Der bahnbrechende Filmhit AVATAR hat 500 Millionen Dollar gekostet und in den Kinos weltweit über 2,7 Milliarden eingespielt. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb wird die gerade erschienene DVD zum Bettel von 7,99 Euro verschleudert. Die Blue Ray Disc gibt es schon um Euro 14,99. Inzwischen gibbts die DVD sogar schon gratis, wenn man ein TV-Media Abo für vier Wochen bestellt. „Perlen vor die Säue werfen“ wundert sich so mancher Kenner der Szene. Kosten doch andere neue DVD Neuheiten immer noch 17.99 bis 19,99.
Der Preiskrieg im Elektrohandel um die DVD trieb in den letzten Jahren immer seltsamere Blüten. Als zur Jahrtausendwende das Medium seinen Siegeszug antrat kosteten die Filme noch ca. 25 Euro. Der Handel sah in den Silberscheiben nicht nur einen Ersatz für die veraltete Videokassette, sondern auch eine Möglichkeit die bereits kränkelnden CD-Umsätze zu kompensieren.
Überdies war das neue Medium ein beliebter Werbeträger, um Kunden mit attraktiven Preisen in die Häuser zu locken. Der Verkaufspreis von 19,99 für neue Filme auf DVD hat sich schnell etabliert und würde vom Kunden akzeptiert. In den Großkonzernen geht es jedoch selten um eine simple Gewinnrechnung, sondern oft um Marktanteile und die Verdrängung der Konkurrenz. Der Branchenriese Warner war das erste Majorstudio welches am Preis schraubte und eine zweite Vermarktungsschiene einzog. Ältere Titel wurden um 9,99 Euro angeboten und schon bald rutschten auch Neuheiten nach sechs Monaten in diese Schiene und wurden unter zehn Euro vom Handel verkauft. Die anderen Studios zogen natürlich nach. Fox etablierte erfolgreich die „Hollywood Collection“ und auch die anderen Studios zogen mit Ihren Preisen nach.
Eine Praxis, welche bei Büchern und Multimedien durchwegs handelsüblich ist. Im Buchhandel erscheinen nach einem Jahr die Bestseller als preisgünstige Taschenbücher und auch die Musikindustrie ist bereits seit Jahrzehnten mit einer Midprice Schiene erfolgreich. Nach 12 bis 18 Monaten sind die meisten CDs unter zehn Euro zu haben.
Neu sind jedoch die Aggressivität und die immer kürzeren Zeitspannen, welche die Majorstudios bei der Preispolitik von DVD´s und Blue Rays vorgeben. Bereits vier Monate nach Kinostart erscheint ein Film auf DVD, nach weiteren vier Monaten ist der Titel zum Midprice von unter Zehn Euro erhältlich. Auf den ersten Blick gut für den Konsumenten auf den zweiten eine bedenkliche und auch unwirtschaftliche Entwicklung. Diese Preise wurden anfangs von den großen Studios gesteuert, welche nach Ablauf der Fristen die Einkaufspreise senken. Der Einkaufspreis für einen neuen Film auf DVD liegt zwischen 11 und 13 Euro und steht mit einem Verkaufspreis von 15 bis 20 Euro im Laden. Nach vier bis sechs Monaten sinkt der Einkaufspreis für einen Titel auf ca. sieben Euro und kann somit vom Handel für 9,99 angeboten werden.
Wenn heute AVATAR um 7,99 verkauft wird hat das jedoch mit dieser Strategie nichts mehr zu tun. Vom wirtschaftlichen Standpunkt müsste der Titel um 19,99 angeboten werden, damit der Händler noch ein paar Euro verdienen kann. AVATAR ist ein neuer Film und kostet im Einkauf je nach Konditionen zwischen 12 und 13 Euro, das wären dann mit Mehrwertsteuer ca. 15,00 Euro. Libro bewirbt den Titel um 14,99 und steigt somit noch ohne Verlust aus. Bei Saturn und Mediamarkt gab es AVATAR ab dem ersten Verkaufstag um 7,99 Euro. Was bedeutet, dass beim Kauf jeder DVD der Konzern ca. sieben Euro draufzahlt. Sie werden es sich leisten können, wird sich mancher jetzt denken. Es ist trotzdem eine destruktive Vorgehensweise, welche sich in den letzten Jahren eingebürgert hat. Toptitel aus den Kinocharts werden beim DVD-Verkaufsstart vom Handel gnadenlos verrissen. Als Bauernopfer, um den Kunden ins Haus zu locken, begleitet mit der Hoffnung das dieser dann eventuell noch ein Kabel oder etwas anderes kauft. Sei es Simpson der Film, Harry Potter 6, Transformers 2, Ice Age 3 oder Wickie und die starken Männer. All diese Filme wurden bei erscheinen mit einem Preis von unter zehn Euro beworben und verkauft. Die Konkurrenz muss dann sehr oft die Preise annehmen. So kommt der Internethändler Amazon bereits stark unter Druck, da die deutschen Mediamärkte die Preise der Neuheiten zerreißen. Die AVATAR-DVD kostete bei Amazon einen Tag vor Verkaufsstart noch 14,99 Euro. Einen Tag später musste Amazon den Mediamarkt-Preis übernehmen und verkaufte den Film auch um 7,99 Euro. Welcher Händler mit dem Preiskrieg begonnen hat ist nicht mehr wichtig, die Spirale dreht sich weiter und ist inzwischen bei der Blue Ray Disc angekommen.
Ein Medium, welches noch nicht mal am Markt etabliert ist, ist preislich bereits im Keller angelangt. Vor zwei Jahren kostete eine Blue Ray Disc noch 30 Euro. Jetzt werden die blauen Scheiben bereits um zehn Euro verschleudert. Das Spiel wiederholt sich, nur schneller.
Für den Konsumenten verzerrt sich dadurch der Wert des Mediums. Warum kostet ein Megahit wie AVATAR 7,99 Euro und daneben liegt eine DVD des Disneyfilms Küss den Frosch um 19,99 Euro. Das diese vernünftig kalkuliert ist, ist für den Konsumenten kein Argument und auch nicht nachvollziehbar. Der Handel hat sich mit dieser aggressiven Preispolitik selbst abgeschossen. Jeder Kaufmann weiß, dass man einen Preis leicht senken kann, diesen jedoch schwer wieder nach oben bringt. Noch schwerer wiegt, dass ein relativ junges Medium bereits wieder entwertet wird. Die DVD ist seit 15 Jahren am Markt, die Blue Ray gerade mal drei Jahre. Und schon scheinen die Produkte nur mehr für die Wühlkiste zu reichen. Es ist nichts neues, beliebte Artikel für Werbezwecke zu missbrauchen und doch gibt es erfolgreich Modelle, wie andere Branchen mit ähnlichen Situationen umgehen. Als Apple ein neues I-POD Modell einführte, drohte der Konzern Händlern, welche den vorgeschlagenen Verkaufspreis unterschreiten, nicht mehr zu beliefern. Es mag faschistoid wirken, und doch ist es für einen Konzern legitim, mit seinen Geschäftspartnern Verträge zu schließen. Die Händler müssen ja keine Apple Produkte führen, es gibt genug andere MP3 Player. Apple hat diese Strategie offensichtlich nicht geschadet. Im Gegenteil. Ein Apple Produkt hat offensichtlich seinen Preis und für den Kunden somit auch einen Wert
Inzwischen verlieren die DVD und die Blue RAY zunehmend ihren Wert als Medium. Der Handel „verschenkt“ die Titel und die Industrie liefert und freut sich über die großen Absatzzahlen. Eine Lüge, die sich bald rächen wird, spätestens in diesem Jahrzehnt, wenn die Bildträger in eine ähnliche Absatzkrise rutschen wie der inzwischen kleine Bruder CD vor zehn Jahren.
Es mutet umso absurder an, dass die Filmindustrie Millionen in die Aufklärung steckt um vor Piraterie und den bösen Raubkopierern zu warnen, die eigenen Titel jedoch bereits günstiger im Handel zu haben sind als die schlechten Raubkopien aus China. Hier wäre Mut zum eigenen Produkt angebracht. Denn, auch eine andere Wahrheit gilt fast überall: Was nichts kostet ist nichts wert.
Andi Bauer
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