29. Dezember 2009

Von Barden, Croonern, Rockern und den jungen Wilden - Die besten CDs des Jahres

1.   Antony and the Johnsons   The Crying Light

Die Stimme als Instrument. Antony singt mit Herz und ganzer Seele. Berühren und Entrückend. Es ist schier unmöglich von dieser Stimme nicht überwältigt zu sein.

 

2.  Nick Lowe  The Brentford Trilogy

Eine Wiederveröffentlichung welche die Welt braucht. Zwischen 1994 und 1997 hat der großartige und immer noch unterschätze Nick Lowe drei Alben veröffentlicht welche sowohl thematisch wie auch stilistisch Brüder im Geiste sind. Lowe wandert durch Musikstile als ob er nur schnell sein Hemd wechseln würde. Und die „Hemden“ passen wie maßgeschneidert. Country, Pop, Soul, Folk, Swing & Folk. Der smarte Brite bewegt sich, in einer für Ihn, grenzenlosen Musikwelt. Dazu gibt es Texte, fein geschliffen mit einer Prise Humor wie es nur die Engländer können. Eine Platte für Genießer und Zuhörer. Unbedingt reinhören.

 

3.  Wilco The Album

Das zweitbeste Album von Amerikas interessantester Band klingt wie Neil Youngs zerschossene Jean und wandelt traumtänzerisch zwischen Pop, Folk, Blues & Rock. Ein Fest.

 

4.  Nirvana    Live at Reading 1992

Endlich auf CD und DVD, Nirvanas möglicherweise beste Stunde. Die Band hatte gerade mit „Nevermind“ die Top Ten auf der ganzen Welt geknackt und spielte in Reading / England einen legendären Gig. Druckvoll, präzise, wütend und ohne Fallschirm. Dave Grohl`s Schlagzeugspiel ist schlicht sensationell. 

 

5.  Animal Collective Merriweather Post Pavillon

Elektronische Musik im Auge des Orkans. Die Amerikaner zerren Krafwerks Visionen ins neue Jahrtausend. Innovativ, spannend und berauschend.

 

7.  La Roux

Die 80er Jahre waren nie wirklich gut, da können die Erbsenzähler noch so viele TV-Show Produzenten aus dem Boden stampfen. Das die Musik von LaRoux den 80er Jahren zugeschrieben wird, liegt nur an der Phantasielosigkeit der schreibenden Zunft. Das ist die Tanzmusik des neuen Jahrtausends - ohne einen Blick zurück. Dance Baby, Dance.

 

8. Pet shop boys    Yes

Besser wird Pop nicht mehr. Die Pet Shop Boys werfen mit Melodien um sich für die Robbie Williams sofort sein Rudel Schoßhunde hergeben würde.

 

4.  Pearl Jam  Backspacer

Return to form. Die Alternativhelden stemmen sich gegen die Midlife Krise mit kurzen knackigen Songs welche gleich einem Ping Pong Ball zwischen Rock und Punk herumschießen. Dazu gibt es schöne Balladen und eine druckvolle Produktion.

 

9.  U2  The Unforgettable Fire      (Wiederveröffentlichung)

Auch nicht neu, aber immer noch gut. Denn inzwischen hat es der treueste Fan gemerkt, dass man sich das neue Werk der vier Iren nicht „schönhören“ kann. „The Unforgettable Fire“ hat dies auch nicht nötig. Das Album packt den Hörer beim ersten Durchlauf und lässt diesen nicht mehr los. Auch nicht nach 25 Jahren

 

10.  Jack Johnson en concert

Zyniker lachen über den Umweltpropheten der seine Platten im Solarstudio aufnimmt und auch seine Tourneen mit umweltfreundlichem Strom versorgt. Dabei macht Jack Johnson nur das, was seit Jahrtausenden gepredigt wird – er beginnt bei sich selbst, um eine bessere Welt zu schaffen. Darum, und weil er tolle Songs schreibt sei sein Livealbum aufs allerherzlichste empfohlen.

 

11.  Rolling Stones   Get Yer Ya Ya`Out  Live

Das beste Livealbum der Stones – Remasterd und erweitert. Blues der Beine kriegt. Zeitlos und unverzichtbar.

 

12. Phoenix  Wolfgang Amadeus Mozart

Frankreichs beste Band schiesst Popmusik ins nächste Jahrzehnt. Schlicht sensationell.

 

13.  The Beatles  Remastered Stereo Box Set (16 CDs)

Alle CDs der besten Band aller Zeiten neu überspielt in einer Box.

Pflicht und Unverzichtbar – No Excuses

 

Wasted Time and Money - Die Stinker & Langweiler

 

Bon Jovi  The Circle

Perfekte (glatte) Produktion, Hausfrauenballaden und Hymnen fürs Stadion. Auf den ersten Blick ein Bon Jovi Album wie man es kennt. Auf dem zweiten Blick, die Frage warum eine Band welche das Telefonbuch einsingen könnten und davon Millionen verkaufen könnte, nicht mal ein bisschen was wagt. „The Circle“ klingt wie die letzten 10 Alben der Amerikaner und wie ein Best of von Songs die man nicht kennt. Vor was oder wem hat diese Band Angst, da sie jedes Mal so was von auf Nummer sicher geht.

 

Rammstein  Liebe ist für alle da.

Noch langweiliger als Bon Jovi. Rammstein setzten wieder auf dieselben dümmlichen Riffs und Rhythmen, provokanten Texte, nationalistischen Parolen und all den Quatsch für den die Band berühmt wurde. Inzwischen wurde das Album in Deutschland verboten – was in allen Zeitungen war und den Mist noch mehr verkaufen lies. Ja, Liebe ist für alle da. Nur die Kerle von Rammstein scheinen davon zuwenig abgekriegt zu haben. Anders lässt sich dieser Stumpfsinn nicht erklären. Für die Tonne.

 

Michael Jackson  This Is It  Soundtrack

Es gibt von Michael Jackson eine Reihe guter Best-Of CDs welche hier angeführt und auch bewertet sind (fünf ist die Höchstwertung)

History                        1995   * * * 1/2

Number Ones           2003  * * * *

The Esintiell               2005   * * * * 1/2

The Hits                     2008  * * * * ½

All diese CDs erschienen zu Lebzeiten des Künstlers. Den Soundtrack zum Film braucht kein Mensch – außer den Nachlassverwaltern

 

Xavier Naidoo    Alles kann besser werden

Er meint es ja gut, mit seinen religiösen Texten und dem hinkenden Schlafzimmersoul. Aber das auf drei CDs ist einfach zuviel. Sorry & Schnarch. Und jedermann der mir aufrichtig versichern kann das er die drei CDs in einem Stück durchgehört hat kriegt von mir ein „Jesus is cool“ Kapperl.

 

Andi Bauer

 

Fremde Welten, Ballonreisende Pensionisten

1. AVATAR von James Cameron

AVATAR ist nicht nur der schönste und visuell beeindruckendeste Film des Jahres, sondern auch der Mutigste. Regisseur James Cameron riskierte erneut Geld, Ruf und Karriere um seine Vision eines 3-D Films für Erwachsene kompromisslos auf die Leinwand. Das die Geschichte noch nicht so viel hergibt kann der Regisseur dann mit seinem geplanten zweiten und dritten Teil ausbügeln. Diese kommen mit Sicherheit. Nach 10 Tagen Laufzeit hat AVATAR bereits weltweit 650 Millionen Dollar eingespielt und ist somit schon jetzt auf Rang drei der erfolgreichsten Filme des Jahres – knapp hinter „Ice Age 3“, „Harry Potter“ & „Transformers 2“. Somit braucht es keine prophetische Begabung, um an dieser Stelle zu schreiben das AVATAR nicht nur der beste sondern auch der erfolgreichste Film des Jahres 2009 sein wird. Muss man gesehen haben - ab ins Kino – Husch Husch.

 

1.1       96 HOURS von Pierre Morel

Ein seltenes Wunderwerk eines schnörkellosen und überzeugenden Actionthrillers. Morel hetzt Liam Neeson als ehemaligen CIA Agenten durch ein korruptes Paris auf der Suche nach seiner verschwundenen Tochter. Und nimmt dabei das Publikum kompromisslos in die Geiselhaft. Ein Film wie ein unbarmherziger Strudel von Gerechtigkeit welches alles in sich saugt. Morel`s nächster Film „From Paris With Love“ kommt bereits im Februar - mit John Travolta als coolen CIA Agenten.

 

2. Oben von Pete Docter & Bob Peterson

Die Pixar Produzenten sorgen seit 15 Jahren für Qualität und begeistern mit ihren Filmen jung und alt. Oben bildet keine Ausnahme und segelt mühelos in die Top Ten. Der Film hat keinen schwachen Moment – wie viele Filme können das für sich beanspruchen?

 

3. Hangover von Todd Phillips

Die beste, frechste und klügste Komödie des Jahres – nur für Erwachsene.

 

4. District 9   von Neill Bloomkamp

Der Geheimtipp des Jahres. Peter Jackson produzierte dieses Filmwunder aus Südafrika. Scheinbar beiläufig kommentiert der Science Fiction Film Themen wie Rassismus & Diskriminierung und schafft es diesen neue Facetten abzugewinnen. Regisseur Neil Bloomkamp wird ein ganz großer.

 

5. Der seltsame Fall des Benjamin Button von David Fincher

Fincher hat mit Liebe zum Detail den menschlichsten Film des Jahres gedreht. Die Geschichte des Benjamin Button welcher als Greis zur Welt kommt und Jahr für Jahr jünger wird, stellt auch herkömmliche Werte und Lebensweisen auf den Kopf. Das Glück des Augenblicks bekommt durch diesen Film eine neue Beachtung. Zum weinen schön.

 

6. Der Knochenmann von Wolfgang Murnberger

Dialog aus dem „Knochenmann“. Der Privatschnüffler Brenner zum Gastwirt. „Des is aba ka freindliches Gasthaus“ darauf der Wirt „Des is ka Gasthaus sondern a Wirtshaus“

Ein Film als präziser chirurgischer Einschnitt in die österreichische Seele.

 

7. Rachel Getting Married von Jonathan Demme

Einst war Jonathan Demme der große Star Regisseur Hollywoods und sackte mit Filmen wie das Schweigen der Lämmer und Philadelphia die Oscars scheinbar beiläufig ein. Heute dreht der Mann kleine und feine Filme und keiner geht hin, was sehr schade ist „Rachel getting married“ ist die Geschichte einer Familie welche sic während einer Hochzeit mit verdrängten Wahrheiten auseinandersetzten darf.

 

8. Adventureland von Greg Mottola

Eine kleine feine und kluge Komödie über Vergnügungsparks, die Liebe und die 8oer jahre. Mit Musik von Falco, David Bowie, Inxs & Crowded House. Ein wunderbarer Film.

 

9. Star Trek von J.J. Abrams

Mit dem Zehnten Star Trek Abenteuer Nemesis 2002 war die Luft endgültig draußen. Der Streifen floppte und langweilte das Pulikum. Der „Relaunch“ der Serie vom Mann der Stunde J.J. Abrams wurde zur Rettung in buchstäblicher letzter Minute. Der Film überzeugt stilistisch, inhaltlich, kommerziell und mit einer Riege junger Darsteller der altbekannten Helden. Nur atavistische Puristen – die sich selbst als „wahre“ Trekkis bezeichnen“ lehnten die neue Ausrichtung der Serie ab. Eine zu vernachlässigende Minderheit. 

 

10. Inglorious Basterds  von Quentin Tarantino

Tarantions Weltkrieg-Italo-Western leidet am fehlenden Gesamtkonzept und verschießt dadurch leichtfertig sein Pulver. Der Film ist aber immer noch besser und unterhaltsamer als die meisten Großproduktionen und hat einen Hauptdarsteller der die Leinwand glühen lässt. Christopher Waltz ist als Schauspieler eine Entdeckung welche das Publikum vor Ehrfurcht erstarren lies. Der Oscar darf nur mehr eine Formsache sein.

 

11   2012 von Roland Emerich

Den Oscar als bester Regisseur wird es für Roland Emerich in diesem Leben wohl nicht mehr geben. Das subtile und die feine Klinge sind seine Sache nicht. Emerich schuf immer schon übergroße Spektakel in denen sich der Durchschnittsbürger gegen die Gewalten, Aliens oder Riesenechsen durchzusetzen musste. Dennoch ist „2012“ ein Film den man gesehen haben sollte. Emerichs konsequente und gnadenlose Inszenierung der Apokalypse schmerzt. Gnadenlos orchestriert er den Weltuntergang, das Überleben weniger bleibt ein zu schwacher Trost. Spätestens wenn man erleben muss, dass der Dalai Lama von einer Kilometer hohen Flutwelle weggespült wird bemerkt man das 2012 ein ausgesprochen mutiger Film ist.

 

Ab in die Tonne – Die Rohrkrepierer des Jahres

 

Harry Potter 6 von David Yates

Entweder die Produzenten haben das Buch nicht gelesen oder sie haben es nicht verstanden. Beides führt zu einem missglückten Film. Einen Regisseur scheint es auch nicht gegeben zu haben obwohl David Yates angeführt wird. Und für was die 250 Millionen Dollar Produktionsbudget ausgegeben wurde wird ein ewiges Rätsel bleiben. Die Bauten und Kostüme gab es bereits, die mitwirkenden Schauspieler gehören nicht zur A-Klasse und sind leistbar und die Special Effekte können nicht alles verschlungen haben. Scheinbar werden hier einige Verwandte der Produzenten durchgefüttert. Ein bisschen Hoffnung lebt noch für die letzten beiden Filme der Serie.

 

Public Enemie von Michael Mann

Die 12. Wiederholung von “Heat” ist spannender als dieses sebstverliebte Gangstertragödie

This is it

 

Terminator Salvation von MCG

Natürlich lässt sich mit dem „Terminator“ Franchise noch Geld scheffeln. Aber für gute Filme braucht man auch ein Drehbuch. James Cameron hat lange an seinen Drehbüchern zu den ersten beiden „Terminator“ Filmen gefeilt. Man sieht es dem neuen Film an, dass weder ein vernünftiges Buch noch eine überzeugende Regie stattgefunden. Und Christian Bale schlafwandelt nebst „Public Enemie“ durch eine weitere Gurke des Jahres – mach mal Pause.

 

This Is It

Es ist wahrlich nichts neues, dass mit toten Stars Geld gescheffelt wird, aber was der Jackson Clan und die Plattenfirma nach Michaels Tod aufführen ist eine neue Dimension der Peinlichkeit. Echte Fans blieben zuhause und wer nicht bereit war vor Michael Jacksons Tod Geld für seine CDs auszugeben, der braucht seine Musik jetzt auch nicht. Think about it.

 

 

26. Dezember 2009

Sonntag Morgen..............

"Sunday Morning Coming Down" – ist immer noch das beste Lied um den „Kater“ am Tag danach zu beschreiben. Berühmt wurde das Lied durch den großartigen Johnny Cash, welcher selbst all zu oft den schmalen Grad zwischen Bar und Kirche wanderte und sowohl im Rausch der Religion wie auch in diversen weltlichen Räuschen Zuflucht suchte. Cash vermittelt in seiner Version des Liedes schmerzhaft glaubwürdig, das Aufprallen an der Realität des Lebens beim Aufwachen nach dem großen Rausch.

Well I woke up Sunday morning
with no way to hold my head, that didn't hurt
and the beer I had for breakfast
wasn't bad so I had one more for dessert
then I fumbled through my closet for my clothes
and found my cleanest dirty shirt
it's the one I'm wearin'
and I shaved my face and combed my hair
and stumbled down the stairs to meet the day

Geschrieben hat das Lied ein nicht minder großer Künstler – Kris
Kristofferson – welcher leider immer noch (unverdienterweise) im Schatten von Johnny Cash, Willie Nelson und all der anderen Country Ikonen steht. Viele hatten bereits Hits mit seinen Liedern. Das prominenteste Beispiel ist:
"Me & Bobby McGee". Das Lied wurde ein Riesenhit für Janis Joplin und beinhaltet eine der tiefsinnigsten Zeilen der Musikgeschichte:
"Freedom is just another word for nothing left to loose".
Auch "Sunday Morning Coming Down", aus der Feder des großen Kris kann und sollte nicht als reines Säufer und Katerlied gedeutet werden. Denn Räusche gibt es viele. Eine sechs Tage Arbeitswoche, der samstägliche Putzwahn, oder der Shoppingrausch vom Samstagnachmittag. Der Kater am darauf folgenden Sonntag kommt mit biblischer Gewissheit. Und drückt sich aus, in leeren Flaschen, vollen Einkaufstüten, brummenden Kopf und den Fragen nach dem Sinn.

I'd smoked my brain the night before
or I smoked so much the night before
with cigarettes and songs that I've been pickin'
my mouth was like an ashtray I'd been lickin'
but I lit my first and watched a small kid
cussin' at a can that he was kicking
then I crossed the empty street
and caught the Sunday smell of someone fryin' chicken
and it took me back to somethin'
that I'd lost somehow somewhere along the way


So ist der Sonntag, welcher uns eine Auszeit in der Spirale des Lebens gönnt, auch ein Zeitfenster um aus dem „Rausch“ des Alltags aufzuwachen, sich zurückzulehnen, auszuamten, zu reflektieren und wieder zu Kräften zu kommen. Es ist auch eine Gelegenheit Lebensmuster und den eigenen Lebensweg zu betrachten und auch um Pläne und Ziele für die kommenden Woche zu machen.

In the park I saw a daddy
with a laughing little girl who he was swingin'
and I stopped beside a Sunday school
and listened to the song that they were singin'
then I headed back for home and
somewhere far away a lonely bell was ringin'
and it echoed thru the canyon like
the disappearing dreams of yesterday.

On the Sunday morning sidewalks
wishing Lord that I was stoned
'cause there is something in a Sunday
that makes a body feel alone
and there's nothin' short of dyin'
half as lonesome as the sound
on the sleepin' city side walks
Sunday mornin' comin' down.

Die Ruhe und der Frieden des sonntäglichen Morgens hat auch die
meisten Religionen inspiriert Gottesdienste abzuhalten um den Menschen die Möglichkeit zu geben sich in gewisser Weise ihrer spirituellen Wurzeln zu besinnen – zumindest hoffe ich, dass dies die Intention war und ist. Der Sonntag dient auch Vielen als willkommene Blase in der Zeit unseres hektischen Treibens, um wieder zu sich zu finden – so kitschig dies auch klingen mag. Zumindest ein Tag um zur inneren und äußeren Ruhe zu kommen. Somit betrachte auch ich, den Sonntagvormittag als perfekten Zeitpunkt, die Woche, betreffend Musik und Film, Revue passieren zu lassen und vielleicht auch den einen oder anderen mutigen Ausblick auf kommende Ereignisse zu wagen. Darum. Ab jetzt hier in diesem Theater, äh Blog - jeden Sonntagvormittag die Kolumne:

Sunday Morning Coming Down
Die Musik & Filmwoche - Rück–Rund & Ausblicke

Ich freue mich schon auf Eure Rückmeldungen und Kommentare.
Denn – Musik ist Geschmackssache.

Andi Bauer

18. Dezember 2009

Größenwahn streift Genie

AVATAR von James Cameron    Jetzt im Kino

 

Erfolgsdruck

Jetzt ist der da – der Film auf den (angeblich) die halbe Welt wartet - AVATAR. 12 Jahren nach Titanic, der noch immer der erfolgreichste Film aller Zeiten ist, hat James Cameron seinen neuen Film endlich fertig gestellt. 14 Jahre hat der Regisseur  am Drehbuch gearbeitet, 5 Jahre wurde produziert und gefilmt. Über 300 Millionen Dollar hat die Produktion verschlungen. 20th Century Fox – das produzierende Studio - hat zu dieser unglaublichen Summe noch mal geschätzte 150 Mille für das Marketing nachgeschossen. Das Ding soll ja schließlich auch verkauft werden, und man braucht kein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium um zu erahnen, dass hier einige Herren in den oberen Studio-Etagen momentan gehörig schwitzen. Die Besucherzahlen vom ersten Wochenende – die Filme startet auf der ganzen Welt zeitgleich – werden mit großer Sehnsucht und noch größerer Angst erwartet. Einen Flop kann sich die „Fox“ nicht leisten. Der Film muss in den Kinos Eine Milliarde einspielen um die Kosten abzufedern – von Gewinnen sind wir dann immer noch ein Stück entfernt. Auch für Cameron steht viel auf dem Spiel. Der Regisseur genießt den Ruf ein hochtalentierter und innovativer Filmemacher zu, welcher jedoch regelmäßig und ohne Rücksicht sein Budget und seine Zeitpläne sprengt. Eine Horrorvision für jedes Filmstudio. Bisher waren Camerons Eskapaden vom Glück begleitet. Terminator 2, seinerseits (1991) mit 120 Millionen Dollar der teuerste Film aller Zeiten erwirtschaftete 530 Millionen. Titanic (1997) kostete bereits über 200 Millionen. Die „Fox“ teilte sich damals die Kosten mit den Paramount Studios wobei Paramount kalte Füße kriegte und kurz vor Drehschluss absprang und die Fox mit dem „Brocken“ allein lies. Niemand glaubte damals, dass sich der Film je rechnen wird. 1,8 Milliarden Dollar erwirtschaftete Titanic alleine im Kino. Video, DVD und TV-Rechte ließen weitere Millionen fließen. 11 Oscars taten das Übrige und James Cameron war für ein Jahr der König der Welt. Der Preis dafür war hoch. Wer sollte diesem Mann sagen, dass er in Zukunft sparen soll und sich an ein Budget und Zeitpläne orientieren müsse? Cameron war entfesselt und begann sein ambitioniertestes Projekt. Ein Science Fiction Film welcher eine technische Revolution im Kino auslösen soll. 3-D Kino für Erwachsene. Und Cameron hat mit seinen vollmundigen Ankündigungen  riesige Erwartungen in Zusehern und Kritikern geweckt. Nicht nur Science Fiction Fans werden den Film sehen wollen, sondern auch Kinofans im Allgemeinen und Neider natürlich, welche schon lange darauf warten dass der Regisseur auf die Nase fällt.

 

Der Film

Nach der ersten AVATAR Vorführung wünscht man sich eigentlich nur eines - mehr Zeit. Zeit um die Eindrücke zu verarbeiten um den Film zu verstehen und zu erfassen. Der Zuseher spürt an etwas besonderen, an etwas Großen beizuwohnen. Ich behaupte mal, dass die visuellen Effekte das Größte, Beste und Unglaublichste sind, was ich je auf einer Kinoleinwand sehen durfte. Cameron hat mit seinem Team einen Planeten erschaffen dessen Flora und Fauna in seiner Schönheit und auch kreativen Vielfalt jeden Zuseher fast ohnmächtiges Staunen abringt. Pandora wirkt wie eine wunderschöne Unterwasserwelt, welche sich auf der Oberfläche entfaltet. Es gibt ja immer ein paar lustige „Filmfreunde“, die sich regelmäßig den Kinobesuch (und ein paar Euro) sparen um Filme ein paar Monate später am Fernseher, oder noch schlimmer, am Computer anzusehen. Eine größere Sünde kann ich mir, in Anbetracht deren schieren Schönheit der Bilder bei AVATAR, nicht vorstellen. Diese Pracht muss auf der größtmöglichen Leinwand erlebt werden – Punktum. Leider schafft es die Geschichte nicht ganz mit der visuellen Kraft der Bilder mitzuhalten. Rücksichtlose Geschäftmacher vom Planeten Erde beuten die Bodenschätze auf dem fernen Planeten Pandora aus. Die dort lebenden „Aliens“ – das Volk der Navi - werden zurückgedrängt und vertrieben. Die Menschen bedienen sich einer innovativen Technik der „Seelenwanderung“ um die Navi auszuspionieren. Die Seele des Soldaten Jake (Sam Worthington – viel besser als in Terminator Salvation) wird in den Körper eines Navi (ein so genannter Avatar) transformiert. Jake beginnt die Navi zu unterwandern, um ihr Vertrauen zu gewinnen, entdeckt die Schönheit deren Welt und schlägt sich auf deren Seite. Es ist die Geschichte von „Der mit dem Wolf tanz“ - neu erzählt. Das Volk der Navi ähnelt in vielem den amerikanischen Ureinwohnern. Die Naturverbundenheit, die primitiven Waffen wie Pfeil und Bogen und das Verständnis ihrer Gottheit, welche in allem und jedem ist. Die weißen Eroberer werden durch ignorante und kriegslüsternde Marines dargestellt, welche sich wie schießwütige Cowboys gebärden. Diese Klischees muss man schlucken und sie nehmen dem Film auch die Seriosität eine neue Geschichte erzählen zu wollen - was ja Cameron im Vorfeld groß ankündigte. Auch beginnt Cameron bei sich selbst abzukupfern. Die Actionszenen, im Besonderen der Schlusskampf sind unübersehbare Zitate und wohl auch Referenzen an seinen Aliens Film (1986). Aber die sind Marginalen.

Umso erfreulicher ist es dem Regisseur gelungen die Charaktere überzeugend zu entwickeln. Nach dem halben Film wirken die computeranimierten Navi so echt als ob diese reale Schauspieler aus einem fremden Universum seien. Auch Sigourney Weaver als aufrechte Biologin ist eine starke Bereicherung für den Film und hat großartige Momente. Cameron involviert den Zuseher emotional in die faszinierende Welt der Navi und nimmt sich viel Zeit die Figuren einzuführen ohne dabei zu langweilen. Es vergehen über zwei Stunden bis zum großen Endkampf. Dieser verdeutlicht auf ein Neues, welch großartiger Actionregisseur James Cameron eigentlich ist. Die Kampfszenen sind schlicht sensationell. Cameron braucht keine stylisch schnellen Schnitte oder andere billige Tricks, bei ihm prallen die Welten aufeinander, physisch und intensiv. Der Mann weiß wie man eine Leinwand in Brand setzt.

 

Ab ins Kino

James Cameron ist mit AVATAR ein großer und auch großartiger Film gelungen. Und natürlich ist Cameron größenwahnsinnig und kratzt wie andere seiner Zunft am Status des „Genie“. Sein nahezu unerträglicher Perfektionismus, sein unstillbarer technischer Forschungsdrang und sein Wahn das Größte und Beste zu schaffen hat ein weiteres Mal Grenzen verschoben und geistige wie physische Mauern durchbrochen. Das Ergebnis ist ein beeindruckender Film der zwar leicht unter seinen erzählerischen Möglichkeiten bleibt, aber den Zuseher für 2 ½ Stunden in eine faszinierende Welt holt, aus der man nur ungern wieder auftaucht.

AVATAR ist zweifelsohne eine technische und vor allem visionäre Revolution und der erste anspruchsvolle 3-D Film für Erwachsene. Ein Film der vielleicht nicht das Kino revolutionieren wird – für dieses Urteil ist es zu früh – der aber die Kraft hat Menschen vom Fernsehsessel wieder in die Kinos zu locken. „DEN muss man im Kino gesehen haben“ - werden wir in den kommenden Wochen öfter zu hören kriegen. Und diesen Ausspruch kann ich nur unterstreichen. Denn Filme werden fürs Kino gemacht. AVATAR beweist dies und macht Lust darauf wieder öfter Filme auf der großen Leinwand zu genießen. Welches größere Lob kann man einem Kinofilm machen.

 

Andi Bauer

 

 

 

7. Dezember 2009

Das EGO und der BERG

Ein spektakuläres Filmabenteuer begleitet drei Ausnahmesportler über die längste Abfahrt der Welt. Mount St. Elias ist ein unglaublicher Film, welcher zutiefst begeistert, beeindruckt und Ehrfurcht vor der Natur gebietet. Es handelt sich jedoch auch um einen Film der zwiespältige Gefühle auslöst. Einige Tiroler Extremsportler haben 2007 beschlossen den Titel gebenden Berg in Alaska zu besteigen und mit Ski vom Gipfel (5.500 Meter) bis zum Meer zu fahren. Ein einzigartiges und auch lebensgefährliches Abenteuer. Begleitet wurden die Extremisten von einem Kamerateam welches das ganze Unterfangen festhielt. Die Bilder sind beeindruckend und überwältigend. Die Natur in Ihrer Unberührtheit und Reinheit Tränendrückend. Der Aufstieg und die Abfahrt sind schlicht lebensgefährlich. „Wenns gut geht, bist ein Held, wenns schief geht, bist tot." Dieser Satz des Bergsteigers und Expeditionsleiters Alex Haglich umschreibt den Wahnsinn der ganzen Aktion sehr treffend. Der Film ist auch ein weiteres Dokument des Menschen, welcher immer Neues bezwingen muss. Der Berg fungiert als Droge, Rausch und Sucht für seinen Bezwinger. Unweigerlich tauchen die Fragen nach dem „Später“ auf. Welcher Berg wird nachher erklommen, welcher Extremsport wird im nächsten Jahr gewählt um die Süchte zu befriedigen. Der Film klammert auch (absichtlich?) das soziale Umfeld der Sportler aus. Was sagen die Verwandten, Partner, eventuellen Kinder zu diesem lebensgefährlichen Unterfangen. Dies ist schade, denn so bleibt die Dokumentation einseitig und beleuchtet nur den tapferen Weg der heroischen Sportler ohne einen Blick zurück oder auf die Seite zu riskieren. Die Leistung der Tiroler bleibt unbestritten, die Schönheit der Bilder sucht seines gleichen und doch bleibt der bittere Nachgeschmack hier der Darstellung eines übergroßen Egos beizuwohnen.

Andi Bauer