vom Steuerzahler ausgeglichen. Dementsprechend sieht das Programm auch aus. So läuft es eben in „Demokratien“ zwischen Kuba und Nordkorea. Aber das soll hier nicht verhandelt werden, der Tag ist viel zu schön.
Es war Jerry Bruckheimer - der derzeit erfolgreichste US-Produzent (Beverly Hills Cop, Top Gun, Fluch der Karibik & Prince of Persia) - welcher Ende der 90er Jahre die TV-Serien aus der Schmuddelecke holte und aufwertete. Bruckheimer startete CSI-Las Vegas mit einem Millionen Budget und lieferte dem Zuseher Kinoflair fürs Wohnzimmer. Seitdem werden die US-Serien stilistisch, inhaltlich und auch darstellerisch immer besser. Die Sopranos, Lost, The Wire begeistern Kritiker wie Publikum.
Dr. House hat diesen Bogen noch weiter gespannt und liefert eins der ungewöhnlichsten TV-Konzepte. Ein Ekel als Titelfigur. House – glänzend dargestellt von Hugh Laurie - ist ein Misanthrop und Arschloch allererster Güte, ein kaltherziger Egoist. Das einzige was diese Figur vorm Ausstoß aus der Gesellschaft bewahrt, House ist ein Genie als Arzt und Diagnostiker.
In unzähligen Situationen hätte House die Gelegenheit gehabt auch ein Herz zu zeigen. Er hat jedes Mal den bangenden Zuseher - „House hat sicher auch eine gute Seite“ - enttäuscht. House beleidigt seine Patienten, beschimpft und demütigt seine Chefin, betrügt und hintergeht seinen besten Freund und behandelt sein Ärzteteam wie minderwertige Idioten. House zeigt nie Reue noch Einsicht, er hat immer recht. Kurze Momente der Menschlichkeit zeigt House gegenüber Tieren und wenn er allein ist.
Sein verkrüppeltes Bein macht ihn zu einem Süchtigen nach Schmerzmitteln und gibt ihm gleichzeitig Anlass und Rechtfertigung die Welt zu hassen. Überdies ist House entwaffnend ehrlich und lügt trotzdem wenn es ihm passt oder nützt.
House ist ein medizinisches Genie und eine menschlich gescheiterte und bemitleidenswertende Figur. Als Zuseher wünscht man sich insgeheim seine Direktheit und Rücksichtslosigkeit mit welcher er seiner Umwelt begegnet und würde trotzdem keinen Tag mit ihm tauschen angesichts seines einsamen und trostlosen Lebens. Und trotzdem macht es einen Riesenspaß und diebische Freude Dr. House dabei zu beobachten, wie er seiner Umwelt das Leben schwer macht.
Das macht Dr. House zu einem schmerzhaften Spiegel für unsere dunkelsten Seiten und die Serie zum TV-Highlight der letzten Jahre. Ich kenne derzeit nichts Besseres am Heimkinoschirm.
„Brot & Spiele“, niemand hat es besser drauf als die Amis.
Andi Bauer
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