28. Mai 2008

hungry

TINDERSTICKS ...

Pling, Pling . . . ein schüchternes Klavier eröffnet mit einsamen Tönen diese Platte. Langsam gesellen sich andere Instrumente dazu: Gitarre, elektrisches Piano, Orgel schön aufgereiht. Eine Vorstellung gelehriger Schüler? Es ist der seltsam subtile Einstieg in ein neues Werk der Tindersticks. Jener wunderbaren britischen Band welche in den frühen 90ern die Musikszene mit einzigartigen Meisterwerken beglückte. 1993 veröffentlichten Sie ihr Debütalbum – ein Jahrhundertwerk welches überall als Platte des Jahres gefeiert wurde. Dieser einzigartige melancholische Stil zwischen Folk, Blues und Pop zwischen verzerrten Gitarren und betörenden Arrangements, mit Texten zwischen dunklen Leidenschaften und gebrochenen Herzen hielt zwei weitere Alben. „Tindersticks II“ 1995 und „Curtains“ 1997 begeisterten die Presse und betörten die Fans. Anschließend versuchte sich die Band 3 Alben lang am Soul und verhob sich auf höchstem Niveau. Polierte Arrangement und ein croonender Sänger sollte nicht ganz das Ihre sein. Und dann waren Sie weg – nach einer letzten Tour 2003 tauchte die Band unter. Sänger und Songwriter Stuart Staples zog nach Frankreich veröffentlichte zwei kauzige Soloplatten und spielte beim Donaufestival in Krems.
Mit einem neuen Album hat eigentlich niemand mehr gerechnet.
Comeback rufen die unwissenden. Ach, was sind schon 5 Jahre für eine Band welche immer schon Musik für die Ewigkeit machte und es sich zwischen allen Stilen und jenseits des Zeitgeistes bequem machte. „The Hungry Saw“ klingt auch als ob die Band nie weg war. Alles ist wieder da was die Musik so unwiderstehlich machte. Die Orgel, der Kitsch und das Grauen, Die Streicher diesmal ein bisschen weniger, das Klavier diesmal ein bisschen mehr und Stuart Staples Stimme zwischen murmeln und seufzen. Und ein weiteres Mal werden die blutenden Herzen ausgepackt und seziert: „We wanted so much more, we wanted something else“ Schonungsloser kann man das Älterwerden und der damit unweigerliche Verlust einstiger Ideale nicht in einen Satz packen. Natürlich bleiben die Tindersticks ewige Romantiker und waten dabei ohne sich je im Zynismus zu verlieren durch den Sumpf von Enttäuschungen, wehmütiger Erinnerungen, unerwiderter Liebe und gebrochener Herzen. Und trotz der Besinnung auf alte Stärken ist die Musik vorwärts gewandt. Die französische Landluft hat gut getan. „Die flicker of a girl“ ist von einer frühlingshaften Leichtigkeit getragen und „Come Feel the Sun“ atmet schon fast den Sommer. Nur lange scheint sie nicht – die Sonne. Der Titeltrack schneidet böse ins Fleisch und „Yesterdays Tommorws“ sucht vergeblich den Trost in der Vergangenheit. Aber am Ende bleiben dann doch die Balladen welche sich majestätisch über den Hörer erheben. Der finale Dreier ist ganz großes Drama. „Boobar come back to me“, “All the Love” und „All the turns we took“ lassen alle Dämme brechen. Welch eine Platte – Welch erhebende Musik. Es gibt nicht mehr viel davon.
Wir haben die Einladung zu einer königlichen musikalischen Audienz erhalten. Nehmen wir diese dankbar war.

(copyright:) Andreas Bauer

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