24. März 2009

Heiliger Zorn

96 Hours von Pierre Mourel

Selbstjustizthriller sind eine haarige Sache. Oberflächig befriedigen sie niedrige menschliche Instinkte nach Rache und den nachvollziehbaren Wunsch nach (vermeintlicher) Gerechtigkeit. Ein Rückfall ins alte Testament. Aber was tun wenn die Behörden versagen, wenn der Rechtstaat nicht mehr für Recht sorgt?

Der französische Regisseur und Produzent Luc Besson hat sich auf das gefährliche Terrain gewagt und meistert es mit Bravour. „96 Hours“ ist ein geradliniger, harter und zutiefst emotionaler Actionthriller welcher den Zuseher aufwühlt und nachdenklich in die kalte Nacht entlässt.

Der Trumpf des Films ist nicht nur die schockierend realistische Geschichte über Mädchenhandel sondern vor allem sein Hauptdarsteller Liam Neeson. Neeson völlig gegen sein Softie-Image besetzt, verkörpert mit jeder Bewegung und jeder Mimik den verzweifelten Vater welcher bereit ist, jeden Weg zu gehen und jedes notwendige Opfer zu bringen um seine entführte Tochter aufzuspüren und aus der Hand von Mädchenhändlern zu befreien. Neeson spielt den ehemaligen CIA Agenten Bryan Mills dessen 17 jährige Tochter Kim mit ihrer Freundin eine Reise nach Paris unternimmt. Durch einen simplen Trick werden die Mädchen in eine Falle gelockt und entführt. Dies geschieht während Kim mit ihrem Vater telefoniert. Bryan kann übers Handy einige Informationen aufschnappen und diese mit Hilfe seiner ehemaligen Kollegen auswerten. Es stellt sich heraus, dass die albanische Maffia dahinter steckt und gerade mal 96 Stunden bleiben, bevor die Spur der Mädchen endgültig verloren geht. Mills reist nach Paris, und stößt dabei zuallererst auf die unkooperative und korrupte französische Polizei. Auf sich allein gestellt verfolgt er mit stupender Professionalität und unnachgiebiger Härte die Spur seiner Tochter und hinterlässt dabei mehr als nur verbrannte Erde. Hier setzt natürlich die Diskussion ein wieweit Selbstjustiz zulässig ist – und was tun wenn der Rechtsstaat versagt? Selbstjustiz ist natürlich nie zulässig und Menschen welche „96 Hours“ gesehen haben werden danach auch nicht auf die Idee kommen das Recht in die eigenen Hände zu nehmen. Aber der Film thematisiert auch den Schmerz und die Verzweiflung eines Vaters. Ein Vater der die himmelschreiende Ungerechtigkeit nicht mehr hinnimmt, dass vor den Augen der Polizei Kriminelle ungeniert agieren. Ein Vater der um das Leben seines Kindes kämpft. Und der Film taucht auch in eine Thematik ein, welche uns allzu oft ohnmächtig und tatenlos zurücklässt – Junge Mädchen werden entführt und zur Prostitution gezwungen.

Bryan Mills überwindet diese Ohnmacht und handelt – Eltern werden ihn verstehen.

Andi Bauer

10. März 2009

Seife, Haut und das Vakum der Liebe

Soap & Skin      Lovetune for Vakuum          

 

„Die neuen Österreicher“. Seit Jahren trommelt Österreichs größter Radiosender die Kampagne die suggerieren soll, dass man Nachwuchsmusiker in unserem Land fördert. Im Radio werden dann interessanterweise nur jene Bands gespielt, die bei den großen Plattenfirmen unter Vertrag sind und die auch brav bei den Radiomachern teure Werbezeiten buchen. Das sind dann „die Jungen Österreicher“.

Die Anderen? Da könnte ja jeder kommen und außerdem war des immer schon so – im schönen Österreich. Diese „natürlichen“ Einschränkungen für viele heimische Musiker erfordern zusätzliche Kreativität für den Vertrieb von Musik. Die 18jährige Anja Plaschg gehört zu den „Anderen“ und ist mit Ihrem Projekt Soup & Skin zu einem kleinen Label und damit gleich nach Deutschland gegangen.

 

Und wenn jetzt die deutsche Musikbibel „Rolling Stone“ in höchsten Tönen über die junge Steirerin schreibt, beginnen auch österreichische Medien und Radiostationen aufzuwachen. Anja Plaschg hat ihr Album in den letzten vier Jahren zuhause alleine mit Klavier und Gesang eingespielt. Contrabass, Viola und Cello wurden später in Wien dazu aufgenommen. Natürlich nach den Vorstellungen von Anna. Die eigenwillige junge Dame hatte von Beginn klare Vorstellungen wie ihre Musik klingen soll und ihr Debütalbum Lovetune for vakuum auch selbst produziert. Das Ergebnis ist – erstaunlich. Die Platte wirkt eigenständig und eigenwillig, melancholisch und verletzlich, erhebend und  berauschend. Im Zentrum der Lieder steht das Klavier und Annas Stimme. Die Lieder sind getragen von einer traurigen Grundstimmung, behandeln Teenageängste und strahlen doch ein ungebrochen starkes Selbstbewusstsein aus. Titel wie „Sleep“, „Extinguish me“ oder „Brother of sleep“ lassen zum Teil tief in die Seele eines Teenagers blicken. Am Ende bleibt aber nur die Musik.

Erfreulich, das die Künstlerin offensichtlich weiß was sie will und diesen Weg auch konsequent geht. Vielleicht könnte gerade Sie, dadurch zu einer Prophetin werden, die im eigenen Land etwas gilt. Wie auch immer sich die Karriere von Soap & Skin entwickelt, es ist wieder einmal schön zu erleben, welche außergewöhnlich talentierte Künstler in Österreich aktiv sind und das diese Ihren Wege finden – wenn auch abseits der Trampelpfade.

 

Andi Bauer