21. August 2010

Sunday Morning Coming Down - Sie werden knapp, die Filmbösewichte

Die wichtigsten Zutaten für einen Actionfilm sind bekannt.
- Ein Held mit einem Motiv (meist Rache oder ähnliches)
- Ganz viele Bösewichte, die es gilt zu beseitigen.
Der Rest der Geschichte ist dann schnellt geschrieben. Dann braucht man nur mehr ein paar Specialeffekts Spezialisten, Sprengstoffexperten, eine Handvoll Stuntman, jemanden der weiß wie man eine Kamera aufstellt, ein paar Kerle die Kabeln herumschleppen und einen Koch der mit Kartoffeln & Fleisch umgehen kann um die Mannschaft bei Laune zu halten. Der geneigte Leser ahnt es bereits, der Schwachpunkt sind die Bösewichte. Damit ein Actionfilm funktioniert, muss es dem Helden gestattet sein, diese zu Dutzenden mit kreativster Waffengewalt umzulegen, ohne dass sich beim Zuseher sowas wie Mitgefühl regt. Und da wird es bereits eng.
Früher – natürlich - war alles einfacher. Da gab es noch die Indianer. Gute Cowboys haben böse Indianer zu Hunderten vom Pferd geschossen. Jahrzehntelang genoss das Publikum (vorwiegend amerikanisch) die offizielle Geschichtsfälschung welche sich „Western“ nannte und strömte ins Kino. Doch irgendwann war der letzte Indianer „befriedet“ und wollte nicht mehr in die Rolle als Bösewicht passen – das war so um 1960. Zum Glück für Hollywood gab es davor einen Krieg und eine neue Spezies des Bösewichts stand zur Verfügung – Nazis und Kommunisten. Wobei die Kommunisten glimpflich davon kamen – die haben auch den Krieg gewonnen und deren Ideologie ist immer noch bei vielen Filmemachern und Schauspielern beliebt. Der Nazi jedoch, ist der idealste und dankbarste Filmbösewicht.
Obwohl sich auch hier bereits erste Abnutzungserscheinungen zeigen. Einerseits der Zahn der Zeit – die aktiven Nazis sind mittlerweile zwischen 90 Jahre und verwesend. Für einen modernen, knackigen Actionkracher nicht ideal. Anderseits ist Deutschland inzwischen nach dem USA, GB und Japan der wichtigste Filmmarkt für Hollywood. Man will ja die Kunden nicht unnötig vergraulen. Beim ersten „Stirb Langsam“ Abenteuer des tapferen Bruce Willis (1988) löste man diesen Konflikt noch elegant. Im Original waren die meisten Terroristen Deutsche, haben deutsch gesprochen und wurde von einem Deutschen namens Hans Gruber (Alan Rickman) angeführt. Als der Film synchronisiert wurde, hat man aus den Deutschen schleunigst Weltenbürger gemacht und sogar die Namen geändert. Das deutsche Publikum hat nichts gemerkt und sich brav an den Kinokassen angestellt um Bruce Willis anzufeuern „internationale“ Terroristen auszuschalten. Immer kann das natürlich nicht gut gehen. Am geschicktesten hat das wahrscheinlich George Lucas gelöst. Er hat einen Western im Weltall gedreht, nannte diesen „Star Wars“ und ersetzte die Indianer durch gesichtslose Klonkrieger. Da kann man Hunderte umlegen und niemanden juckt`s. Eine Verschnaufpause für die Deutschen brachte auch der Vietnamkrieg und diverse Konflikte in Mittel & Südamerika. So häuften sich in den 60er & 70er Jahren asiatische Bösewichte in Hollywood, während es in den 80er Jahren üblich wurde, hochgerüstete Einzelkämpfer in namenlose Staaten nach Süd & Mittelamerika zu entsenden um dort „aufzuräumen“.
Die Afrikaner haben es nie so wirklich als Bösewichter geschafft, abgesehen von einigen britischen Kriegsfilmen aus den 70er Jahren welche noch immer als rassistisch gescholten werden. Für das politisch korrekte Hollywood ist Afrika als Gegner zu heikel. Ridley Scotts Kriegsdrama „Black Hawk Down“ über die tatsächlichen Ereignisse im Bürgerkrieg von Somalia Anfang der 90 Jahre, wurde schwer gescholten. Rassistisch, unsensibel und überhaupt sind die ehemaligen Kolonalmächte schuld, dass in Afrika nix weitergeht. Äußerst heikel ist es auch Islamisten als Bösewichte einzusetzen. 1993 drehte James Cameron „True Lies“ mit Arnold Schwarzenegger, der als Top-Agent islamistische Terroristen bekämpfte und zu Dutzendenden ins Paradies beförderte. Die Vorwürfe gegen den Film waren massiv. Wie kann man nur Mitglieder dieser friedliebenden Religion als Terroristen darstellen. Noch schmerzhafter war es möglicherweise anzusehen, dass die Terroristen im Film als saublöd dargestellt wurden - unfähig eine Videokamera zu bedienen.
Nach 9/11 wurden die öffentliche Meinung der USA von Verschwörungstheoretikern wie Michael Moore, Al Goore und friedliebenden Rockmusikern & Schauspielern bestimmt – nennen wir es das: „George Clooney-Prinzip“ – Wir leben vom Kapitalismus und wettern dagegen. Dies hatte auch Auswirkung auf Hollywood. Der Feind war nicht mehr draußen sondern schon drinnen. Während in den ersten drei „Stirb langsam“ Abenteuern Bruce Willis gegen Deutsche, Südamerikaner und Engländer focht war im vierten Teil (2007) der Bösewicht ein ehemaliger CIA-Mann. So ging es munter weiter, der wackere Actionheld musste sich von nun an gegen die ausnahmslos korrupten amerikanischen Behörden durchsetzten. Kein Film mehr ohne einen Verräter auf höchster Ebene – alles verkommene Kriegstreiber. Der aktuelle Actionreißer INCEPTION bekämpft die Bösewichter überhaupt nur mehr in den Träumen. Niemand wird verletzt oder gekränkt – der perfekte Actionfilm für das neue Jahrtausend. Was bringt die Zukunft? Ein Actionfilm, wo eine Bande skrupelloser Finanzspekulanten (mit teurer Anzug und Gel im Haar) die Tochter des Helden (Bruce Willis) entführt. Dieser weiß dann was zu tun ist. Das wird ein Gemetzel. „Yippie I yeah, Schweinebacke“.
Ansonsten wird es langsam eng am Markt für Bösewichte. Es bleiben nur mehr Außerirdische und Nordkoreaner. Sylvester Stallone dessen große Zeit die 80er Jahre waren und die er mental auch nie verlassen hat, verkloppt jedoch in seinem neuen Reißer „The Expendables“ wieder mal ein paar Südamerikaner – ganz ohne Genierer und ohne Rücksichtnahme auf die politisch korrekten Saubermänner. Der traut sich was. Vielleicht hat der klassische Actionfilm doch eine Zukunft.
Wer sich davon überzeugen will, der sollte – ACHTUNG SCHLEICHWERBUNG – dem empfehle ich unbedingt zur ACTION-CON nach Innsbruck kommen.
Mehr Infos zu diesem Event gibt es hier:
www.filmclub-tirol.at
Andi Bauer

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