Wie sich die Plattenindustrie mit „untauglichen“ Mitteln gegen die Internet-Revolution zu wehren versucht
„Sony-Bmg startet eigenen Download-Shop. Auf www.musicbox.de können sich Musikfreunde künftig Musik kostenpflichtig und ganz legal runterladen.“
Diese Meldung, die Anfang August durch die Medien geisterte, ist für die mit sinkenden Umsätzen kämpfende Plattenindustrie symptomatisch: Was in Internetshops längst Realität ist, kommt für eine Plattenfirma einer „revolutionären“ Entwicklung gleich. Immerhin waren die großen Plattenfirmen zehn Jahre lang damit beschäftigt, diejenigen strafrechtlich zu verfolgen, die von der neuen (meist illegalen) Möglichkeiten des Internet-Musik-Downloads Gebrauch machten, während die PC-Industrie enorme Gewinne mit dem legalen Verkauf von Musik über Internet einfuhr.
Anfang 2000, als Apple mit iTunes an den Start ging, wurde noch bezweifelt, dass irgendjemand für Musik aus dem Internet bezahlen werde. Der Zweifel verstummte, als Apples Server wegen Überlastung zusammenkrachten. Heute ist Apple der größte Online-Anbieter für Musik sowie ein wichtiger Partner für Industrie und Handel. Langsam begannen sich die Musikkonzerne an die Möglichkeit heranzutasten, den Verkauf ihrer Musik über das Internet, das bis dahin als Konkurrent aufgefasst wurde, in Erwägung zu ziehen. Dies scheint symptomatisch für eine Industrie, die seit Jahrzehnten hinter innovativen Entwicklungen „herhinkt“.
Die letzte große Innovation der Musikindustrie fand Ende der 1980er statt: Die Compact Disk (CD). Zwar von den „Software-Kollegen“ erfunden, wurde ihr kommerzielles von den Musikmanagern erkannt.
Das neue Medium bot die Gelegenheit Musik, die der Liebhaber als Langspielplatte bereits sein eigen nennen konnte, demselben Kunden noch einmal zu verkaufen. Ende der 1980er Jahre begannen nun die Plattenfirmen ihre alten Analogbänder auf CDs zu überspielen – und die Fans kauften. Mitte der 1990er folgte der nächste Schritt: Dieselben CDs wurden jetzt „remastered“ (digital überarbeitet) –und ersetzten ihre Vorläufer als klangtechnisch verbesserte Versionen.
Um 2000 begannen die Musikkonzerne (insbesondere Sony und Universal) so genannte „De-luxe–Versionen“ zu veröffentlichen. Besonders beliebte Klassiker wurden meist als Doppel-CD wiederveröffentlicht; mit Out-takes, Demoaufnahmen, Livestücken usw.
Es ist somit nicht ungewöhnlich „Live in San Quentin“ von Johnny Cash in drei verschiedenen Formaten im CD-Regal zu finden. „Thriller“ von Michael Jackson gibt es bereits in der vierten CD-Version.
Eine aktuelle Form kommerziellen Vertriebs ist die erweiterte Sammler-Edition, die etwa sechs Monate nach der Erstveröffentlichung erscheint. Gruppen wie Rosenstolz oder Tokio Hotel veröffentlichen grundsätzlich sechs Monate nach Erscheinen ihrer neuen Alben eine erweiterte Version mit zusätzlichen Titeln, Videos und ähnlichem Bonusmaterial. Quasi der „dicectors cut“ in der Musikindustrie, der zum erneuten Kauf desselben Produktes anregt.
Nie wurden aber so viele Platten wie zwischen den 1980er und -90er verkauft. Die Superstars waren damals noch bezahlbar, denn kein Michael Jackson und kein Bruce Springsteen erhielten jene Summen, die heute ein Robbie Williams für einen Plattenvertrag bekommt. Und das, obwohl die Erstgenannten im Vergleich zu Robbie ein Vielfaches an Platten verkauft haben und immer noch verkaufen. Die astronomischen Summen, welche die heutigen Superstars verdienen, lassen sich durch den einfachen Plattenverkauf ohnehin nicht kompensieren, doch für eine Firma wie EMI ist es eine Imagefrage Mr. Williams an sich zu binden; nur so rechnet sich dessen 120-Millionen-Euro-Vertrag unter Umständen doch noch. Eingespart wird hingegen bei der Förderung junger Künstler, für die es weder Geld noch Zeit gibt.
Bedingt durch den ausgeschöpften Verkauf älterer Platten und durch die zunehmende Konkurrenz des Internets hat sich mittlerweile eine gewisse Rückläufigkeit am CD-Markt entwickelt, während sich die Plattenindustrie im letzten Jahrzehnt eher auf das „Musik-Recycling“ spezialisierte, anstatt gute Musiker zu fördern und zu veröffentlichen oder dem Kunden alternative Möglichkeiten des Erwerbs – also etwa ein legaler Verkauf von Musik über Internet -- anzubieten.
Dabei gäbe es Auswege aus der Krise: Etwa durch den Ausbau des Internets als Vertriebsform oder durch die Produktaufwertung der CD, durch schönere Verpackung und diverse Beigaben. Schließlich wird ein schönes, handfestes Produkt dem immateriellen Download immer noch vorgezogen. In Österreich setzen interessanterweise die kleinen Labels wie Hoanzl, Spv oder Edel-Records auf „toll“ verpackte CD´s , während die großen Firmen, wie Sony-Bmg, Emi, Universal und Warner, immer noch die Plastikverpackungen und Pappenhüllen mit geringem ästhetischen Wert anbieten.
Die eigentliche Zukunft der Musikindustrie liegt aber in der Förderung von Musik und Musikern jenseits der Castingshows, was allerdings selten geschieht, da Förderung Zeit und Geld kostet. Trotzdem läge darin ein Weg aus der derzeitigen Krise.
Gute Musik wird immer ihren Weg zu den Hörern finden. Ob die großen Plattenfirmen hierbei in Zukunft eine Rolle spielen, kümmert die Kunden allerdings wenig.
Andreas Bauer
1 Kommentar:
Natürlich ist es für einen Künstler das Größte, eine tolle, gepresste CD, die in der ganzen Welt in den Shops seinen Platz findet... und natürlich auch gekauft wird. Doch für Newcomer und Künstler wie ich es einer bin, ist das im Moment noch eine Illusion. Deswegen müssen wir kleinen, um von den vielen Haien der Branche nicht verschluckt zu werden- selbst etwas tun. Nur deshalb verkaufe ich meine Musik online, und unpersönlich in den online stores. und doch finde ich, es ist der erste Schritt. Und in der Zeit, in der das Internet - Geschäft boomt, finde ich es legitim. Außerdem habe ich den ArtistGuide von DooLoad gelesen und glaube auch verinnerlicht, der beschreibt, wie man es schaffen kann ganz vorne mit dabei zu sein.
Ich hoffe also auch irgendwann ein richtiger Star zu werden und Menschen mit meiner Musik zu begeistern...
An alle Newcomer - viel Erfolg!! lest doch auch mal nach, wie IHR es schaffen könnt: http://www.dooload.de/main/html/artisttools/artistguide.php.
Man sieht sich auf der Bühne.
lg
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