2. August 2010

INCEPTION und ein gefährlicher Gedanke: „Überschätzt“

Jetzt ist er da der am heißesten erwartete Film dieses Sommers. Das wollen zumindest die Warner Studios der Welt seit gut 9 Monaten mit einer raffinierten Marketingkampagne mitteilen. „Sicherer Anwärter auf den Oscar“ „anspruchsvolles Popcorn-Kino“ und „Bester Film des Jahres“ wurde durch alle Medien lanciert bevor der Film überhaupt fertig war. Vergleiche mit Stanley Kubrik wurden bemüht und der klug geschnittene und mysteriöse Trailer tat sein übriges. Möglicherweise ein Bärendienst, denn Filmfans waren sich vorweg schon einig - hier kommt etwas ganz Großes. Groß ist INCEPTION. Man sieht es dem Film in jeder Minute an, dass er viel Geld und Mühe gekostet hat. Ob dies jedoch reicht, um als Meisterwerk in die Annalen der Filmgeschichte einzugehen steht auf einer anderen Filmrolle. Die Voraussetzungen für einen großen Film waren gegeben. Regisseur Christopher Nolan wird in Hollywood zu Recht als Wunderkind gehandelt. Nolan hat es mit seinen bisherigen Filmen geschafft, intelligente und vielschichtige Geschichten kommerziell aufzubereiten. Sei es der verstörende Alaska Thriller „Insomania“ mit Robin Williams und Al Pacino oder das vielschichtige Duell der Magier „Prestige“ mit Christian Bale und Hugh Jackman. Nicht zu vergessen: „Memento“, Christopher Nolans erster und immer noch bester Film.
Seinen größten Erfolg feierte der Regisseur mit dem Neustart der Batman Serie. „Batman Begins“ & der immens erfolgreiche „The Dark Knight“ begeisterten sowohl Fans der Comicvorlage wie auch herkömmliche Kinofreunde. Der Erfolg von „Dark Knight“ brachte auch künstlerische Freiheit. Die Warner Studios finanzierten mit 180 Millionen Nolans ambitioniertes Projekt INCEPTION über Gedankenmanipulation und ließen dem Regisseur (angeblich) freie Hand. Angeblich, da sowohl das Drehbuch wie auch die Besetzung unrund wirken und somit die Einflussnahme des Studios vermuten lassen. Leonardo DiCaprio kann die Rolle des traumatisierten Ehemanns nie wirklich glaubwürdig vermitteln und wirkt wie ein Zugeständnis ans Studio um den Film mit einem zugkräftigen Star aufzupeppen. Auch bleiben die anderen Darsteller erstaunlich blass und hinterlassen beim Publikum wenig starke emotionelle Eindrücke. Noch drastischer wirkt sich auf dem Film aus, dass das große Potential der Geschichte nicht wirklich ausgeschöpft wird. Der Film erzählt die Geschichte einer besonderen Einbrecherbande welche in Träume eindringen, um dort durch geschickte Manipulation, Informationen aus dem Unterbewusstsein des Opfers zu stehlen, oder versuchen Gedanken einzupflanzen. Die Kraft von Gedanken, ein hochinteressantes Thema, leider unzureichend zu Ende erzählt.
Kein Vergleich zum großartigen und viel komplexeren „Matrix“ von 1999, der sich auf thematisch ähnlichen Gebiet bewegt. Trotz der beschriebenen Mäkel ist INCEPTION ein guter und auch sehenswerter Film. Nolan steigert geschickt die Spannung und montiert äußerst gekonnt die Ereignisse in den unterschiedlichen Bewusstseinsebenen. Trotz der unnötigen Geschwätzigkeit Details zu erklären, um ja jeden Zuseher mitzunehmen – was sicherlich ein notwendiges Zugeständnis ist um den Streifen der Masse zu verkaufen – fordert INCEPTION den Zuseher. Es bleibt unterm Strich ein guter Film zu einem hochinteressanten Thema, der dennoch den Zuseher mit dem Gefühl zurücklässt, dass hier mehr möglich gewesen wäre. Und es bleibt natürlich die entscheidende Frage ob am Ende der Kreisel umfällt, oder sich ewig weiterdreht. Diese kurzen Momente bezeugen dass Christopher Nolan noch viele gute und auch große Filme drehen wird.
Andi Bauer

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