14. Februar 2009

Die Banken sind Schuld

The International von Tom Tykwer Thriller ab 13.2. im Kino

In einer Schlüsselszene versucht Agent Salinger den Banker Wilhelm Wexler
zu einem Geständnis zu bewegen um die in kriminelle Machenschaften verstrickte Bank I.B.B.C (die 5. Größte der Welt) zum Fall zu bringen. Wexler entgegnet gelassen, dass es nicht an Beweisen mangelt, sondern dass man die Anklage einfach nicht zulassen werde da ALLE in diese Bank verstrickt seien. Mit Alle meine er, Nationen, Politiker, Konzerne - einfach Alle.
Natürlich ist die Geschichte fiktiv und die I.B.B.C. existiert nicht
wirklich. Im Film hat die Bank ihren Sitz in Luxemburg und ist ein kühler, steriler Komplex aus Stahl und Glas. Unweigerlich ahnt der Zuseher jedoch, dass es solche Banken mit ähnlichen Machenschaften wirklich gibt – sie haben nur andere Namen. Pikanterweise wurde der Film bereits im Herbst 2007 gedreht – lange vorm bekanntwerden der aktuellen Bankenkrise.
Fertiggestellt im Sommer 2008, wurde der Streifen seitdem vom Verleih wie eine heiße Kartoffel hin und hergeschoben und erst jetzt ins Kino gebracht. Ein Schelm wer böses denkt.
Clive Owen spielt Interpol Agent Louis Salinger welcher mit seiner New Yorker Kollegen Eleanor Whitman (Naomi Watts – leider unterfordert) auf der Spur der besagten Bank ist. Für Salinger ist es inzwischen ein persönlicher Kreuzzug und sein Lebensinhalt geworden die Bank zum Fall zu bringen. Seit Jahren hat er sich fanatisch in dem Fall festgebissen und jagt
nach Spuren und Beweisen durch die halbe Welt.
Der deutsche Regisseur Tom Tykwer inszeniert rasant und gekonnt. Die erste Hälfte des Films baut eine fast paranoide Spannung auf. Die Bank wirkt übermächtig, der Feind ist unsichtbar und nicht greifbar. Behörden, Polizei und Politiker - alle scheinen gekauft und korrumpiert zu sein.
Tykwer macht alles richtig und weiß auch wie man eine Kamera aufstellt. Atemberaubende Aufnahmen von Mailand, New York, Istanbul & Berlin untermalen die packende Geschichte. Das 2. Drittel des Films gipfelt in einer sensationellen Actionszene im New Yorker Guggenheim Museum welche den Zuseher in emotionale Geiselhaft nimmt. Regisseur Tykwer empfiehlt sich erneut als Deutschlands talentiertester Regisseur. 1998 hat er mit Lola rennt einen der besten deutschen Filmen der Nachkriegsgeschichte abgeliefert, sein letzter Film war die
Literaturverfilmung Das Parfum (2006). Der Deutsche verkauft sich eben hervorragend international. Statt wie vieler seiner Kollegen auf Hollywood zu schimpfen oder - wie die Österreicher über mangelnde Subventionen zu raunzen - nimmt er das Geld der Amerikaner und inszeniert einen tollen Actionthriller mit unverkennbar europäischer Handschrift. Ein guter
überzeugender Hauptdarsteller, hervorragende europäische Charakterdarsteller in den Nebenrollen, beklemmend realistische Actionszenen und eine gute Geschichte - welcher zwar zum Ende hin ein bisschen die Luft ausgeht. Aber ganz zum Schluss gibt es dann statt einem
gekünstelten Happy End eine "Italenische Lösung" welche dem Zuseher mitten in der Trostlosigkeit zumindest ein Lächeln abringt. Vielleicht ungewollt, ist The International ist ein brisantes Statement zur derzeitigen Finanzkrise und überdies der viel bessere James Bond Film.

Andreas Bauer

4. Februar 2009

Only the good die Young

Der seltsame Fall des Benjamin Button von David Fincher seit 31.1. im Kino

 

Es gibt ihn noch – das seltene Wunderwerk von Film welche den Zuseher verblüfft, nachdenklich macht und emotional aufgewühlt in die kalte Nachtluft entlässt.

Es fällt schwer nach einer Vorführung von „Benjamin Button“ über den Film zu reden, über den Inhalt zu reflektieren und zu diskutieren. Unweigerlich spürt man, was Großes gesehen zu haben und möchte dies nicht gleich durch intellektuelle Analysen bewerten. Der Film braucht Zeit für nachher, um zu wirken sich auszudehnen. „Benjamin Button“ ist nicht nur ein großartiger Film der Geschichte schreiben wird - er wird auch zu einem Spiegel der menschlichen Seele.

Brad Pitt spielt Benjamin Button, ein Mensch der jünger wird. Mit dem Bewusstsein eines Neugeborenen im Körper eines Greises geboren, wächst das Kind im Altersheim auf. Während - wie es für Kinder üblich ist - Benjamin damit beginnt zu entdecken und zu spielen, verjüngt sich sein Körper mit jedem Tag. 

So absurd diese Geschichte auch klingt, vermittelt Sie gerade aufgrund der diametralen Entwicklung von Bewusstsein und physischen Möglichkeiten den Wert des Lebens und die Bedeutung des glücklichen Augenblicks. Fincher erzählt die Geschichte mit ruhigen fast meditativen Bildern, nimmt sich viel Zeit die Tiefe seiner Figuren auszuloten und schafft es ohne große Erklärungen Botschaften zu vermitteln. Es geht nie darum warum Benjamin so ist, sonder immer nur darum was er aus seinem Leben macht. Der Film ist auch ein Fest der Schauspieler. Brad Pitt spielt die Titelrolle überzeugend und bewegend, ihm zu Seite agiert Cate Blanchett welche sich erneut als beste Schauspielerin Ihrer Generation empfiehlt. Bis in die kleinste Nebenrolle perfekt besetzt trägt das hervorragende Ensemble die Geschichte über 180 Minuten. „Zu lange“, meinten viele amerikanische Kritiker. Natürlich, und Goethes Faust ist zu dick und auch Mozart hat zuviel komponiert. Regisseur Fincher nimmt sich die Zeit, die er für seine Geschichte braucht und es ist eine Wohltat dieser Entfaltung beizuwohnen.  

Viel wurde auch im Vorfeld über den Film berichtet. Sei es die unglaublichen Spezialeffekte welche Pitt überzeugend zum alten Mann verwandeln, oder das der Film mit 13 Nominierungen der heißeste Anwärter für die Oscars ist. All diese Dinge sind nicht wirklich wichtig, und es ist völlig egal wie viele Oscars Benjamin Button kriegt, wie viel Geld der Film einspielt oder welche technischen Kunststücke auf der Leinwand zu sehen sind.

Es ist bedeutungslos weil der Film eine Geschichte erzählt welche in der Lage ist die Zuseher tief im Herzen zu berühren.

Größere Kunst gibt es nicht.

 

Andreas Bauer