8. August 2010

Sunday Morning Coming Down - Geld, Dreck & kein Rock N´Roll – ein Besuch bei Rockfestivals

Wann der Terror der Rockfestivals so richtig begonnen hat ist schwer zu sagen. Das erste bedeutende Festival der Rockgeschichte war 1969 in Woodstock. Der zufällige Erfolg – 500.000 Menschen kamen anstatt der erwarteten 30.000 - hat sicherlich findige Geschäftsleute auf die Idee gebracht, dass da was geht. Als Teil der Jugendkultur zählen Rockfestivals seit den 90ern des vorigen Jahrtausends. Sei es Reading in England, Rock im Ring in Deutschland oder Roskilde in Dänemark überall sprießten die Festivals wie Pilze und gingen nicht mehr weg. Auch in Österreich von Ost bis West: Frequenzy, Forrestglade, Lovely days und das großkotzige Novarock Als durchschnittlicher oder ewiger Jugendlicher muss man heutzutage im Sommer auf mindestens ein Festival gehen. Das diese Megaveranstaltungen mit Musik nur noch entfernt zu tun haben passt sogar ins Konzept. Allroundentertainment nennt man das. In unserer Multi-level-mega-welt kann man ja nicht erwarten, dass die Angereisten mit einer einzigen Band glücklich und zufrieden zu stellen sind. Alles muss her. Von Punk, über Indie, Metall bis Elektro und sogar Disco tummeln sich die Musiker. Die meisten Bands beschallen mit sehr kurzen Auftritten, in lausiger Atmosphäre (die meisten Besucher hören eh nicht zu) und schlechten Sound die Massen. Tolle Bands werden in der Nachmittagssonne verheizt und am Abend spielen immer die „Toten Hosen“. Dazu gibt’s Fressen & Saufen, Zelte für Tatoos & Piercing, Infos für Veganer und Tierschützer, Verkaufsstände mit esoterischen Klimb-Bim, Bungeejumping und Werbung für Handys und Coca Cola. Lupenreiner Kapitalismus für (vermeintliche) Hippies, GrünInnen, Aussteiger & Alternativos. Man fühlt sich wie cooler Rebell und pumpt gleichzeitig Geld in die verhassten Megakonzerne. Das Publikum reist für drei Tage an, schläft im Dreck mit zehntausend Anderen und muss sich stundenlang für die Toiletten anstellen. Was, wenn es schnell gehen soll, logischerweise zu noch mehr Dreck führt. Wenn man dann nachher die Besucher nach bestimmten Bands fragt, hört man immer dieselbe Antwort. „Was die waren auch, hab ich nicht mitgekriegt, aber „Metallica“ waren cool – und die „Toten Hosen“. Klar, zum zuhören hat heute keiner mehr Zeit. Am Ende reist man stolz wieder ab, gleich eines Kriegshelden der überlebt hat und lässt – bis auf wenig rühmliche Ausnahmen – seinen Müll zurück. Ich brauche sie nicht die Festivals und an alle die jetzt denken das ich ein alter konservativer Sack bin. Mag sein, aber auch ich war schon auf einigen Festivals und mich hat es schon als Sechzehnjähriger genervt in der Pisse Anderer zu zelten.
Andi Bauer

Keine Kommentare: