6. November 2011

Sunday morning coming down - Warum darf Pink Floyd (und der Progrock) nicht sterben

Unter dem Slogan „Why Pink Floyd“ hat der britische Plattenriese EMI die alten Platten der überbewerteten Langweiler Pink Floyd entstaubt, klangtechnisch aufgebrezzelt und (wiedermal) auf den Markt geworfen. Soviel Wirtschaftskrise kann es offensichtlich gar nicht geben, um Musikhörer davon abzuhalten unnötigen alten Schmus zu kaufen. Das „Why“ seitens der Plattenfirma läßt sich auch leicht beantworten. EMI steht kurz vor dem Verkauf. Da macht sich die Braut noch mal hübsch und zeigt was Sie zu bieten hat.
Der komplette Pink Floyd Katalog liegt bei der EMI und verkauft sich seit Jahren brav und regelmäßig. Warum eigentlich? - fragt sich der Skeptiker? Seit Jahrzehnten wurde eine Legende gebildet und aufgebaut, die den Menschen einredet, das Pink Floyd zum guten Ton gehören und man deren Platten haben muß. Man muß den Quark ja nicht anhören, es reicht wenn die Dinger prominent im Regal stehen  – sollte sich überraschender Besuch ankündigen. Man will ja mitreden und als Musikkenner mit erlesenem Geschmack dazugehören.

Wenn man die aufgeblasene Legende aber ignoriert und sich nur mit dem Substanz des Produktes beschäftigt entpuppt sich die verbleibende Suppe als erschreckend dünn. Da hätten wir mal den großartigen Erstling bei dem Syd Barrett noch am Ruder saß. Dieser balancierte die Musik gekonnt zwischen Rock, Pop, Psychedelic und Wahnsinn. Dazu gab es brillante Singles wie „See Emily play“ & „Arnold Lanyne“. Das durchwachsene zweite Album zeigte erste Schwächen. Zunehmend klinkte sich Barrett von der hiesigen Realität aus und wechselte in andere Sphären. Beim dritten Album übernahm bereits der Egomane Roger Waters das Zepter und die Ergebnisse wurden mit jedem Album mediokerer. Das Live-Album „Ummagumma“ hatte noch Spannendes zu bieten, „Meddle“ mit dem Titeltrack und „One of this days“ noch Songideen – dann wurde es dunkel. Es kam das perfekt produzierte „Darkside on the Moon“ mit den Monsterhits - das bis heute jeder haben muß, jedoch nur circa jeder zehnte Käufer mehr als einmal hört. Natürlich ist „The great Gig in the Sky“ ein Klangerlebnis aber allein das tumbe „Money“ als antikapitalistische Kritik ist peinlich und „Time“ ist immer noch überwertet - wie das gesamte Album. „Dark Side“ stellte den Sound über den Song. Ein lautes Kunstwerk, das nichts zu sagen hat. Das Nachfolgewerk „Wish you where Here“ bringt den Titelsong als rührenden Lagerfeuerhit und birgt den besten Moment der Band nach Barretts Abgang. „Shine on your crazy Diamond“ ist ganz großes Kino, mit einem zutiefst rührenden Text über den verlorenen Freund. Das war’s dann. „Animal“ hatte nix zu bieten außer ein fliegendes Schwein als Werbegag und das Doppel-Album „The Wall“ ist immer noch ein peinlicher Witz, der viel zu lange dauert. Der einzig große Song – „Comfortably Numb“ – ist ganz am Ende versteckt und kann den verfahrenen Karren nicht mehr aus dem Morast ziehen. Dann zerbröselte die Gruppe. Band-Diktator Roger Waters machte mit Mietmusikern weiter und sang gegen Diktatoren und Krieg an, während er jahrelang gegen den Rest der Band Krieg führte und prozessierte. Scheinbar sah niemand die Ironie und die Scheinheiligkeit in der Geschichte. Derweil wurden die Band und das Werk gefeiert und die Legende konsequent geschmiedet. Erzfeind David Gilmour machte mit Schlagzeuger Nick Mason und Keyboarder Richard Wright unter dem Namen „Pink Floyd“ weiter. Die Rumpfband veröffentliche 1997 und 1994 zwei fürchterliche Alben und spielte in nahezu in jedem Stadium der Welt vor Millionen gläubigen Jünger die alten Hits mit Laser-Klimbim.

Und Heute? Richard Wright ist tot, Nick Mason gibt Interviews und David Gilmour macht Soloplatten und will von Pink Floyd nichts mehr wissen. Einzig Roger Waters ist immer noch beleidigt, wettert gegen den Kapitalismus und zieht mit seiner „Wall Show“ um den Globus. Dort treffen sich 60jährige Bänker, Ex-Hippies und Fondmanager in den Fußballstadien und grölen gemeinsam „We dont need no education“. Auch eine Botschaft.

Andi Bauer

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